Название: Gesammelte Werke
Автор: Ricarda Huch
Издательство: Bookwire
Жанр: Философия
isbn: 4064066388829
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Es war ein folgenschweres Ereignis, als der Erzherzog Karl, einer der Söhne Kaiser Ferdinands I., die bayrische Prinzessin Maria, Tochter des Herzogs Albrecht V., heiratete. Eine Zeitlang war er zum Bräutigam der Elisabeth von England bestimmt gewesen, und er war damals bereit, ein weicher, nachgiebiger Habsburger, in betreff der Religion bedeutende Zugeständnisse zu machen. Maria war aus anderem Holze geschnitten. Sie besaß die unentwegte Tatkraft derjenigen Menschen, die die Welt von einem einzigen Standpunkt aus betrachten und keinen anderen gelten lassen. Obwohl sie in ihren Ansichten von den Jesuiten abhängig war, ließ sie sich doch nur insoweit von ihnen beherrschen, als es mit ihrem fürstlichen Ansehen übereinstimmte; bei einer etwaigen Spannung mußten die Jesuiten sich fügen. Als Gattin des Erzherzogs beschloß sie sofort, die Steiermark, sein Erbe, wieder katholisch zu machen, sei es durch Güte, sei es durch Gewalt. Karl würde sich niemals getraut haben, die der Steiermark gewährten Freiheiten zu verletzen; Maria sah darin kein Unrecht, wenn es zum Besten der Religion oder der fürstlichen Autorität geschah. Der Erzherzog gab nach und machte die Erfahrung, daß man mit Gewalt vieles, beinah alles erreichen kann, wenn man nur das Eigentum schont. Im 16. und 17. Jahrhundert wurden die Untertanen von der Obrigkeit bald zu diesem, bald zu jenem Bekenntnis gezwungen, und mit wenigen Ausnahmen akkommodierten sie sich, wie man es damals nannte; nur einzelne zogen den Tod oder die Auswanderung vor. Den Adel zu unterwerfen, war freilich nicht so leicht. Ihre Grundsätze, die sich so sehr bewährten, prägte Maria ihren Kindern, namentlich ihrem ältesten Sohne Ferdinand ein, der als Nachfolger seiner kinderlosen Vettern Gelegenheit haben würde, sie im großen anzuwenden. Auch als Mutter durchaus Herrscherin, litt sie keinen Widerspruch und erfuhr keinen; auf einer Reise nach Italien im Jahre 1598 tat Ferdinand in Loreto das Gelübde, in seinen Erblanden alle Irrlehren auszurotten. Oft wiederholte er den Ausspruch, daß er lieber alle seine Länder und selbst das Leben verlieren würde, als eine Kränkung der Religion dulden. In eigentümlicher Weise waren die schroffen Grundsätze seiner Mutter auf die liebenswürdige Habsburgerei seines Vaters gepfropft. Ferdinand, auch äußerlich ein echter Sohn seiner väterlichen Familie, blond, blauäugig, mit hängender Unterlippe, war weich, gutherzig, ein Freund der Armen, im persönlichen Umgang so liebenswürdig, daß ihm selbst Gegner schwer widerstanden. Wenn es die Religion und zugleich seine Hoheit betraf, zögerte er nicht mit Grausamkeiten, gegen die selbst die Hartgesottenen Bedenken hegten.
Den böhmischen Aufstand, der im Mai 1618 ausbrach, begrüßte er als erwünschtes Ereignis, das ihm Gelegenheit gab, den übermütigen Baronen ihre Privilegien zu nehmen und sie in jeder Hinsicht zu bändigen. Daß seine Bewältigung gelingen werde, daran zweifelte er nicht. Was ihn so sicher machte, war nicht nur das angeborene Hoheitsgefühl der Habsburger und das Vertrauen auf Gott, zu dessen Geschäften es gehörte, seine Dynastie zu beschützen, sondern auch das Vertrauen auf Spanien und Bayern. Spanien hatte trotz der häufigen Bankerotte Geld, Bayern hatte Truppen. Herzog Maximilian von Bayern war nicht frei von der herkömmlichen feindseligen Eifersucht Bayerns auf Österreich, die zur Reformationszeit den mächtigen Kanzler Leonhard von Eck zu einer so seltsamen, zweizüngigen Politik bewogen hatte; aber das katholische Interesse war so mächtig in ihm, daß er sich, soweit dieses in Betracht kam, zum Bundesgenossen Österreichs machte. Der jesuitische Einfluß und der Wunsch, unabhängig von den Ständen zu regieren, die sich durch Protestantismus stärkten, bestimmten jetzt den Charakter der bayrischen Politik. Maximilian hatte mit seinem Vetter Ferdinand zusammen in Ingolstadt studiert und fühlte sich dem jüngeren, etwas fahrigen Habsburger überlegen, ließ aber davon nichts merken, streng gegen sich und verschlossen, wie er war. Er wollte Bayern groß und mächtig machen, aber nicht gegen, sondern durch Habsburg. Seine Grundsätze waren eins geworden mit seinem Willen; keiner von den Fürsten des Reichs konnte sich an Willenskraft und Zielbewußtsein mit ihm messen. Vergebens suchten die Protestanten Bayern und Österreich dadurch zu entzweien, daß sie Maximilian die Kaiserkrone anboten: er wies sie ohne Zaudern ab und versicherte Ferdinand, daß er nicht als sein Nebenbuhler auftreten werde. Ihm, der kein Schwärmer war, wird es kaum schwer geworden sein, der Schlangenversuchung zu widerstehen; er wollte nichts, was zu unabsehbaren Verwicklungen führen konnte, sondern etwas Erreichbares, und das mit unwiderstehlichem Willen.
Sehr verschieden von Maximilian war Friedrich V., Kurfürst von der Pfalz, den die Umstände dazu bestimmt hatten, jenem die Waage zu halten. Die böhmischen Stände hatten einen schweren Fehler begangen, indem sie zu Lebzeiten des Mathias sich bewegen ließen, einstimmig Ferdinand zum künftigen König anzunehmen, um, wie sie sich ausdrückten, den Gegensatz zur Wahlhandlung zu bezeichnen. Als nun Mathias starb und die Furcht vor Ferdinands katholischem Eifer überwältigend wurde, konnten sie sich nur dadurch von ihm befreien, daß sie ihn absetzten, und hatten doch selbst einen Präzedenzfall zugunsten des Erbrechts geschaffen. Da sie den vorsichtigen Sachsen nicht zum König bekommen konnten, richteten sie ihre Blicke auf die Pfalz, die seit Friedrich III. mit Sachsen um die Führerschaft der Protestanten gerungen hatte. Während das lutherische Sachsen friedliebend war und sich an den Kaiser anlehnte, war die calvinische Pfalz kriegerisch, angriffslustig, nur daß Friedrich V., jung und spielerisch, nicht zum Vertreter der von seinen Vorfahren eingeleiteten Politik geeignet war. Es war ihm nicht wohl zumute, als die Notwendigkeit, sich zu entscheiden, an ihn herantrat, und uns, die wir den Ausgang kennen, erscheint es als unbegreiflicher, fast verbrecherischer Leichtsinn von ihm und seinen Räten, daß sie eine Tat wagten, der die verfügbaren Kräfte so wenig angemessen waren. Der festen Zielsetzung und den bestimmt begrenzten Plänen der Katholiken standen die Protestanten schwächlich und zerfahren gegenüber. Den Lutheranern waren die Calvinisten unsympathischer als die Katholiken; es schien zuweilen so, als kämen ihnen die Katholiken wie etwas Höheres vor, als fühlten sie sich geschmeichelt, wenn der Kaiser und die geistlichen Kurfürsten mit ihnen auf die Jagd gingen und sie freundschaftlich wie ihresgleichen behandelten. Fast in allen Fürstenhäusern gab es wie in Sachsen einen Streitfall zwischen den verschiedenen Linien, der eine von ihnen veranlaßte, sich zum Kaiser zu halten in der Hoffnung, er werde zu ihren Gunsten entscheiden; so war es bei den Hessen, den Braunschweigern und den Wittelsbachern. Wie die albertinischen Sachsen den Vettern die Kur mißgönnt hatten, so mißgönnte sie Bayern der pfälzischen Linie. Auf die Union, das seit 1608 bestehende Bündnis der Protestanten, war so wenig zu rechnen, daß man sich nach ausländischer Hilfe umsehen mußte. Frankreich und England kamen hauptsächlich in Betracht; nun aber waren beide Mächte durch eine eigentümliche Wendung der Politik ihrer Häupter aus Feinden Spaniens Freunde Spaniens geworden, Jakob I., Sohn der Maria Stuart, so sehr, daß er sogar seinen Sohn und Thronfolger mit einer spanischen Prinzessin verheiraten wollte. Holland, das natürlich in Betracht gekommen wäre, hatte einen Waffenstillstand mit Spanien abgeschlossen, mit Dänemark und Schweden wurde fortwährend unterhandelt; allein der junge König Gustav Adolf war einstweilen durch eine СКАЧАТЬ