Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte. Louise Otto
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Название: Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte

Автор: Louise Otto

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027204908

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СКАЧАТЬ die Summe erreicht, die ihre Brüder in Wirthshäusern oder für andere Dinge verschleudern, die eben so überflüssig sind und oft noch zweckloser, die aber den Männern zu Gute gehalten werden, indeß man jede Frau verachten würde, die so leichtsinnig ihr Geld hinwürfe und Schulden machte. Dies ist auch ein sehr wichtiger Punkt.

      Das leichtsinnige Schuldenmachen der Studenten z.B. wird für Nichts geachtet und gilt wohl bei ihnen selbst als ein geniales Unterscheidungszeichen vom Philister, als ein Freisein vom Zwang des Zopfes – indeß es in Wahrheit wie so Manches im Studententhum nichts Anderes ist als ein Rest mittelalterlicher Rohheit. Als vor Jahrhunderten die Studenten mit dem Degen an der Seite durch die Straßen schritten, Jeden zur Seite stießen, der ihnen auf »den breiten Steinen« nicht respektvoll auswich oder mit Sporenstiefeln niedertraten, wer ihnen gerade in den Weg kam, den niederstachen, der ihnen widersprach oder ihre Unziemlichkeiten rügte, als sie alle gute Sitte und allen Anstand verhöhnten und für den ruhevollen Bürger den Spitznamen »Philister« aufbrachten: – damals machten sie allerdings weniger Schulden wie jetzt, weil sie sich gleich für berechtigt hielten auf Anderer Kosten zu leben, es für geziemend galt, andere ehrliche Leute zu betrügen, für eine Bravour, sich wohl gar das ohne Umstände zu rauben, was man gerade begehrte und sich dann der Genialität seiner Einfälle und Kunststückchen zu rühmen. Davon ist nun noch etwas am Studententhum hängen geblieben, nur daß man sich doch auch darin wie in andern Dingen einigermaßen cultivirt hat. Bei den Handwerkern, Wirthen und andern »Philistern« werden Schulden gemacht mit der guten Absicht sie dereinst zu bezahlen, öfter in der Voraussetzung, daß der »Alte« sie bezahlen werde. Im Allgemeinen geschieht dies Schuldenmachen mit der alten Rücksichtslosigkeit gegen die Gläubiger, wie gegen die eigne Familie. Die jungen Männer sind selten, die sich die Sorgen der Ihrigen vergegenwärtigen, an die Entbehrungen denken, die durch ihren Leichtsinn und ihre Verschwendung die übrigen Glieder der Familie sich auferlegen müssen – noch viel seltener aber sind diejenigen, welche auch daran denken, welches Unrecht sie an ihren Gläubigern thun, wie schon manche rechtliche Handwerkerfamilie in die größten Sorgen, ja an den Bettelstab gekommen durch zu gutmüthiges oder langes Creditgeben. Dieses überhaupt Nichtweiterdenken als an die Befriedigung der nächsten augenblicklichen Bedürfnisse, diese egoistische Unüberlegtheit (wir sprechen hier immer noch von den Besseren, denn bei den Schlechteren geschieht freilich das Schuldenmachen oft mit großer Ueberlegung), die man den jungen Männern so leicht verzeiht, wird nur zu oft eine Gewöhnung für's Leben und bildet den ersten Keim zu so vielen untergehenden Existenzen, wo sonst geachtete Männer auch noch als Familienväter die jugendliche Gewohnheit des Schuldenmachens weder aufgeben können noch wollen und selbst ihr Rechtsgefühl mit Scheingründen beruhigen, mit dem Spruch: Jugend hat nicht Tugend! oder vom brausenden Most, der überschäumt oder dem jungen Roß, das nach allen Seiten ausschlägt – bis sie endlich als Betrüger, Selbstmörder oder Bettler enden. Und nicht von den Studirenden allein gilt das Meiste des Gesagten: wie viele junge Handlungsbeflissene, Künstler, Oekonomen u.s.w. giebt es doch, die nicht weniger in den Tag hineinleben und wie viel berichten nicht täglich die Zeitungen aus diesen Kreisen über leichtsinnig ausgestellte oder gar – gefälschte Wechsel, über Cassenangriffe und Geldunterschlagungen – Dinge, die gewöhnlich die Folge von Ausgaben sind, welche die Einnahmen weit übersteigen?

      Man sage nicht, daß dies nicht hierher gehöre – um die Frauen und ihr Loos richtig beurtheilen und auf eine Neugestaltung mancher Verhältnisse dringen zu können, muß man sie eben an der Seite der Männer betrachten. Man muß zuerst das Verhältniß der Geschwister zu einander sich klar machen. Die Empfindungen einer Schwester, die den Bruder in den Tag hineinleben sieht und da, wo er auch noch in derselben Lage ist wie sie, d.h. in der der Erwerbsunfähigkeit, doch täglich für Cigarren, Bier und andere entbehrliche Dinge mehr ausgiebt, als sie wöchentlich, vielleicht monatlich zu ihrem Taschengeld erhält – und dabei das Bewußtsein, daß ihm alle Mittel geboten werden sich Kenntnisse, einen Wirkungskreis, eine selbstständige Stellung dereinst zu erobern, indeß sie einen Tag wie den andern nutzlos dahin lebt in steter Beschränkung ohne Zweck und Ziel – diese Empfindungen kann man sich denken!

      Es giebt nur ein Ziel für das Mädchen! hat man ihr gesagt und es ist eben verzeihlich, wenn sie danach greift.

      Und nun sind wir wieder am Anfang dieses Abschnittes. Das Mädchen ist im Begriff in die Ehe zu treten und wir wollen annehmen, es sei nicht nur der Wunsch das Elternhaus zu verlassen, nicht egoistische Berechnung – es sei Liebe, was sie zum Altar führe und Liebe sei es auch, was den Mann bestimme ihr seine Hand zu reichen – sind sie sich auch ihrer Aufgabe klar bewußt und haben sie beide Kraft und Ausdauer genug, wirklich ihren hohen Beruf zu erfüllen, sind sie vorbereitet auf denselben?

      Als Johann Heinrich Voß, der Verfasser der Idylle »Luise« seine Ernestine heirathete, hatte das Paar eine aus Stube und Kammer bestehende Wohnung nur mit den allernothdürftigsten Möbels versehen – Voß dichtete an demselben Tische, an dem Ernestine nähte oder die Vorbereitungen zur Mahlzeit traf. Als es ihnen, nachdem sie schon einige Zeit verheirathet waren, möglich ward sich den ersten Schrank anzuschaffen, so ward seine Ankunft wie ein glückliches Familienereigniß gefeiert. In solchen beschränkten Verhältnissen lebte einer der ersten Gelehrten und Dichter seiner Zeit – wo sind jetzt die Schriftsteller, die, um schaffen und arbeiten zu können, nicht ihr eignes abgeschloßnes Zimmer brauchten und wo sind die Ernestinen, die eine solche Häuslichkeit erträglich finden? Nicht die Liebe, nur der genügsame Sinn von damals ist abhanden gekommen, nur die Gewohnheiten sind andere geworden. Der Fortschritt hat es so mit sich gebracht und es ist gut so. Die Liebe von heutzutage würde trauern, ihren Gegenstand in einer ärmlichen, wohl gar unwürdigen Umgebung zu sehen – und wenn uns jene Liebe in ihrer Behaglichkeit in den kleinsten Verhältnissen, in ihrem heitern Ertragen aller Entbehrungen etwas unendlich Rührendes hat, so vermögen wir doch mehr mit der Liebe zu sympathisiren, die ihre ganze Kraft einsetzt, um dem geliebten Gegenstand von den Annehmlichkeiten des Lebens wenigstens das zu verschaffen, was das häusliche Behagen erhöhen kann. Und so mögen denn Beide, Frau und Mann, zugleich Arbeit und Streben miteinander theilen.

      Wenn man in früheren Zeiten feststellte: der Mann muß erwerben, die Frau erhalten, so hatte dies seine vollkommene Berechtigung. Eine Hausfrau von ehemals hatte allerdings viel zu thun und in jedem Hausstand waren weibliche helfende Hände willkommen. Alle die unzähligen Bedürfnisse für die Hauswirthschaft, für deren Herstellung jetzt die Industrie, die Fabrikation sorgt, mußten sonst im Hause selbst beschafft werden. Man buk, schlachtete, wusch im Hause, man pökelte und räucherte das Fleisch und bewahrte alle Arten Früchte und Gemüse für den Winter auf, jegliches nach seiner besonderen Weise. Man sott die Seife selbst und es gehörte zu all' diesen und andren häuslichen Verrichtungen so viel Umsicht, Aufsicht und Mühe, daß es wirklich für jeden Mann von Werth sein mußte eine Hausfrau zu bekommen, welche alle diese Dinge auf's Beste und Billigste zu ordnen verstand. Es gab da in der That durch sie in einer Wirthschaft viel zu erhalten und auch viel zu erlernen, ehe sie sich in dieselbe begab – aber jetzt, wo derartige Wirthschaften nirgend mehr existiren und wo es ein lächerlicher Luxus wäre sie noch führen zu wollen, – jetzt sind die Töchter im Hause ohne Beschäftigung und hat die Hausfrau, die keine Kinder und nicht zufällig durch das Geschäft ihres Mannes oder Pensionaire und dergleichen einen größeren Wirkungskreis hat, so unendlich wenig zu thun, daß es ihre Pflicht ist, die frei gewordene Zeit, die einst ihre Mutter und Großmutter zum Erhalten in der Wirthschaft brauchte, nun auch zu einer nutzenbringenden Thätigkeit zu verwenden. Gegenwärtig aber ist eine Frau in der That ein Luxusartikel geworden, das Dienstmädchen hat ausreichend Zeit, die kleine Wirthschaft allein zu besorgen und die Frau wird höchstens das Bewußtsein haben, ihrem Gatten sein Lieblingsgericht nach seiner Weise – die endlich aber auch der Dienerin beizubringen ist – zuzubereiten und seine Wäsche auszubessern; schon die Genugthuung ihm dieselbe zu nähen, die ihr früher noch ward, hat sie nicht mehr, denn die Arbeit der Nähmaschine verdrängt die Handarbeit – auch diese wird zum Luxus, wenn die darauf verwendete Zeit sich besser verwerthen läßt. – Was für eine Vorbereitung gehört denn also dazu einen so einfachen Haushalt zu führen, daß ihr die schönste Jugendkraft gewidmet werden müßte? Ein Mädchen, bei dem Verstand und Gemüth allseitig gebildet sind, das den Willen hat aus Liebe zu dem Gatten und aus Ehrgefühl СКАЧАТЬ