Gesammelte Werke. Ricarda Huch
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

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isbn: 4064066388829

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СКАЧАТЬ Beistand geleistet hatten. Dies eigenmächtige Vorgehen des Kaisers machte keinen guten Eindruck im Reich; vollends mit der gänzlichen Beraubung auch der Erben des Pfalzgrafen waren selbst die Katholiken nicht einverstanden. Den Gesetzen nach wären bei öffentlichen Vergehen eines Fürsten seine Rechte auf etwa schuldlose Nachfolger übergegangen. So weit indessen ging die Teilnahme doch nicht, daß ein Reichsstand mit den Waffen für den Vertriebenen eingetreten wäre: die Union, deren Aufgabe es am ersten gewesen wäre, löste sich auf, nachdem die Reichsstädte sich zurückgezogen hatten. Der Krieg wäre erloschen gewesen, die Pfalz widerstandslos der bayrischen und spanischen Eroberung preisgegeben, wenn nicht Mansfeld, der mit seinem Heer noch Pilsen und einige andere böhmische Orte besetzt hielt, die Sache des Geächteten zu verteidigen beschlossen hätte. Dieser stolze Bettler wollte das Unternehmen, an das er sein Talent und seine Kraft gesetzt hatte, nicht im Augenblick des Verlustes aufgeben. Das Heer war sein einziger Besitz; es war eine bessere Rechnung mit demselben das Spiel noch einmal zu wagen, als es unentlohnt zu entlassen. So trat er in den Dienst des ebenso besitzlosen Friedrich, der weder König von Böhmen noch Kurfürst von der Pfalz mehr war. Zu ihm gesellte sich ein anderer Heerführer, vielleicht durch sein Beispiel gelockt, Christian von Braunschweig, protestantischer Bischof von Halberstadt, Bruder des regierenden Herzogs Friedrich Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel. Ihn bewog, wie er angab, Zuneigung für seine Base Elisabeth, Friedrichs Gattin, mehr aber wohl sein Haß der katholischen Partei und seine Lust am Wagnis und Abenteuer. An Kühnheit war er Mansfeld gleich; was ihn charakterisierte und was seinen Taten und Untaten einen persönlichen Reiz verleiht, war ein Hang zu knabenhaften Streichen, wilder Humor und stolzer Übermut. Eine Münze ließ er prägen mit der Umschrift: »Gottes Freund, der Pfaffen Feind«, eine andere, nachdem ihm der Arm abgenommen war, mit der Umschrift: » altera restat«, wenn er dem Kaiser schrieb, er führe das Kommando über ein Reiterregiment in der Pfalz, zu seinem Bedauern erfahre er, daß das dem Kaiser nicht angenehm sei, hätte er es vorher gewußt, würde er das Kommando abgelehnt haben, jetzt könne er nicht mehr zurück, der Kaiser möge ihm das nicht übelnehmen, er hoffe, ihm später einmal seinen Degen anbieten zu können; so glaubt man die jungen Augen bei diesen herausfordernden Naivitäten blitzen zu sehen. Kein Flehen der Mutter, deren Liebling er war, hielt ihn zurück, von der Gefahr verlockt, sprengte er davon, fast immer unglücklich im Gefecht, aber niemals entmutigt. Mansfeld und der Braunschweiger wären miteinander vielleicht dem Gegner gewachsen gewesen; aber ein Zusammenwirken zweier eigenwilliger Generale war, wie so oft in ähnlichen Fällen, nicht möglich. Auch verhinderte die Schwierigkeit der Ernährung die Ansammlung von Massen; das oft seltsame Hin- und Herziehen der Heere erklärt sich daraus, daß, nachdem eine Gegend ausgesogen war, eine andere möglichst unberührte aufgesucht werden mußte. Ein dritter Beschützer der unglücklichen Sache war Markgraf Georg Friedrich von Baden, ein aufrichtiger Protestant, den die Sorge um das gefährdete Bekenntnis antrieb. Damit nicht, im Fall er geächtet würde, seine Güter und Rechte seinem Hause abgesprochen würden, übergab er, ehe er auszog, die Regierung seinem Sohne. Er hatte sich vor Jahren im Türkenkrieg hervorgetan und verfügte über ein verhältnismäßig großes, gut ausgerüstetes Heer, in dem einige tausend reformierter Schweizer mitkämpften; in der Schlacht bei Wimpfen am Neckar wurde er von Tilly und den Spaniern vollständig geschlagen. Nachdem Friedrich von der Pfalz, um die Versöhnung mit dem Kaiser zu ermöglichen, Mansfeld und Christian aus seinem Dienst entlassen hatte, schien wiederum der Krieg beendet zu sein. Denn wenn die beiden Abenteurer auch ihr Wesen auf eigene Faust weitertrieben, erst den Holländern gegen Spanien Hilfe leisteten, dann Niedersachsen beunruhigten, war doch vorauszusehen, daß die ligistische Armee unter Tilly mit ihnen fertig werden würde. Inzwischen aber hatten die ausländischen Gegner Spaniens und Österreichs sich zum Widerstande gesammelt.

      Da aus der spanischen Heirat nichts geworden war, schloß sich Jakob I. der antispanischen Politik seines Volkes an und verbündete sich im Jahre 1625 im Haag mit Holland und Dänemark zur Bekämpfung Spaniens und zur Wiedereinsetzung seines Schwiegersohnes, des Pfalzgrafen, in seine Länder und Rechte. Frankreich nahm seine frühere antihabsburgische Politik wieder auf, zum Teil dadurch gereizt, daß Spanien ins Veltlin eingedrungen war und die bündnerischen Pässe in seine Gewalt bekommen hatte. Zwar schloß sich Frankreich dem englisch-holländischen Bunde nicht offen an, unterstützte aber die Sache, die er vertrat, heimlich mit Geld. Für die kriegerische Leistung kam außer Mansfeld und Christian, die nunmehr in den Dienst der Verbündeten traten, neben Gustav Adolf von Schweden Christian von Dänemark in Betracht. Man einigte sich auf ihn, der mit Jakob I. verwandt war und als Herzog von Holstein und Inhaber der Stifte Bremen und Schwerin eine Basis im nördlichen Deutschland hatte. Auch stellte er günstige Bedingungen, da er, eifersüchtig auf Schweden, einer Einmischung desselben und etwaiger Festsetzung an der deutschen Küste vorbeugen wollte. Christian leitete seinen Eintritt in die antikaiserliche Opposition dadurch ein, daß er sich zum Obristen des niedersächsischen Kreises ernennen ließ, was freilich nicht alle Stände guthießen, da es der Kaiser als Kriegserklärung von seiten der Kreisfürsten auffassen mußte. Er war ein Fürst tätigen Geistes, der alles großartig auffaßte und betrieb, Entdeckungsreisen in den äußersten Norden unternahm und gern sein Land zu der wirtschaftlichen Bedeutung Hollands erhoben hätte. Als Kriegsmann hatte er im Kampfe mit Schweden Ansehen erworben, und die Stände seines Landes waren bereit, ihn im Kriege reichlich zu unterstützen.

      Angesichts des sich im Norden erhebenden Feindes empfand es Kaiser Ferdinand bitter, daß er über kein eigenes Heer verfügte. Das ligistische, von Tilly geführte, stand unter dem Befehl Maximilians von Bayern; die Abhängigkeit von seinem ernsthaften Vetter drückte ihn mehr und mehr. Geld, sich ein Heer aufzurichten, hatte er nicht; auch in dieser Hinsicht war er auf den sparsamen Maximilian angewiesen. Da machte ihm ein böhmischer Edelmann das Anerbieten, aus eigenen Mitteln eine Armee für den kaiserlichen Dienst zu werben. Albrecht von Waldstein oder Wallenstein, von dem es ungewiß ist, ob er deutschen oder böhmischen Ursprungs ist, dessen Mutter aber sicherlich eine Böhmin war, und dessen Familie seit dem 13. Jahrhundert dem böhmischen Heeresstande angehörte, war von seinen Eltern im protestantischen Glauben erzogen, geriet aber nach deren frühem Tode unter den Einfluß der Jesuiten und wurde katholisch. Wie auch andere, die durch Zufälle zum Glaubenswechsel gedrängt wurden, war er gegen beide Bekenntnisse gleichgültig, überhaupt von Natur nicht religiös veranlagt. Nicht einmal das unbestimmte Gefühl der Abhängigkeit von einer höheren geistigen Macht, noch weniger das Gefühl der Verpflichtung gegen dieselbe, scheint ihn jemals bewegt zu haben; um so mehr bedeutete ihm das Schicksal, von dem er glaubte, daß es durch Kundige in den Sternen zu lesen sei. Seine kriegerische Laufbahn begann er in den Kämpfen gegen die Türken und gegen Venedig. Als der böhmische Aufstand ausbrach, trat er sofort für den Kaiser ein, und zwar mit einer Rücksichtslosigkeit, die selbst in jenem wilden und zügellosen Lande auffiel. Schon seine erste Ehe mit einer älteren Witwe scheint der junge Mann um des Reichtums willen geschlossen zu haben, den sie ihm zubrachte. Bei den Güterkonfiskationen nach der Schlacht am Weißen Berge, wo wertvolle Besitzungen an Ferdinands Günstlinge verschleudert wurden, bereicherte er sich noch mehr; er gehörte nun zu den reichsten Magnaten Böhmens. Auf die Herrschaft Friedland verlieh ihm Ferdinand den Herzogstitel.

      War Wallenstein raubsüchtig und machtgierig, so unterwarf er doch seine unbändigen Triebe einer großen Idee und überragte dadurch einen Mansfeld weit. Er wollte Macht, aber er wollte eine wohltätige, vernünftige Macht schaffen, die von ihm unabhängig dauern würde, wenn sie auch zunächst für ihn und durch ihn wirken sollte. Seine planende Seele, die magisch zum allergrößten Ziele gezogen wurde, richtete sich auf die Begründung der Kaisermacht. Man kann annehmen, daß er Ferdinand zu klar durchschaute, als daß er ihn für die Stellung, die ihm vorschwebte, geeignet hätte halten können; andererseits wird er kaum an die Möglichkeit gedacht haben, sich selbst zum Kaiser zu machen. In geheimnisvoller Weise war er dennoch eins mit seiner Idee, mit dem zu schaffenden Kaisertum; er war der Mittelpunkt, von dem aus sich das Traumbild gestaltete. Seltsam, daß der Fremdling im Reich, denn als solchen muß man ihn trotz der damaligen Verbundenheit Böhmens mit demselben ansehn, mit so mächtigem Drang und Verständnis das Schicksal der deutschen Nation ergriff. Auch war es weniger die mittelalterliche Überlieferung, die ihn bewegte, als das Beispiel Frankreichs und Spaniens, denen die Zusammenfassung der Macht in der Hand des Königs eine so augenscheinliche politische Überlegenheit verschaffte. Gerade weil er ein СКАЧАТЬ