Gesammelte Werke. Ricarda Huch
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

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isbn: 4064066388829

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СКАЧАТЬ und die Prediger zur Verantwortung. Als Inschrift über einer Folterkammer schlägt er den Vers vor: Wenn Richter trachten nach dem Gut – Die Henker dürsten nach dem Blut – Die Zeugen suchen ihre Rach – Muß Unschuld schreien Weh und Ach.

      Der Verfasser einer Sammlung von Biographien, in die er auch die von Hermann Wilcken aufgenommen hat, ließ dem Bande den Titel vordrucken: Dignorum laude virorum quos Musa vetat mori immortalitas. Würdiger Männer, die die Muse nicht sterben läßt, Unsterblichkeit. Dies Wort gilt für alle diese kühnen Männer, die, als sie lebten, wenig anerkannt und zum Teil verfolgt wurden, und deren Dasein und Namen die folgenden Jahrhunderte vergaßen.

       Inhaltsverzeichnis

      Mit dem Beginn des niederländischen Aufstandes war der Gegensatz zwischen dem alten und dem neuen Glauben zum kriegerischen Ausbruch gekommen, der nicht mehr erlosch. Wenn das Reich auch nicht unmittelbar dabei beteiligt war, da Karl V. den burgundischen Kreis ausdrücklich vom Reiche abgelöst hatte, so schlug er doch zuweilen über die Grenze; war doch das schon eine bedenkliche Tatsache, daß der Gegner Spaniens und Vertreter der Niederlande ein deutscher Fürst war und als solcher den Krieg gegen Philipp II. führte, und daß der Kurfürst von der Pfalz, Egmonts Schwager, die Aufständischen heimlich und durch seine Söhne unterstützte. Daß der Frieden erhalten blieb, lag zum Teil an der Schläfrigkeit der protestantischen Fürsten im Reich, vor allem aber an der kaiserfreundlichen Politik des mächtigsten unter ihnen, des Kurfürsten von Sachsen. August, der sein Land infolge der Enteignung seiner ernestinischen Vettern schön abgerundet vorfand und nun wie ein pfennigtreuer Gutsherr und Hausvater für das wirtschaftliche Wohl seiner Untertanen sorgte, dachte nicht daran, weitere Erwerbungen zu machen, sondern das Gewonnene festzuhalten und auszubauen. Er wußte, daß Karl V. mit der Möglichkeit gerechnet hatte, den beraubten Kurfürsten Johann Friedrich gegen Moritz auszuspielen; ebenso konnten Karls Nachfolger sich des rachsüchtigen Sohnes des Verstorbenen bedienen, wenn er, August, ihren Unwillen auf sich zöge. Dieses Verhältnis bestimmte von nun an die sächsische Politik: die neugeschaffenen Kurfürsten waren durch Moritzens vom Kaiser autorisierten Tigersprung an den Kaiser gebunden.

      Die spanische Verwandtschaft machte sich zunächst bei der österreichischen Dynastie wenig geltend. Ferdinand I., obwohl er die Kinderjahre in Spanien zubrachte, wurde im Laufe seiner Regierung bewußt und unbewußt zu einem deutschen Fürsten, der im Interesse seines Sohnes gemeinsam mit ihnen die von Karl gewünschte Nachfolge Philipps bekämpfte. War er auch nicht so bedeutend und anziehend wie sein Bruder, so hat er doch durch seinen maßvollen, besonnenen Charakter in schwieriger Zeit erfolgreich gewirkt und das auseinanderfallende Reich zusammengehalten. Sein Sohn Maximilian hatte, wie es scheint, jenes berückende Etwas, jenes aus dem großen Mischkrug des Südostens aufschwebende Aroma, das man später als österreichisch oder wienerisch bezeichnete. Er wußte Katholiken und Protestanten so zu bezaubern, daß sie die Lösung des unlösbaren deutschen Schicksalsknotens von ihm erwarteten. Die Protestanten sahen in dem Erzherzog den künftigen protestantischen Kaiser, unter dessen Führung sich das ganze Reich dem neuen Glauben zuwenden würde. Indessen war Maximilian, wenn auch evangelisch, doch nicht eigentlich ein Gegner des Katholizismus, sondern des Papismus; er glaubte evangelisch zu sein, wenn er einen gereinigten Katholizismus bekenne, zu einer durch ein Konzil zu reformierenden Kirche hielte. Die Augsburger Konfession von 1530, die sogenannte Invariata, die bewußt den Gegensatz zum alten Glauben abgeschwächt hatte, wollte er als Norm für die Protestanten angesehen wissen. Ohne Wirkung konnte es auch nicht bleiben, daß er mit einer Tochter Karls V. verheiratet und mit seinem Vetter Philipp von Spanien in steter Verbindung war.

      Der starke Familienzusammenhang der Habsburger bewährte sich, als Philipp II., nachdem er dreimal Witwer geworden war, als Bewerber einer Tochter Maximilians II. auftrat; von da an war der deutsche Kaiser vollends gelähmt in den Dingen, die das spanische Interesse betrafen. Zur Zeit, als der niederländische Aufstand ausbrach, erinnerte Kurfürst Friedrich von der Pfalz den Kaiser an die frühere Zeit, wo er in guter Hoffnung gestanden, Maximilian werde das durch den Heiligen Geist in ihn gepflanzte und angezündete Fünklein keineswegs erlöschen, sondern nach dem Befehl und Willen Gottes fortgelangen lassen; aber gerade von dem Pfälzer ließ sich Maximilian ungern mahnen, denn er haßte die Calvinisten, die Friedensstörer, und mißbilligte sehr die kaum verheimlichte Hilfe, die der Kurfürst und seine Söhne den niederländischen Rebellen leisteten. Acht Jahre später bat Friedrich noch einmal den Kaiser, sich der Sache der armen bedrängten Christen mit mehr Ernst anzunehmen. »Mit Ew. Maj. handle ich rund, wie ich zu tun schuldig bin, und gemein es mit derselbigen gut«, schrieb er, »verhoffe eine getreue aufrichtige Warnung von einem alten erlebten Churfürsten werde Ew. Maj. nit übel aufnemen, dieweil Ew. Maj. nunmehr so wol als ich ein gut alter erreicht, dises leben aber zergenklich ist …« Im folgenden Monat starben beide, erst der Kaiser, dann der Kurfürst. Hatte Maximilian die Protestanten enttäuscht, so mußten sie ihm doch zugestehen, daß er einen kaiserlichen Standpunkt über den Parteien einzunehmen bestrebt gewesen war. Sein in Spanien erzogener Sohn Rudolf hätte wohl im Sinne seines Oheims Philipps II. regiert; aber seelische Zerrüttung und Zerwürfnisse mit seinen Brüdern ließen ihn unsicher hin und her schwanken und schließlich sogar die Protestanten begünstigen. Unter ihm und seinem Bruder Mathias, leergelebten Schatten der Väter, breitete sich der neue Glaube in ganz Österreich, Böhmen und Ungarn aus. Das Privilegium der Glaubensfreiheit wurde zwar nur den Ständen erteilt, das heißt dem Adel und den königlichen Städten; aber mittels derselben genoß es auch die Bevölkerung. Durch diese Zugeständnisse wurden die Stände, die überall mit den Fürsten um die Macht rangen, in ihrer Unabhängigkeit sehr gestärkt. Ohnehin war der Adel in den östlichen Ländern, besonders in Böhmen und Ungarn, sehr begütert und einflußreich, während die Städte weniger bedeuteten als im Westen. In Böhmen wurde das Institut der Defensoren eingerichtet, die die Verpflichtung hatten, darüber zu wachen, daß die religiöse Freiheit nicht beeinträchtigt werde. Ein solcher Schutz war deshalb nötig, weil die Privilegien den Herrschern nur durch die Verhältnisse abgerungen waren; weder Rudolf noch Mathias meinten es mit den erteilten Begünstigungen ehrlich, lauerten vielmehr auf einen Anlaß, sie zurückzunehmen. Nach dem sogenannten Majestätsbrief war in Böhmen den Herren, Rittern und königlichen Städten das Bekenntnis freigegeben: die Frage, ob bei geistlichem Gebiet ein königliches Obereigentum anzunehmen sei oder nicht, war offengelassen. Die Protestanten nahmen ein solches an und waren damit im Rechte; aber die mittelalterlichen Verhältnisse waren so fließend, daß fast in allen Fällen Beispiele für die entgegengesetzte Auffassung beigebracht werden konnten. Von katholischer Seite wurde das königliche Obereigentum über geistliche Güter bestritten, und die geistlichen Inhaber derselben hielten sich deshalb für berechtigt, den Evangelischen die Ausübung ihres Gottesdienstes auf ihrem Gebiet zu verwehren. Dieser Streitpunkt drohte in zwei Fällen zu einem feindlichen Zusammenstoß zu führen.

      Gleichzeitig bestand Kriegsgefahr im Westen des Reiches. Im Jahre 1609 starb der letzte Sproß des Cleveschen Fürstenhauses, der geisteskranke Johann Wilhelm. Daß die Nachfolge von zwei protestantischen Fürsten in Anspruch genommen wurde, dem Kurfürsten von Brandenburg und dem Pfalzgrafen von Neuburg, beunruhigte die Katholiken, namentlich Spanien, das gerade an den Grenzen der Niederlande die Ausbreitung des Protestantismus nicht leiden wollte. Beide Teile rüsteten, die Protestanten gewannen die bereitwillige Unterstützung Heinrichs IV. von Frankreich. Da, es war im Jahre 1610, wurde Heinrich IV. ermordet, und Frankreich zunächst aus den kriegerischen Ereignissen ausgeschaltet. Die beiden Prätendenten, Brandenburg und Pfalz, bemächtigten sich einstweilen gemeinsam des verwaisten Landes, und der Kaiser, mit näherliegenden Irrungen beschäftigt, ließ es geschehen. Vier Jahre später, 1614, erneute sich die Kriegsgefahr. Die possedierenden Fürsten, wie man sie nannte, entzweiten sich, worauf Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg katholisch wurde und eine Schwester des Herzogs von Bayern heiratete, der Kurfürst von Brandenburg zum Calvinismus übertrat. Es war ein groteskes Ereignis, das die häßliche Verquickung politischer und kirchlicher Tendenzen beleuchtete; die Prätendenten, die das Ganze gemeinsam innehatten, von denen aber doch jeder das Ganze wollte, suchten СКАЧАТЬ