Gesammelte Werke. Ricarda Huch
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

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isbn: 4064066388829

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СКАЧАТЬ sich von einem überirdischen Feuer beseelt und seine Taten gerechtfertigt. Daß er sein Leben für seinen Glauben einsetzte, riß die Menschen hin, die so lange keinen Helden erlebt hatten. Selbst Katholiken bewunderten den großen Ketzer insgeheim. Fünfzig Jahre früher war Wilhelm von Oranien ein Befreier gewesen, und die Niederländer hatten ihm angehangen, als wären sie behext. Aber abgesehen davon, daß jener Kampf nur einen kleinen Teil des Reiches berührt hatte, hatte Wilhelm von Oranien als Diener Philipps II. lange Zeit Verstellung üben müssen und hatte überhaupt keine so unzweideutige Haltung und kein so frei ausströmendes Wesen wie Gustav Adolf. An diesem blonden Manne mit den strahlenden blauen Augen und dem schwingenden Schritt war lauter Kraftgefühl, Freudigkeit, Zuversicht und Offenheit. Sicherlich wollte er nicht anders als die Waldemar und andere Könige des Nordens mit Deutschland um die Herrschaft über das Meer ringen, und vielleicht dachte er sogar an eine evangelische Kaiserkrone, die wenigstens den deutschen Norden an ihn gefesselt hätte; aber das wäre ja der Sieg des wahren Glaubens gewesen, den der habsburgische Kaiser verfolgte. Er konnte das Mißtrauen und die Zurückhaltung der deutschen Fürsten nicht begreifen; desto besser verstand ihn das Volk. Für die Bibelkundigen war er der Löwe aus Mitternacht, der, welcher unverletzt mitten durch die Feinde geht, wenn zehntausend zu seiner Rechten und hunderttausend zu seiner Linken fallen.

      Konnte Gustav Adolf auch den Fall und Untergang der alten Kanzlei Gottes, der ruhmvollen Stadt Magdeburg, nicht hindern, so konnte er ihn doch durch die Schlacht bei Breitenfeld rächen: Dieser folgenreiche Sieg über den nie besiegten Tilly wird einer neuen, durch Gustav Adolf eingeführten Schlachtordnung zugeschrieben, die hauptsächlich in einer größeren Beweglichkeit des Heeres bestand, zum Zweck, daß Fußvolk und Reiterei sich gegenseitig unterstützten. Tilly wußte das Fußvolk nur nach alter Weise in dicht zusammengedrängten, schwerbeweglichen Haufen zu verwenden. Den Sieg bei Leipzig oder Breitenfeld erfocht Gustav Adolf schon als Verbündeter Sachsens. Johann Georg, der dem Kaiser treu geblieben war, obwohl ihn das Verhalten desselben gegen die Lutheraner in Böhmen reizte, wurde durch das Restitutionsedikt zum Anschluß an den König von Schweden bewogen. Wieder mußte Ferdinand in der Burg von Wien vor einem Feinde zittern, diesmal vor einem mächtigen, entschlossenen, und ohne Schutzwehr. Die ligistische Armee hing mehr von Maximilian als von ihm ab, um sich eine eigene zu schaffen, fehlte ihm das Geld; so blieb ihm nichts anderes übrig, als durch weitgehende Zugeständnisse den beleidigten Wallenstein zurückzukaufen. Wallenstein, der nun wieder die Bühne des Krieges betrat, war ein anderer als zuvor. War er auch niemals eines Sinnes mit dem Kaiser gewesen, so hatte er doch an Kaisers Statt gedacht und gehandelt. Die großartigen, umwälzenden Pläne von damals hegte er nun nicht mehr, doch war er auch jetzt nicht ohne ein bedeutendes, vernünftiges Ziel. Den Kaiser berücksichtigte er dabei wenig, er dachte an das Reich und den Frieden, der auf eine billige Vermittlung zwischen den kämpfenden Parteien zu begründen wäre. Würde der Kaiser, wie vorauszusehen war, nicht darein willigen, da er es auf Unterdrückung der Protestanten absah, so würde man ihn zwingen. Wie eine solche Befriedung Deutschlands zustande kommen sollte, darüber wechselten die Ansichten je nach der Kriegslage. Zunächst mußte Wallenstein im guten oder im bösen mit Gustav Adolf fertig werden. Es scheint, daß ihm die Möglichkeit durch den Kopf ging, gemeinsam mit dem schwedischen König, dem einzigen ihm gewachsenen Gegner, eine neue Ordnung in der Mitte Europas aufzurichten; aber er blieb sich doch wohl bewußt, daß zwei Herrscherwillen sich nicht leicht in einen gießen lassen. Es mußte zwischen ihnen zum Entscheidungskampfe kommen. Beiden wurde diese Notwendigkeit klar; aber es war, als ob sie beide die zerstörende Begegnung hinauszuschieben suchten. Überhaupt schien das Auftreten Wallensteins eine verwirrende Wirkung auf Gustav Adolf auszuüben, wie wenn der spitze Blick eines Zweiflers auf einen Traumentrückten fällt. Es kam eine Stockung in seine Eroberungen, seine Bewegungen wurden langsamer; die Wallensteins waren immer zögernd und umwegig. Zwei Monate lang lagen sich die beiden Heere mit zahlreichem Troß bei Nürnberg einander gegenüber. Denn die Soldaten führten Frauen und Kinder mit, es gab Feldschulen, in denen die Kinder unterrichtet wurden, bis sie groß genug waren, um eine Waffe zu führen und sich unter die Krieger zu mischen. Als die Schwierigkeit, solche Menschenmassen zu ernähren, übergroß wurde, entschloß sich Gustav Adolf, das gut verschanzte Lager Wallensteins anzugreifen, und es wurde einen Tag lang erbittert gekämpft, ohne daß es zu einer Entscheidung kam. Dann wandte er sich nach Süden, um Bayern zu decken, und Wallenstein zog gegen Sachsen. Bei der Unzuverlässigkeit Johann Georgs hielt es Gustav Adolf für nötig, zu seinem Schutze heranzueilen: er mußte fürchten, daß der Kurfürst sich wieder dem Kaiser anschlösse. So kam es im November 1632 zu der Schlacht bei Lützen, in der die Schweden siegten, aber ihren König verloren. Gustav Adolf pflegte sich wie irgendein Soldat in das Gewühl der Schlacht zu begeben und da einzugreifen, wo etwa die Reihen wankten; er wurde verwundet und starb in den Armen seines Pagen Leubelfing, eines Nürnberger Patriziersohnes, der, während er seinen sterbenden Herrn zu decken suchte, selbst tödlich getroffen wurde.

      So war denn das große Licht, das den Protestanten wie ein Wunder aufgegangen war, erloschen. Wallenstein, von dem einzigen Gegner befreit, den er gefürchtet hatte, konnte nun verborgene Pläne ausführen. Den Absichten des Kaisers zu dienen, machte er nicht Miene. Nach dem unglücklichen Siege der Schweden wäre es ihm wahrscheinlich, wenn er schnell gehandelt hätte, möglich gewesen, die gebesserte Lage der Kaiserlichen entscheidend zu bestätigen; allein er bezog Winterquartiere in Böhmen und schien sich überhaupt dort festsetzen zu wollen. Anstatt sich gegen den Feind zu wenden, der sich unter der diplomatischen Leitung des schwedischen Kanzlers Oxenstjerna und der kriegerischen Bernhards von Weimar gesammelt hatte, verhandelte er mit ihm. Er unterhandelte mit Sachsen, mit Brandenburg, mit Schweden, mit den böhmischen Emigranten, bald dies, bald jenes bald diesem, bald jenem verheißend. Welches war seine eigentliche Absicht? Wollte er sich zum König von Böhmen machen? Wollte er die Schweden aus Deutschland vertreiben? Wollte er im Verein mit den Schweden einen Frieden diktieren? Niemand durchschaute ihn, der sich niemandem anvertraute; er schwankte wohl selbst. Sein Gichtleiden hatte in den letzten Jahren sehr zugenommen, er hatte viel Schmerzen und mußte sich meistens in einer Sänfte tragen lassen. Es ist anzunehmen, daß die Krankheit seine Entschlußkraft lähmte; aber auch durch seine Lage war er mannigfach gebunden. Die Armee, die ihn mächtig machte, war, wie sehr sie ihm auch anhing, doch des Kaisers Armee; es war fraglich, ob sie sich gegen den Kaiser würde gebrauchen lassen. Ob die Gegner es aufrichtiger mit ihm meinten als der Kaiser, war auch ungewiß. Wenn die Schweden ihm mißtrauten, sagte er sich, täten sie es mit Recht, denn er fühlte als Reichsfürst, und sie vom deutschen Boden zu verjagen blieb sein eigentlicher Wunsch. Der Kaiser auf der anderen Seite mußte endlich einsehen, Wallenstein sei nicht sein Diener und könne seine eigene Armee benutzen, um ihn zu vergewaltigen; auch Wallensteins treueste Freunde am kaiserlichen Hofe gaben das zu. Die unaufrichtige Verbindung zwischen Ferdinand und Wallenstein mußte sich auflösen; so zweideutig schleichend, wie die Beziehungen von Anfang an gewesen waren, ist es begreiflich, daß es durch Verrat und Mord geschah. Als Wallenstein die Probe machte, ob die Offiziere ihm unbedingt, auch gegen den Kaiser, folgen würden, mußten sie sich entschließen. Ritterlich wäre es von den abfallenden gewesen, sich offen zu bekennen; anstatt dessen verließen sie ihn heimlich, unter Vorwänden. Den ihm treugebliebenen befahl der Kaiser, sich des geächteten Generals lebend oder tot zu bemächtigen. In Eger, wohin er sich im Februar 1634 gewendet hatte, um sich nun, da die Trennung vom Kaiser vollzogen war, mit den Schweden zu verbinden, wurde er samt seinen Anhängern ermordet.

      Die Aussicht auf den Frieden war damit fürs erste geschwunden. Denn es war kein Überragender mehr da, der einem möglichen Ende zugestrebt hätte. Es gab nun eine Anzahl größerer und kleinerer Mächte, von denen jede auf ihre Entschädigung oder Rettung bedacht war, und dazwischen die Abenteurer, die bald dieser, bald jener Partei anhingen und aus dem Greuel der Zerstörung ein Geschäft machten. Wie wenig das Grundsätzliche mehr die treibende Kraft des Krieges war, zeigt sich darin, daß das Restitutionsedikt zwar nicht gesetzlich, aber doch tatsächlich aufgehoben war, ohne ihn aufzuhalten. Der Kurfürst von Sachsen allerdings schloß mit dem Kaiser den Frieden zu Prag, zu dem allen, auch den Schweden, der Beitritt offenstehen sollte. Die Schweden aber, denen ihre Ansprüche nicht zugestanden worden waren, zogen es vor, den Krieg mit Hilfe Frankreichs fortzusetzen, dem sie das erst noch zu erobernde Elsaß mit Hagenau und Breisach versprachen. Daß der schwedische Kanzler deutsches Land verhandelte, begreift man; nicht, daß СКАЧАТЬ