Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe. Levin Schücking
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Название: Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe

Автор: Levin Schücking

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075838650

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СКАЧАТЬ dich av un fang de Möschen em Hohf!« schlägt Billchen nun resigniert dem tobenden Bruder vor.

      Aber Drickes ist nicht gewillt, das Feld, welches er zum Schauplatz seiner kindlichen Spiele erkor, zu räumen; im Gegenteil, wie um auch diejenigen Teile des Raums, in welchem sein holdes Selbst nicht weilt, mit dem Nachhall seines Daseins zu füllen, beginnt er jetzt eines jener sinnigen Sankt-Martins-Lieder:

      De Drifoß, wi heisch dat Huus,

       Et kohm ene Mann met Küchen eruus

       Uus dem selvige Mannshuus.

       Am Zint Määtens Ovend

       Dann maachen de Wiever de Woosch:

       Wann meer Geld em Rippet han,

       Dann läsche mer uns der Doosch!

      Der Professor hält sich vor Verzweiflung die Ohren zu bei den von gellendem Diskant vorgetragenen Ausbrüchen dieser gemütlichen Volkspoesie, als ihm plötzlich eine unerwartete Hilfe für seine gequälten Kopfnerven kommt. Die Tür des Stübleins öffnet sich, rasch aufgerissen, zwei entschlossene Arme fassen den geräuschvollen Drickes an den Schultern und spedieren ihn mitten in seiner Äußerung harmloser Lebensfreude zum Zimmer hinaus; und als Billchen und Nieschen mit dem frohen Ausruf: »Tante Traud – guten Morgen, Tante Traud!« dem jungen Mädchen entgegenhüpfen, werden auch sie jede an einem der respektiven Ärmchen gefaßt und Drickes nach in das Auditorium geschoben, wo sie lärmend protestieren mögen, solange sie wollen – denn Jungfer Traud ist so vorsichtig, sogleich die Tür zu verriegeln.

      »Jungfer Traud,« sagte Professor Bracht, erleichtert aufatmend, »setzen Sie sich, Traud, Sie sieht ja ganz aufgeregt aus ..., ist die Sache gestern nicht gut abgelaufen?«

      Traudchen erzählte ihm mit geflügelten Worten das ganze Abenteuer der vorigen Nacht.

      Der alte Mann sank bestürzt in seinen Sessel zurück.

      »Der arme junge Mensch, der arme Bender! Und das mitten in seinen Studiis, eben im neuen Semester!«

      Wir wissen nicht, ob es für Hubert angenehmer gewesen wäre, erst nach absolviertem Semesterkursus den Hals zu brechen – für den Professor schien die Tatsache von Erheblichkeit, denn er wiederholte:

      »Mitten aus seinen Studiis fort! Es ist ja entsetzlich, Traudchen! Sie müssen zum Gewaltrichter gehen und sich ein Paar Stockknechte mitgeben lassen und dann mit Gewalt in das Haus dringen ...«

      Traudchen machte eine abwehrende Bewegung mit der Hand. »Nur keinen Lärm gemacht und keine Gewalt gebraucht – der Ohm Gymnich stäche mich mit dem Brotmesser tot, den ersten Abend, wo er aus der Weinschenke nach Hause kommt. Auch glaube ich nicht, daß wir in dem schrecklichen alten Hause etwas finden würden. Ich glaube, es würde niemand mehr darin sein, und auch Hubert Bender nicht. Wenn ich den Studenten wiederfinden will, so muß ich andere Wege gehen!«

      Bei diesen Worten zog Traudchen ein abgerissenes Stück Papier, ein Fragment eines Briefumschlages aus ihrem Busen hervor; es war ein Wappen in grünem Lack darauf abgedrückt. »Kennen Sie das?« fragte sie. »Ich habe es vorlängst beim Zimmeraufräumen unter des Ohms Kleiderschrank gefunden.«

      Der Professor schüttelte den Kopf, als er das Wappen betrachtet hatte. Es waren drei Gegenstände darauf abgebildet, von denen sich nicht viel anders sagen ließ, als daß sie sehr eckig und stachelig aussahen. Osteologisch ließen sie sich auf keinen Fall fassen.

      »Ich verstehe nichts davon!« sagte Professor Bracht.

      »Aber Sie müssen doch jemand kennen, der es versteht und weiß, wem es gehört; jemand, an den ich mich wenden kann.«

      Der Professor besann sich. An der Hochschule zwar war das Fach der Genealogie und Heraldik nicht besetzt. Es mußte aber dennoch irgendein in solchen Dingen bewanderter Mann in der Stadt aufgefunden werden können. Und der Professor hatte in der Tat nicht lange zu suchen. Er kannte einen Maler, und dieser Maler war der rechte Mann, es auszulegen.

      »Ein Maler?« fragte Traudchen verwundert.

      »Maler Stevenberg«, versicherte Bracht, »wird es sagen können, wer so siegelt und wie die Person heißen muß, die dem Ohm Gymnich diesen Brief geschrieben hat – wenn irgend jemand in der Stadt etwas darüber zu sagen weiß, so ist er es. Maler Stevenberg macht die Stammbäume für jeden Kavalier im Lande, der sich irgendwo zu Kapitel, Landtag oder Stift aufschwören läßt – auch reist er auf den Gütern hüben und drüben im Lande umher, wenn er solch einen Auftrag hat, um die alten Pergamentscharteken, deren er dabei bedarf, zu betrachten – er ist der Mann für uns, Traud, wenn Sie glaubt, wir hätten den Hubert zu fordern von dem Mann oder der Frau, die ihr Siegel in dieses grüne Wachs gedrückt haben.«

      »Wo wohnt Maler Stevenberg?« fragte Traudchen. »Wollen Sie mich hinbegleiten?«

      Der Professor war dazu bereit. Traudchen Gymnich hätte nicht seiner Frau rechte Cousine und die tätige, teilnehmende Hausfreundin zu sein brauchen ... er wäre auch ohne das gern mit ihr gegangen, um seiner eigenen gespannten und aufgeregten Teilnahme für seinen verschwundenen Zuhörer willen, dessen verlängerte Abwesenheit seine Hauptvorlesung mit dem völligen Untergang bedrohte.

      Er stand rasch auf und nahm seinen Mantel; die Fuchspelzmütze mußte draußen Drickes aberobert werden, was mit überraschender Leichtigkeit gelang, da Traudchen diese Aufgabe übernahm. Billchen und Nieschen wollten sich dem Ausgehen des Vaters widersetzen, da die Mutter angeordnet hatte, daß er auf den Laden achtgeben solle, sobald Nettchen, die Dienerin, nicht länger in der Küche zu entbehren sei; aber Bracht schritt heldenmütig durch die beiden kleinen Vormünderinnen hindurch und eilte aufgeregt, wie er war, an Traudchens Seite zum Hause hinaus, um draußen die Richtung nach den »Kranenbäumen« einzuschlagen, wo der Maler wohnte.

      Am Lupuseck wurden sie aufgehalten. Dr. Heukeshoven, Professor Brachts Collega an der Hochschule und vielbeschäftigter praktischer Atzt, kam ihnen von einem Patientenbesuch entgegen und blieb begrüßend stehen, um dem Professor Mitteilung von einem seltenen klinischen Falle zu machen, von einem Falle ganz eigentümlicher Art, einer Entzündung nämlich infolge einer die Vena jugularis externa verletzenden Halswunde. Er war, erzählte er, gestern spät abends hinzuberufen worden zu einer durchpassierenden Herrschaft, die im Wagen vor dem weißen Falken in Deutz gehalten hatte. Es war ein Bedienter der Herrschaft gewesen, der von einem großen Hunde angefallen worden, bei welcher Gelegenheit die Jugularvene eine arge Verletzung erhalten hatte. Professor Heukeshoven teilte die Umstände genau spezifiziert seinem Kollegen mit.

      Bald blaß, bald rot werdend, stand das junge Mädchen daneben. Ängstlich blickte sie in das gebräunte Antlitz des Arztes – endlich hielt sie sich nicht länger und rief mit Heftigkeit aus:

      »Aber mein Gott, Sie sagen ja nichts, ob der junge Mensch gerettet ist oder sich verblutet hat!«

      Professor Heukeshoven sah sie verwundert an.

      »Ja, mein Kind, das weiß ich nicht«, sagte er mit einem Tone, der deutlich ausdrückte, daß ihm dies die weniger interessante Seite des Falles sei. »Ob er sich verblutet hat? Es ist wohl möglich, besonders da sie in Nacht und Nebel mit ihm davonfuhren. Ich habe ihn in dem Reisewagen, in den sie ihn gelegt hatten, verbinden müssen. Sie schienen große Eile zu haben ...«

      »Ein Herr und eine Dame?« fragte Traudchen, ohne ihre Aufregung bemeistern zu können.

      »Eine Dame; nur eine ältliche Dame war im Wagen, sonst außer dem Kranken niemand.«

      »Und СКАЧАТЬ