Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte. Louise Otto
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Название: Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte

Автор: Louise Otto

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9788027204908

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СКАЧАТЬ in ihm gefunden hat.

      Und wenn wir von der Selbsthilfe der Frauen reden, so ist es wohl am Orte hier einen Blick auf die Gestaltung derselben wie der ganzen Frauenfrage seit den letzten Jahrzehnten zu werfen.

      Als zu Anfang der dreißiger Jahre eine französische Frau Aurora Dudevant, unter dem Namen Georges Sand, ihre in glühender Sprache geschriebenen Romane gleich Brandraketen in die Welt sandte, die halb verblüfft, halb staunend und halb mäkelnd die neue Erscheinung betrachtete – und als dann später in Deutschland einige Schriftstellerinnen sie nachzuahmen suchten, ohne nur entfernt dem Flug eines Genius folgen zu können, dessen Schwingen sie nicht besaßen – da kam mit der Redensart auch die ganze Frage von der Emancipation des Weibes in Mißkredit und jeder über die enggezogenen Grenzen des Familienlebens hinausstrebenden Frau blieb beinahe nichts übrig, als sich zuerst feierlich zu verwahren zu jenen Emancipirten zu gehören. Damals waren die Bestrebungen der Frauen rein persönlich, sie galten nur der individuellen Freiheit. Die Abhängigkeit der Frauen von den Männern, namentlich in der Ehe, der Widerspruch der hergebrachten Sitten mit der wahren Sittlichkeit, die Ungleichheit der Rechte, in welcher die Frauen nicht allein der bürgerlichen Gesetzgebung gegenüber, sondern auch vor dem Richterstuhl der herrschenden Begriffe von Moral und Pflicht erscheinen – und all' die aus dem Widerspruch der Regungen des Herzens und der Natur mit den üblichen Gebräuchen und bestehenden Anordnungen entspringenden tragischen Conflicte – dies waren damals die Motive, welche die Frauen mit ihrer Persönlichkeit oder mit ihrer Feder oder mit beiden zugleich auf den öffentlichen Kampfplatz hinaustrieben, auf dem allein derartige Fragen zu lösen sind. Es war ein Kampf der mehr durch das Interesse der eignen Persönlichkeit als durch eines an der Allgemeinheit angeregt war und der darum auch mehr mit den Waffen der Eitelkeit als der Begeisterung geführt war und mehr darauf hinauslief diese Persönlichkeit selbst in den Vordergrund zu drängen, statt sie im Dienst der Allgemeinheit freudig zu vergessen oder aufzuopfern. Es war ein Dienst der Subjectivität, wie er damals keineswegs allein bei den sich damit in den Vordergrund drängenden Frauen, sondern auch bei den Männern im Leben und in der Literatur der Grundzug der ganzen Bewegung war, deren Frische eben darum in Keckheit, ja theilweise in Frechheit ausartete, so daß sie damit der Sache schadete, sie in Mißkredit brachte und nur dadurch schließlich nützte, daß sie zum warnenden Beispiel ward, vor welchen Elementen man sich künftig zu hüten habe, um die Fahne des Fortschritts nicht in unreinen Händen und durch diese selbst in den Staub gezogen zu sehen.

      Es war im Jahre 1844, als in den von Robert Blum redigirten »Sächsischen Vaterlandsblättern« die Frage aufgeworfen ward: »Haben die Frauen ein Recht zur Theilnahme an den Interessen des Staates?« Damals schrieb ich meinen ersten Zeitungsartikel und beantwortete die Frage so: »Die Theilnahme der Frauen an den Interessen des Staates ist nicht allein ein Recht, sie ist eine Pflicht der Frauen.« Ich unterschrieb den Artikel: »Ein sächsisches Mädchen,« und sandte ihn zitternd ab. Als es geschehen war – ich hatte sonst noch nichts als meinen Erstlingsroman veröffentlicht und schrieb nebenher in den von Ernst Keil redigirten »Wandelstern« unter dem Namen Otto Stern, auch nur den männlichen Pseudonymen wählend, weil eine Schriftstellerin damals kaum wagen durfte Politik und Kritik zu treiben, wie ich daselbst that – als es geschehen war, wußte ich in der That nicht, ob ich ein Verbrechen oder eine Heldenthat begangen, ich wußte nur: daß ich nicht anders gekonnt hatte. Der Artikel erschien mit einer öffentlichen Aufforderung begleitet: mehr in diesem Sinne zu schreiben – ich that es dort wie in Blum's Taschenbuch »Vorwärts« und nannte mich nun. – Was ist nun heutzutage dabei, wenn ein weiblicher Name, sei seine Trägerin nun jung oder alt, in einer politischen Zeitschrift unter den Mitarbeitern steht? Damals ward es aber allerdings aufgefaßt von der einen Seite wie ein Verbrechen und von der andern wie eine Heldenthat! Fast nie hab' ich so viele Briefe von Fremden voll Zustimmung erhalten wie damals, fast nie aber auch so viele Vorwürfe, Warnungen, Mahnungen von Freund und Feind. Ich war ein junges verwaistes Mädchen und hatte wohl in den Kreisen meiner Kleinstadt wie der nahen Residenz immer für etwas »überspannt« gegolten und das rettete meinen »Ruf« – als »Unglück« aber ward es doch betrachtet, daß ich mich um öffentliche Angelegenheiten bekümmerte – Tendenzromane schrieb und politische Gedichte als »Lieder eines deutschen Mädchens« herausgab. – Und als die politische Bewegung von 1848 eine neue Aera heraufzuführen schien, da war natürlich auch die Bewegung der für die Zeit empfänglichen Frauen eine politische. Zur Zeit der Befreiungskriege von der Fremdherrschaft vor funfzig Jahren hatte unter den Frauen schon eine ähnliche Begeisterung geherrscht, ein ähnliches Heraustreten Einzelner für die Sache der Allgemeinheit: damals war es geschehen auf Grund des Patriotismus – 1848 geschah es auf Grund der Politik, der Demokratie. War auch der größte Theil der Frauen auf der Seite jener Fanatiker der Ruhe, welche den Sieg der Freiheitsbestrebungen fast viel mehr erschwerten, als selbst die erbittertsten Gegner derselben, und rächte es sich dadurch furchtbar, daß man die Frauen und selbst seitens der dem Fortschritt huldigenden Männer von aller Theilnahme an den politischen Angelegenheiten des Tages ausgeschlossen und sie im Indifferentismus und in Unwissenheit erhalten hatte – so fanden sich doch unzählige begeisterte Frauen, welche der Sache der Demokratie dienten und zugleich für die eigenen, d.h. die weiblichen politischen Rechte das Wort und die Feder ergriffen. Die Sache der Frauen und ihre Stellung war eine Partei-Angelegenheit geworden und es gab kein vereintes weibliches Wirken, das nicht im Dienste einer Partei geschehen wäre. Da und dort entstanden demokratische Frauenvereine, die namentlich zur Zeit der niedergeworfenen Erhebung noch voll schöner Hingebung Gutes und Großes unter eigenen Gefahren wirkten. Aber eben darum wurden diese Frauenvereine nur zu bald gewaltsam aufgelöst und damit waren Angesichts der immer mehr hereinbrechenden und immer mehr die Gemüther niederdrückenden Reaction, auch alle die Bestrebungen und Interessen wieder verschwunden, an die auch das weibliche Geschlecht sich mit erwachendem Bewußtsein freudig hingegeben hatte. Erging es doch unter der Männerwelt nicht besser – wie hätten die Frauen dem allgemeinen Schicksal, das auf Allen lastete, sich entziehen sollen? – Ich selbst hatte unter den Einflüssen der politischen Bewegung eine »Frauenzeitung« (von 1849–52) redigirt, welche das Motto trug: »Dem Reich der Freiheit werb' ich Bürgerinnen!« – wer sie nachlesen wollte, könnte sich überzeugen, daß man von Vielem, was jetzt wie etwas Neues diskutirt wird, sagen könnte: Dies Alles war schon einmal da! Auch sie fiel natürlich der Reaction zum Opfer. Aber schon damals oder vielmehr noch früher, schon vor 1848 – und dann erst recht – hatte ich eingesehen, daß, wie damals der socialistische Ausdruck lautete: auch die Frauenarbeit organisirt werden müßte. Ich hatte Einiges im Dienst des Socialismus, besonders der weiblichen Arbeiterinnen (in Keil's »Leuchtthurm,« außerdem einen Roman »Schloß und Fabrik,« der anfänglich confiscirt ward) geschrieben und es erschien eines Tages eine Arbeiterdeputation bei mir, um mir ihre Zustimmung zu erkennen zu geben. Es waren Setzer und sie baten mich, in einer von ihnen eben gegründeten (1847) Zeitschrift »Typographia« mitzuschreiben. Ich that es und that es noch weit mehr, als sie sich 1848 in die erste »Arbeiterzeitung« umwandelte. Ich vertrat unter ihnen die Interessen meines Geschlechts. Als in Dresden unter dem Ministerium Oberländer eine Arbeitercommission zusammentrat, richtete ich an dieses und sie, wie an alle Arbeiter eine »Adresse eines Mädchens,« in welcher ich an das Elend und die Gefahr der Schande erinnerte, in welcher das weibliche Geschlecht schwebt, wenn es ohne Gelegenheit zu lohnender Arbeit ist und schloß mit den Worten: »Glauben Sie nicht, meine Herren, daß Sie die Arbeit genügend organisiren können, wenn Sie nur die Arbeit der Männer und nicht auch die der Frauen mit organisiren,« – ich rief die Arbeiter auf, abzulassen von der Verblendung, mit der einige von ihnen die Mädchen aus den Fabriken und Gewerben und damit in die Schande jagten und fügte hinzu: »Und wenn man überall vergessen sollte an die armen Arbeiterinnen zu denken – ich werde sie nicht vergessen!« Und ich fand überall ein williges Ohr, bei dem Minister sowohl wie bei einigen Mitgliedern jener Commission und vor Allem bei den Arbeitern selbst, die mir auch dazu die Spalten ihrer Zeitung öffneten und auch sonst vertrauten. Immerhin war es ein harter Kampf, zumal in Sachsen, wo von Gewerbefreiheit noch keine Spur war und der Zunftzwang überall hemmend entgegentrat. Wie viel Tinte hab' ich nicht allein im Interesse der Schneiderinnen verschrieben, die vorerst von den Schneidern angelernt wurden, und bei denen dann alle Augenblicke die Schneider einmal Haussuchung hielten und die vorgefundene Arbeit confiscirten, weil jene nur auf Arbeit in die Häuser gehen durften! Die Schneider, obwohl sonst immer nur dem Fortschritt СКАЧАТЬ