Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte. Louise Otto
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Название: Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte

Автор: Louise Otto

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027204908

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СКАЧАТЬ zu erfüllen, ohne vorher darauf vorbereitet zu sein. Indeß geschieht diese Vorbereitung auch meist gar nicht, höchstens durch die Praxis und Empirie des Zufalls da, wo ein erwachsenes Mädchen noch kleine Geschwister bekommt oder wo es einer älteren Schwester in der Pflege der Kinder beisteht. Es herrscht eben auch hierbei die ganze Planlosigkeit der weiblichen Erziehung: Alles wird den Zufälligkeiten der Verhältnisse überlassen, ein leitendes Princip ist nirgend zu entdecken. Im Allgemeinen verläßt man sich auf den Grundsatz: wem der Himmel ein Kind giebt, dem giebt er auch die Fähigkeit es zu erziehen – und die Erfahrung lehrt doch oft genug gerade das Umgekehrte! Das erste Kind einer Mutter ist, wie Virchow sagt, gewöhnlich ihr »Probekind,« sie lernt erst an ihm, wie man ein Kind zu pflegen und mit ihm umzugehen hat, sie tastet bei seiner körperlichen und geistigen Pflege ganz im Unklaren umher – und am Ende läßt auch sie den Zufall entscheiden, sich vielleicht damit tröstend, daß die hilflosen Kleinen in Gottes besonderer Obhut stehen!

      Fern sei es trotzalledem, daß wir uns etwa selbst so widersprechen und nun mit Göthe sagen wollten, man solle die Mädchen zu Müttern erziehen, nachdem wir gleich Anfangs erklärt haben, daß die Hälfte der Mädchen das niemals werde, worauf man allein sie anweisen wolle und daß es Barbarei sei etwas, was möglicher Weise niemals erreicht werde, als einziges Lebensziel hinzustellen. Wir wollten nur zeigen, daß man in der Gegenwart die Mädchen eigentlich auf gar nichts vorbereitet, nicht einmal auf das, was man ihre »Bestimmung« nennt und womit man sich entschuldigt, daß sie auf nichts Anderes vorbereitet werden.

      Wir aber halten es für Pflicht jeder Familie, die Mädchen so gut wie die Söhne vor allen Dingen zuerst zu brauchbaren, guten und edlen Menschen zu erziehen und dazu nicht den Einen die Mittel zu versagen, die man den Andern gewährt.

      Jedes liebende Paar hat die moralische Verpflichtung, nicht eher eine Familie zu gründen, bis es gewiß ist über die Mittel verfügen zu können, sich selbst und andere Glieder dieser Familie zu erhalten. Dazu bedarf es keiner Reichthümer, keines Kapitals, das oft nur zu bald in alle Winde verflattert – dazu bedarf es nur des Willens für und miteinander zu arbeiten, irgend einer für die Bethätigung dieser Arbeitskraft gewonnenen Basis und des Entschlusses, seine Bedürfnisse nach seiner Arbeitskraft zu richten, und es wird gelingen nicht nur selbst sich in einer menschenwürdigen Existenz zu behaupten, sondern auch die Kinder zu einer solchen zu erziehen. Dies Ziel wird natürlich um so eher erreicht werden, wenn nicht allein der Mann erwirbt, sondern wenn die Frau ihm mit erwerben hilft, wenn die Arbeit fort und fort das Grundprincip des Hauses bleibt und keine müßigen Hände in ihm geduldet werden.

      Und so, wenn wir es zur Pflicht einer jeden Familie machen, nicht nur ihren Söhnen, sondern auch ihren Töchtern durch Erziehung und Vorbildung zu irgend einem sie nährenden Beruf eben sowohl den idealen Aufschwung eines selbstbewußten Strebens als die Beruhigung zu geben, sich selbst durch eigne Kraft Unterhalt und Stellung im Leben erringen zu können, ohne beides fortgesetzt Andern danken zu müssen, werden sich auch die Zustände bald so gestalten, daß die Frauen ausreichend Gelegenheit finden, das zu bethätigen, wozu sie erzogen sind.

      Die Familien sind es ja, welche den Grundpfeiler der socialen Ordnung und des Staates bilden – was in ihrem Schoos beschlossen worden, zur Geltung gekommen ist, das gelangt auch allmälig in den herrschenden Zuständen zur Geltung, und wir werden in dem Folgenden sehen, wie die schon erwähnten Unzulänglichkeiten des weiblichen Erwerbs allmälig zu überwinden sind, wie die Frauen zur Selbsthilfe schreiten und wie ihrer Arbeitskraft immer neues Terrain erobert wird.

      IV. Selbstständigkeit

       Inhaltsverzeichnis

       Selbst stehen, sich selbst bewachen, selbst ernähren. Rettung des wahrhaft Weiblichen. Aufhebung der Geschlechtsvormundschaft.

      Selbstständig kann schon dem Sprachgebrauch nach nur sein, wer selbst zu stehen vermag, d.h. wer sich selbst auf seinen eigenen Füßen und ohne fremde Beihülfe erhalten kann.

      Den Frauen zu dieser Art der geforderten Selbstständigkeit zu verhelfen ist der wichtigste Schritt – für alles Uebrige brauchen wir dann kaum noch weitere Forderungen zu stellen, kaum zu kämpfen – es wird von selbst folgerichtig kommen.

      Freilich werden sich durch den Grundsatz, der jede Frau für selbstständig erklärt, welche die Fähigkeit besitzt sich selbst zu ernähren, – ein Grundsatz, der sich ganz von selbst durch die erweiterten Gelegenheiten, von einer solchen Fähigkeit immer besseren Gebrauch zu machen, in das bürgerliche Leben einführen wird, – auch die bürgerlichen Gesetze modeln müssen. Denn – diese gebieten nicht über die Verhältnisse, sondern sie unterliegen ihnen: d.h. wenn der Fortschritt mächtig genug geworden, neue Gesetze und Gerechtsame für diese und jene Einrichtung zu erheischen, werden dieselben auch in's Leben gerufen, nicht durch brutale Willkür, sondern durch den gereiften Volkswillen, der das überlebte Alte nicht mehr duldet und das bessere Neue zur Geltung bringt, wenn auch langsam und kämpfend, nur Schritt vor Schritt, das neue Gebiet erobernd. So gut wie der Zunftzwang allmälig überall fiel, als er sich überlebt hatte und die Gewerbefreiheit an seine Stelle trat, so gut wie überall die Zollschranken fallen, so gut werden auch alle die Schranken allmälig beseitigt werden, welche jetzt noch die Frauen in ihrer Selbstständigkeit, in ihren Rechten beschränken, sobald man nur einmal eingesehen hat, daß die Frauen verdienen selbstständig zu sein, weil sie es sein wollen und durch eigene Kraft sich schon dasjenige Maaß davon selbst errungen haben, das man ihnen nicht gewaltsam vorenthielt. Und so wird sich vorerst auch die Stellung der Frauen im täglichen Verkehr etwas anders gestalten müssen, als sie jetzt im Allgemeinen noch ist.

      Wir haben uns dabei mehr mit den gebildeteren Ständen zu beschäftigen. Denn nur in ihnen gilt es noch häufig als Norm, daß ein junges Mädchen stets unter den Augen der Mutter leben müsse, daß es nicht ohne ihre oder irgendwelche Begleitung eines älteren Wesens sich auf der Straße zeigen dürfe; auch von der verheiratheten Frau wird es häufig unpassend gefunden, wenn sie ohne Beisein ihres Mannes mit andern Männern redet oder für sich allein spazieren geht, selbst die Wittwe, selbst das alternde Mädchen erregen Befremden, wenn sie es wagen, allein spazieren, in irgend ein Conzert, wo man ohne Sperrsitz Platz nehmen muß, oder in irgend ein öffentliches Gartenlocal zu gehen, und das Alleinreisen der Damen ist erst seit neuester Zeit – Dank dem Beispiel der in dieser Beziehung vorurtheilslosen Engländerinnen und den gar zu vermehrten Reisegelegenheiten! – nichts ganz Unerhörtes mehr, wird aber von vielen Seiten noch immer bedenklich gefunden. Man läßt es allenfalls gelten, wenn eine Dame allein von Süd- nach Norddeutschland oder umgekehrt reist, um daselbst Bekannte zu besuchen oder mit irgend einem bestimmten Zweck – daß sie aber allein reist um zu reisen, eine Rhein-, Schweiz-, oder welch andre Gebirgsreise immer zu machen, das findet man eben nicht sehr passend. Soll die Verwunderung darüber nur ausdrücken, daß es langweiliger sei eine Vergnügungsreise allein zu machen als an der Seite eines befreundeten Wesens, so müßte man auch über den Mann sich wundern, der eine solche Reise allein unternimmt – aber das geschieht durchaus nicht. Und dabei sollte man doch bedenken, wie gerade unter Männern die Kameraderie so viel leichter ist wie unter Damen, wie viel schneller zwei Männer sich ohne gêne zusammenfinden und sich aneinander schließen als Damen, denen schon das angeborne Zartgefühl nicht gestattet z.B. ein Zimmer mit einer Dame zu theilen, die nicht ihre intimste Freundin ist u.s.w. Wozu noch kommt, daß es wenigstens zur Zeit noch viel weniger selbstständige Damen giebt als Männer, welche die Mittel zu einer Vergnügungsreise erübrigen können – Mittel, nicht groß genug um etwa eine Begleiterin frei zu halten – und daß darum auch viel seltener zwei befreundete Damen zugleich Reisepläne und noch dazu dieselben haben, wie zwei befreundete Männer. Und doch giebt es kein reineres, kein zugleich dauernderes Vergnügen als das, welches eine Reise zu gewähren vermag. Denn die schönen Eindrücke, die wir durch die Wunder der Natur und die Werke der Kunst empfangen, bleiben uns für's Leben und die Erinnerung daran wird durch nichts getrübt, wie es so oft die Erinnerungen an СКАЧАТЬ