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ihre Schwächen und hatte Verständnis für ihre Vorzüge; er konnte bis zu einem gewissen Grade traulich mit ihnen verkehren und reden, seit er in den späteren Jahren sich an die deutsche Sprache gewöhnt hatte. Ihr großes überschwengliches Saufen, wie die Tadler es nannten, war ihm widerwärtig, und es kam vor, daß er sie ersuchte, sich zu mäßigen. Wie gemein erscheinen neben ihm seine beiden Nebenbuhler, Franz I. und Heinrich VIII., die zwar begabt waren, aber in der Hauptsache ihre hohe Stellung benützten, um sich zügellos ihren sinnlichen Leidenschaften hinzugeben. Es war ihm immer gegenwärtig, daß er nicht sich allein, sondern das Reich und die höchste Würde der Christenheit darstellte. Es ist begreiflich, daß er junge Menschen bezauberte. Er seinerseits war empfänglich für die Huldigung der Jünglinge, die seine Söhne hätten sein können, wenn er sie auch zugleich oder in erster Linie bei seinen politischen Berechnungen verwendete. Moritz von Sachsen entschädigte ihn dafür, daß es ihm nicht gelang, den Schmalkaldischen Bund zu sprengen. Um das zu erreichen, gab Karl an, er führe keinen Glaubenskrieg; er wolle nur die Ungehorsamen strafen. An Gründen dazu fehlte es nicht, waren doch die gewaltsame Zurückführung Ulrichs von Württemberg in sein Land und die Vertreibung des Herzogs Heinrich von Braunschweig, beides von Philipp von Hessen durchgesetzt, offenbare Landfriedensbrüche. Indessen auch wenn der Papst nicht gleichzeitig erklärt hätte, er verbinde sich mit dem Kaiser, um die Häresie auszurotten, hätten die Protestanten sich doch nicht irreführen lassen: sie wußten, daß es um ihren Glauben und die mit ihm verbundenen weltlichen Interessen ging und hielten in der Hauptsache fest zusammen. Hessen und Kursachsen, die hauptsächlich Betroffenen, rüsteten mit Nachdruck, und die übrigen Bundesglieder leisteten ihre Beiträge, auch die oberdeutschen Reichsstädte erklärten zu des Kaisers Enttäuschung, für das Wort Gottes Gut und Leben einsetzen zu wollen. An der Spitze eines starken Heeres erklärten Philipp von Hessen und Johann Friedrich von Sachsen dem Kaiser feierlich den Krieg, was er mit ihrer Ächtung beantwortete. Allein den großartigen Vorbereitungen entsprachen die Taten der Evangelischen nicht; es war, als ob eine Verblendung die Heerführer befallen hätte. Sie unterließen es, den von den Niederlanden und Italien her heranrückenden kaiserlichen Truppen den Weg zu verlegen und mit ihrer weit überlegenen Macht den in Regensburg fast ungedeckten Kaiser zu bedrängen, eine Entschlußlosigkeit, die sich daraus erklären läßt, daß das Bewußtsein, gegen ihren Kaiser zu fechten, die Fürsten lähmte. Beide hatten sich ungern und erst spät, als die Absichten Karls nicht länger verkannt werden konnten, zum Angriff ein Herz gefaßt. Trotz der seltsamen Ratlosigkeit seiner Feinde hatte der Kaiser, der in der Gegend von Ulm stand, noch keinen entscheidenden Vorteil errungen; da schlug wie ein vernichtender Blitz der Verrat des Herzogs Moritz in die Reihen der Verbündeten: er überfiel das Land seines Vetters als Vollstrecker der kaiserlichen Acht, indem er erklärte, daß dadurch die Rechte des Hauses Sachsen besser gewahrt würden, als wenn ein fremder Fürst es täte. Es ist anzunehmen, daß sein Vorgehen auf einer von Anfang an mit dem Kaiser getroffenen Verabredung beruhte. Schon öfters war mit dem Beginn der Reformation der Gedanke aufgetaucht, der Kaiser könne den Ernestinern, unter deren Schutz Luthers Rebellion sich vollzogen hatte, die Kurwürde nehmen; möglicherweise hatte lange schon eine solche Möglichkeit den jungen ehrgeizigen Albertiner beschäftigt. Die Aussicht, Johann Friedrichs Land und Würde an sich bringen zu können, ließ ihn jedes sittliche Bedenken hintansetzen; er redete sich ein, nur das zu tun, was sonst ein anderer täte. Freiheit des Bekenntnisses für sein Land ließ er sich gewährleisten. Gleichzeitig mit Moritzens Einfall in Kursachsen erklärte der Kaiser förmlich die Übertragung der Kur auf die albertinische Linie. Schwungvolles, straffes Handeln hätte die Verbündeten immer noch retten können; anstatt dessen herrscht Zerfahrenheit auf allen Seiten. Johann Friedrich verließ den Süden, um sein Land zurückzuerobern, was ihm auch dank der Treue seines Volkes gelang, Philipp von Hessen folgte ihm; die preisgegebenen oberdeutschen Städte wußten keinen anderen Rat, als sich gegen Sicherung ihres Glaubens dem Herrscher zu unterwerfen. Karl begnügte sich mit großen Geldbußen und der Demütigung der stolzen Kommunen; auch Jakob Sturm von Straßburg, der das Recht des neuen Glaubens so schneidig durchgekämpft hatte, mußte die Knie beugen. Obwohl furchtbar unter der Gicht leidend, zog der Kaiser, nachdem der Süden beruhigt war, gegen Sachsen und erreichte Ende April 1547 die Elbe bei Mühlberg, wohin Johann Friedrich sein Heer geführt hatte in der Hoffnung auf Beistand von den protestantischen Böhmen. Auch hier wieder wurde von seiten der Evangelischen das Naheliegende und Notwendige unterlassen; in diesem Falle, dem Feinde den Übergang über die Elbe zu wehren. Teils sächsische Schiffsbrücken benützend, teils durch eine Furt überschritt das gesamte kaiserliche Heer den Strom, verfolgte die nach Torgau zu Fliehenden und nahm den Kurfürsten gefangen. Der Kaiser hatte einen vollständigen Sieg errungen, den ein Erfolg der Protestanten im Norden nicht abschwächen konnte; auch Landgraf Philipp unterwarf sich auf Gnade und Ungnade, nachdem ihm die Vermittler, der Kurfürst von Brandenburg und der neue Kurfürst von Sachsen, Philipps Schwiegersohn, zugesagt hatten, daß er nicht in Gefangenschaft gehalten werden sollte. Es lag dem Kaiser daran, diesen Fürsten, der so unzuverlässig, so übermütig, so respektlos war, für immer unschädlich zu machen: er mußte eine bedeutende Strafsumme zahlen, alle festen Plätze mit wenigen Ausnahmen ausliefern, vom Schmalkaldischen Bunde zurücktreten, jeweils Türkenhilfe leisten und das Reichsgericht anerkennen. Daß der Kaiser die beiden letztgenannten Bedingungen allen auferlegte, ist ein Zeichen, wie wichtig diese Punkte ihm waren. In Halle, wo der Kaiser sich aufhielt, wurden dem Landgrafen, nachdem er den Fußfall geleistet hatte, die Todesstrafe, die der Geächtete eigentlich verdient hätte, und ewiges Gefängnis förmlich erlassen. Auf den Abend war er mit den beiden Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen vom Herzog von Alba zu Tisch geladen. Als sie aufbrechen wollten, forderte ihm Alba das Schwert ab und behielt ihn als Gefangenen zurück. Fast mehr als er selbst erschraken die beiden Kurfürsten, die sich für seine Freiheit verbürgt hatten. Sie hatten des Kaisers Verhalten, der nichts Bindendes versprochen, überhaupt eine bestimmte Äußerung über etwaige Gefangenschaft des Landgrafen vermieden hatte, in einem für sie günstigen Sinne ausgelegt und fühlten sich nun Philipp gegenüber entehrt.
Auf dem Reichstage zu Augsburg, den Karl nach Beendigung des Krieges berief, trat er als wahrer Kaiser auf, wie er im Beginn seiner Regierung es sich vorgenommen hatte. Schwäche und Verrat der Protestanten hatten es ermöglicht; aber das meiste hatten dazu getan sein diplomatisches Geschick, seine Beharrlichkeit, seine unermüdliche Tatkraft. Er ließ den Sieger in seinem Auftreten spüren, ganz konnte er das Triumphgefühl, das ihn beseelte, nicht unterdrücken und wollte es wohl auch nicht. Unschön stach dagegen ab das Benehmen der drei weltlichen Kurfürsten, die sich den üblichen Gastereien hingaben; Moritz belustigte sich außerdem durch Liebeshändel. Zeigte sich Karl als strenger Herrscher, so daß er einen Obersten, der dem König von Frankreich Truppen zugeführt hatte, während des Reichstags enthaupten ließ, eine Warnung an die Mietlinge Frankreichs, verfuhr er doch in bezug auf die Religion nicht so durchgreifend, wie der Papst und viele Altgläubige von ihm erwarteten. Paul III., der gottlose Farnese, wie seine Feinde ihn nannten, hatte bereits im Sommer seine Truppen zurückgezogen aus Wut, daß der Kaiser den unterworfenen Städten den Glauben gelassen hatte. Dann verlegte er das Konzil, das bereits die evangelische Lehre mit Stumpf und Stiel verdammt hatte, von Trient nach Bologna, was den Kaiser erzürnte. Allerlei italienische Händel, Übergriffe des eroberungssüchtigen Papstes betreffend, führten zu einer solchen gegenseitigen Erbitterung, daß Paul III. sich wieder mit Frankreich einzulassen begann. Die Forderung des Kaisers, das Konzil nach Trient zurückzuverlegen, lehnte er ab und gab ihm dadurch Anlaß, die Ordnung der religiösen Fragen selbst in die Hand zu nehmen. Zunächst berief er einen Ausschuß aus den Ständen, der es zu keinem Beschluß brachte; Bayerns Kanzler Leonhard von Eck verlangte schlechtweg Wiederherstellung des katholischen Glaubens in ganz Deutschland. Wieder gab Uneinigkeit dem Kaiser Ursache, als Diktator zu handeln. Er ging dabei immer noch von der Idee der Vermittlung aus, benützte die vorhergegangenen Unionsversuche und berief zu Vorschlägen den Naumburger Domherrn Julius von Pflug, der schon mehrfach die katholische Partei im vermittelnden Sinne vertreten hatte, und den Brandenburger Pfarrer Agricola, Luthers einstigen Freund und Feind, der eine schwärmerische Verehrung für den Kaiser gefaßt hatte. Das Buch Interim, das entstand, ließ allerdings den Protestanten nicht viel mehr als die Priesterehe und das Abendmahl in beiderlei Gestalt, auch das nicht unbedingt und nur bis zur endgültigen Entscheidung durch das Konzil. Die Evangelischen waren tief enttäuscht, da nur ihnen etwas auferlegt worden war, während sie gehofft hatten, auch
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