Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe. Levin Schücking
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Название: Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe

Автор: Levin Schücking

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075838650

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СКАЧАТЬ die weiten Fußgehäuse des Ohms Gymnich mit Leichtigkeit seine Stiefel schob.

      Das junge Mädchen, das ihren Mantel in ihrer Wohnung zurückgelassen hatte, bemächtigte sich jetzt der Laterne und schritt vorauf. Sie wandte sich zur rechten Seite des Hofes. Die Mauer, welche hier abschloß, stieß nicht unmittelbar an das Herrenhaus, in dessen Inneres die beiden jungen Leute eine Entdeckungsfahrt unternehmen wollten. Sie lief etwa vier oder fünf Fuß von der Seitenwand des Hauses abstehend mit dieser parallel fort, einen schmalen Durchgang bildend, der auf einen hintern Hofraum führte – im tiefsten Hintergrunde schienen da Stallungen oder ähnliche Nebengebäude angebracht, und in der Mitte des Raumes streckte ein uralter hoher Birnbaum seine Äste in den feuchten Nachthimmel auf.

      Traudchen, auf diesem Hofplatze angekommen, führte ihren Begleiter an der hintern Front des alten Hauses entlang. Hubert spähte dabei zu den Fenstern empor, ohne hier eine Spur von Lichtschimmer zu entdecken; sein Auge traf nur auf dunkle, dichtverschlossene Läden. Am Ende der hintern Front sprang ein achteckiger Turm in den Hofraum vor; als sie denselben erreicht hatten, wurde eine niedere Tür, die hineinführte, sichtbar.

      Traudchen legte ihre Hand auf den Arm ihres Begleiters.

      »Nehmen Sie sich hier in acht,« sagte sie, »es führen drei Stufen hinab, an die Türschwelle.« Zugleich hielt sie die Laterne dicht an den Boden, so daß die Stufen sichtbar wurden.

      »Also hier können wir hinein?« fragte Bender, die Stufen hinabschreitend. »In der Tat. die Tür ist nur angelehnt!«

      Er schob die Tür behutsam auf; es führten unter ihr noch einige Stufen in einen dunkeln gewölbten Raum, der, als Traudchen mit ihrer Laterne unten angekommen war und ihn beleuchtete, sich als eine Art von Keller oder Rumpelkammer erwies, worin alte Fässer, Kisten und Körbe, Kartoffel- und Rübenvorräte und eine Menge von Gartengerätschaften untergebracht waren, welche letztere in einer Ecke lehnten.

      »Der Ohm braucht dieses Gelaß, wie Sie sehen,« sagte Traudchen, »und er verschließt es gewöhnlich nicht; jetzt müssen wir in den Winkel dort links, und das wird Mühe kosten.«

      Es kostete allerdings einige Mühe, namentlich über einen großen Haufen von Kartoffeln wegzukommen, die unter den Füßen nicht standhielten, sondern tückisch fortkollerten, so daß Jungfer Traud einmal in die Knie sank und ein andermal, um nicht zu fallen, ihre Hand auf Huberts Schulter legte. Der Student schlang rasch und wie freundlich besorgt, sie im Gleichgewicht zu erhalten, seinen Arm um ihre Taille und drückte sie sanft an sich, indem er zugleich auf etwas verdächtige Weise sein Gesicht ihrer Wange nahe brachte.

      »Monsieur Bender!« rief Traudchen, sich ihm entziehend, aus, »wenn Sie unartig werden, laufe ich mit der Laterne davon und lasse Sie hier im Dunkel zurück. Sie mögen dann sehen, wie Sie wieder herauskommen!«

      »Unartig, Traudchen? Ich wollte Sie nur auf unserm gefährlichen Wege vor dem Fallen bewahren!«

      »Ich bewahre mich schon selber. Lassen Sie sich das gesagt sein, Monsieur Bender.«

      »Gut. Dann lassen Sie uns jetzt mit biederm Handschläge und einem herzhaften Kuß Frieden schließen.«

      Sie machte eine sehr entschlossen abwehrende Bewegung mit der Hand.

      »Glauben Sie, ich wäre mit Ihnen gegangen,« sagte sie schmollend, »wenn ich nicht gewußt hätte, daß ich jeden Augenblick mich davonmachen und Sie in einer verzweifelten Lage in dem alten Bau, wo Sie nicht ein noch aus wissen, zurücklassen kann?«

      »Ich dachte, Sie wären mitgegangen, weil Sie auf mein überaus redliches und lammfrommes Gemüt vertrauten.«

      »Was solch ein Student sich einbilden! Jetzt klettern Sie nur vorwärts; dort in die Ecke müssen wir hinein, und da müssen Sie die leere Tonne beiseiteschieben und die alten Spaten und Rechen fortstellen.«

      Hubert folgte ihrer Weisung und arbeitete möglichst rasch und möglichst geräuschlos, die Ecke freizuschaffen, welche Traudchen ihm andeutete. Als dies geschehen, zeigte sich bei dem Schimmer der Laterne eine in die Mauer eingelassene, wie diese Mauer selbst mit Kalk überweißte Tür.

      »Hier können wir hinein«, sagte Traudchen.

      Die Klinke im Innern ließ sich in der Tat mit Leichtigkeit heben, und leise in ihren rostigen Angeln knirschend, klaffte die Tür auf, während Staub und Spinnweben von oben auf den Rücken des hastig vorwärts schreitenden Studenten rieselten. Die beiden jungen Leute, Hubert, dem Traudchen die Laterne übergeben, voran, schritten jetzt eine steile Wendeltreppe empor. Als sie die Höhe des eisten Stockes erreicht hatten, zeigte sich ihnen zur Linken eine offene Bogenwölbung. Als Hubert den Schein der Laterne hindurchfallen ließ, wurde ein weiter Raum, ein Vorplatz, sichtbar, an dessen Wänden altergeschwärzte Bilder in dunkeln Rahmen hingen. Der Student drang leisen Schrittes in diesen Raum vor, während Traudchen auf der Schwelle der Bogenöffnung stehen blieb. Tief im Hintergrunde des Raumes wurde, als Hubert die Laterne erhob, eine breite Treppe mit dunkelm Holzgeländer sichtbar, wahrscheinlich die Haupttreppe des Hauses, die zu dem Portal in der Vorderfront führte. In der Wand rechts zeigte sich eine breite Flügeltür, deren Einfassung aus reichgeschnitztem Holzwerk bestand. Hubert winkte Traudchen heran, diese trat schüchternen Fußes leise zu ihm.

      »Sollten wir die Tür öffnen können, ohne Geräusch zu machen?« sagte er. »Versuchen wir's«, versetzte sie, indem sie leicht die Hand auf den Drücker des altertümlich ziselierten Schlosses legte. Der Drücker wich, die Tür begann sich zu öffnen, aber sie knarrte sehr vernehmlich in den Angeln.

      »Pst, Traudchen, lassen Sie mich das tun«, sagte der Student, und indem er den Türflügel faßte, stieß er ihn mit einem schnellen kräftigen Ruck auf.

      Die Tür stand jetzt weit offen, ohne auch nur einen Laut von sich gegeben zu haben.

      »So muß man das machen!« flüsterte Hubert, »und wenn wir an Stufen kommen, wo es hinabgeht, so denken Sie daran, immer nur mit den Fersen auf den äußersten Rand zu treten, dann bleibt alles still.«

      »Der Monsieur Bender scheint Übung darin zu haben«, sagte Traudchen spöttisch.

      »Oh, es lernt sich manches!« erwiderte Hubert lächelnd.

      Unterdessen waren sie in einen großen Saal getreten. Der Schein der Laterne fiel auf alte Sessel mit zerrissenen Überzügen, die an den Wänden gereiht standen, auf braune Ledertapeten, auf einen mächtigen Kamin mit schönem, weit in den Raum vorspringenden Rauchfang, den als Karnatiden zwei Steinfiguren trugen, welche den kölnischen Bauer und die kölnische Jungfrau, die Schildhalter des reichsstädtischen Dreikronenwappens, darstellten. Um die Stirn des Rauchfanges lief eine Reihe zierlich gearbeiteter kleiner Wappen, alles dick mit weißer Tünche überzogen. Ein größer ovaler Tisch stand in der Mitte des Saales, und über demselben hing ein mächtiger altfränkischer Kristallustre. Dem Eingang gerade gegenüber verlor sich der Blick in die dunkle Tiefe eines von dem Laternenlicht nicht erreichten Erkers.

      »Es riecht hier brandig,« sagte Hubert, der bis an den Tisch vorgeschritten war, während Traudchen an der Tür stehengeblieben »spüren Sie das nicht auch? Und da hier keine Spur von Kohlen öder Asche vorhanden,« fuhr Hubert fort, »so muß der Ruß im obern Stockwerke durch ein Feuer entzündet und den weiten Schlot hinab bis hierher niedergefallen sein.«.

      »Es muß also im obern Stock ein Feuer brennen«, fiel Traudchen ein.

      »Da, wo wir unten vom Hofe aus einen Lichtschein wahrzunehmen glaubten,« fuhr Hubert fort, »kommen Sie hinauf!«

      Jungfer Traud schien СКАЧАТЬ