Gesammelte Werke. Ricarda Huch
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Ricarda Huch страница 175

Название: Gesammelte Werke

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

Серия:

isbn: 4064066388829

isbn:

СКАЧАТЬ

      Es ist ein unseliges Verhängnis, daß unterdrückte Parteien sich einer feindlichen Übermacht meist nur mit ausländischer Hilfe erwehren können, die sich teuer zu verkaufen pflegt. Daher kommt es, daß oft diejenigen, die Befreier sein wollten, sich mit dem Vorwurf des Verrats beladen. Sowie nach dem Schmalkaldischen Kriege unter den deutschen Fürsten die Absicht sich regte, dem Kaiser entgegenzutreten, knüpften sie auch mit Frankreich an. Die Möglichkeit, ohne französisches Geld und französische Unterstützung selbständig vorzugehen, kam ihnen nicht in den Sinn. Die Hochzeit des Herzogs Albrecht von Preußen mit einer braunschweigischen Prinzessin gab den Anlaß zur Begegnung einiger norddeutscher Fürsten, die sich gegenseitig Hilfe gelobten, wenn sie der Religion wegen angegriffen würden: es waren außer dem Herzog Albrecht selbst Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg und Markgraf Hans von Küstrin, wozu später noch zwei andere kamen. Die Verbündeten mußten den Kurfürsten Moritz als Gegner betrachten; er hatte die Exekution der Reichsacht gegen das rebellische Magdeburg übernommen und sich dadurch neuerdings als Anhänger des Kaisers und Bedränger der Protestanten gezeigt. Als er vom Entstehen des Bundes erfuhr, legte er sich die Frage vor, auf welche Seite er sich stellen wollte. In der Politik kannte er einzig das Interesse seines Landes, das heißt seine Vergrößerung, und die Sicherung seiner Macht, für diesen Zweck hielt er jede Treulosigkeit für erlaubt. Ein anderes war seine persönliche Ehre. Es war ihm vielleicht gleichgültig, daß er im Volk der Judas von Meißen genannt wurde, daß die Stände des ehemaligen Kurstaates und seine eigenen ihm mißtrauten, daß ihm etwas Anrüchiges anhaftete; aber er hatte sich für die Freiheit seines Schwiegervaters verbürgt und hatte sein Wort gegeben, falls Philipp gefangengesetzt würde, sich in Kassel bei seinen Schwägern zur Gefangenschaft zu stellen: hier hielt er seine Ehre gebunden. Er fühlte sich verpflichtet, alles zu tun, um die Freiheit Philipps, der ihm noch dazu lieb war, zu erlangen. Die Beute hatte er in Händen; also konnte er nun wieder einen anderen Weg einschlagen. Daß der Kaiser ihm seine mehrfache Fürbitte für Philipp abschlug, brachte ihn auf; überhaupt fand er sich nicht genug von ihm berücksichtigt. Er hatte außer dem größten Teil des Kurstaates auch das Erzstift Magdeburg haben wollen und es nicht bekommen; hauptsächlich aber ärgerte ihn, daß der Kaiser den Ernestinern die fürstliche Würde gelassen hatte. Solange sie Reichsfürsten waren, fühlte er sich nicht ganz sicher in seinem neuen Besitz. Er argwöhnte und wohl nicht mit Unrecht, daß der Kaiser sich die Möglichkeit vorbehielt, ihm den gefangenen Johann Friedrich entgegenzustellen. Wäre er des Kaisers und seines Raubes ganz sicher gewesen, hätte er sich eher über die offenen und versteckten Vorwürfe seiner Glaubensgenossen hinweggesetzt; da das nicht der Fall war, genügte er zugleich seinem Vorteil und seiner Ehre, wenn er im Verein mit ihnen die Waffen gegen den Kaiser kehrte. Der Kaiser glaubte, ihn benützt zu haben; er wollte zeigen, daß er den Kaiser benützt hatte, um Kurfürst zu werden. Nachdem er den folgenschweren Beschluß gefaßt hatte, verständigte er sich zuerst mit seinem jüngeren Bruder August, dann mit seinen hessischen Schwägern, die bereits mit Frankreich in Verbindung getreten waren. Heinrich II., der Sohn und Nachfolger Franz I., erklärte sich nur unter der Bedingung bereit, den protestantischen Fürsten Hilfe zu leisten, wenn ihm Gewinn an Land und der Schutz der geistlichen Fürsten im Reich zugestanden würden. Das hätte die Verbündeten stutzig machen müssen: nicht nur einen Gebietszuwachs verlangte der König, er brachte ihnen selbst zum Bewußtsein, daß er ein katholischer Fürst war, der in seinem Lande die Protestanten verfolgte. Von seinem Vater, der zuweilen den Freidenker herausgekehrt hatte, konnten sich die Deutschen einreden, er werde die Reformation annehmen oder wenigstens dulden, Heinrich II. hatte von Beginn seiner Regierung an es sich angelegen sein lassen, die Ketzerei in seinem Lande auszurotten. Dieser Umstand war den Verschworenen unlieb, schreckte sie aber doch nicht ganz ab: für sie handelte es sich jetzt in erster Linie um die Libertät, das heißt um ihre Unabhängigkeit vom Kaiser. Die offenkundige Absicht Karls, die kaiserliche Gewalt zu stärken, eine Erbmonarchie zu gründen, machte sie zu seinen entschlossenen Gegnern. Sie beklagten sich gelegentlich, daß er ihnen das Recht, mit auswärtigen Mächten Bündnisse zu schließen, nehmen wolle. Man kann nicht sagen, daß sie dies Recht verfassungsmäßig besaßen, sicherlich nicht, wenn es gegen Kaiser und Reich gerichtet war; aber sie übten es aus und betrachteten es als zum Begriff der Souveränität gehörend. Im Februar 1552 kam nach mehreren vorbereitenden Versammlungen das Bündnis zwischen Heinrich II. einerseits und Moritz von Sachsen, Wilhelm von Hessen und Joh. Albrecht von Mecklenburg auf dem Schlosse Friedewald bei Hersfeld zum Beschluß. Es wurde darin festgesetzt, daß der König die Städte, die von alters zum deutschen Reich gehört »und nit deutscher Sprach sein«, nämlich Cambrai, Metz, Toul, Verdun »und was derselben mehr wären« einnehme und als Vikar des deutschen Reiches behalte, doch vorbehalten die Gerechtigkeit des Reiches. Weiter hieß es, weil der König in diesem Werk nicht allein wie ein Freund, sondern wie ein treuer Vater gehandelt habe, würden die Fürsten ihm zur Erlangung seiner ihm abgewendeten erblichen Possession helfen – womit auf Artois angespielt war – keinen Kaiser wählen, der ihm nicht wohlgefalle, und sich so mit ihm verständigen, daß er sie mit Land und Leuten auf ewig beschütze. Die Kriegführenden sollten unter des Königs Wappen ausziehen, auf dem stehen solle: vindex libertatis Germaniae et captivorum principum. In dem Manifest, das die deutschen Fürsten ausgehen ließen, um ihren Angriff zu rechtfertigen, klagten sie über die viehische Servitut, die der Kaiser habe Deutschland aufdrängen wollen und führten als Beweis das Verbot auswärtigen Kriegsdienstes an, das fremde Kriegsvolk, das der Kaiser ins Reich geführt hatte, den Ausschluß fremder Gesandter vom Reichstage und den Umsturz der städtischen Verfassungen. Zu dieser Sorgfalt für die Freiheit der Städte bekannte sich auch der Feind und Verfolger der Städte, Markgraf Albrecht Alcibiades, welcher übrigens den Krieg auf eigene Faust betrieb und auch ein besonderes Kriegsmanifest erließ, in dem er als Ziel angab, die übermäßige Gewalt der Bischöfe und Prälaten zu brechen, so nämlich, daß er die Stifte, die dem deutschen Adel zum Unterhalt dienten, nicht ausrotten, sondern reformieren, das heißt weltlich machen wolle. Da König Heinrich II. die deutschen Prälaten schützen wollte, konnte dieser Punkt nicht in das Programm der mit ihm verbündeten Fürsten aufgenommen werden, obwohl auch sie es auf einige Stifte abgesehen hatten. Albrecht Alcibiades erwähnte in seinem Manifest noch die von einem Spanier verfaßte Geschichte des Schmalkaldischen Krieges, worin von den Deutschen in herabsetzender Weise die Rede sei: »Da sollte ja jedem ehrliebenden Deutschen das Herz erkalten … daß die Deutschen, die edelste und fürnehmste Nation der ganzen Christenheit also mit Unwahrheit abkonterfeit, als ob sie irgendeine barbarische, unbekannte Nation und darin ehrliche, mannhafte und adelige Tugenden unbekannt wären.« Es wäre falsch, den Landesverrat der Fürsten damit entschuldigen zu wollen, daß Bündnisse mit fremden Mächten damals im Reich als zulässig gegolten hätten: die Fürsten wußten, daß sich der Vorwurf gegen sie erhob, sie führten Franzosen und Türken ins Reich und verwahrten sich dagegen. Einzig das entlastet sie, daß der Kaiser die Deutschen mit spanischer Macht bezwungen und vergewaltigt hatte und durch seinen Sohn den spanischen Einfluß auf Deutschland noch verstärken wollte.

      Die nun wieder vermehrte Türkengefahr richtete sich wie immer hauptsächlich gegen Österreich, und deshalb wünschte Ferdinand um jeden Preis Frieden mit den Protestanten, damit das Reich ihm Hilfe leiste. Überhaupt zeigten sich nun die üblen Folgen, die Karls Absicht, seinem Sohne das Kaisertum zu verschaffen, für ihn hatten; die Entfremdung der Brüder, die dadurch eingetreten war, ging so weit, daß manche glauben konnten, Ferdinand habe sich im Kriege auf die Seite der Protestanten gestellt. War das auch nicht der Fall, so vermittelte er doch, anstatt sie anzugreifen. Zuerst versuchte er den Kaiser zu bewegen, daß er Philipp aus der Gefangenschaft entlasse, auch Moritz und die anderen Fürsten taten noch einmal darauf bezügliche Schritte. Daß der Kaiser unerbittlich blieb, gab ihnen das Zeichen zum Losschlagen. Heinrich II. zog auf Metz, Toul und Verdun, Albrecht Alcibiades warf sich auf die fränkischen Bistümer, Sachsen und Hessen führten ihre Truppen nach dem Süden; der Kaiser hielt sich in Innsbruck auf. Es ist bemerkenswert, daß einige große Städte, nämlich Frankfurt, Ulm, Nürnberg, Straßburg sich Moritz nicht anschlossen; Frankfurt und Ulm widersetzten sich standhaft der Belagerung. Das Mißtrauen gegen Moritz und der Unwille gegen Albrecht Alcibiades waren in diesen Kreisen so lebhaft, daß sie, obwohl in der städtischen Bevölkerung die evangelische Überzeugung am aufrichtigsten und opferwilligsten war, es vorzogen, dem Kaiser treu zu bleiben. Während Ferdinand die Vermittelungsversuche fortsetzte, СКАЧАТЬ