Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte. Louise Otto
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Название: Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte

Автор: Louise Otto

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027204908

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СКАЧАТЬ kann – aber wenn sie nun ganz allein steht oder noch einen alten Vater, eine stumpfe Mutter, kleine Geschwister, vielleicht ein eignes Kind mit zu ernähren hat? Im erstern Falle ist sie noch besser daran, dann kann sie als Näherin zum Ausbessern auf die Stube zu den Leuten gehen, da bekommt sie 2 1/2 bis 5 Neugroschen und das Mittagsessen – so hat sie wenigstens dies und doch meist ein kräftiges, erspart Holz und Licht zu Hause, kann auch bis Tagesanbruch schlafen und ist Abends von sieben Uhr an frei. Ist sie so glücklich, Schneidern oder Putzmachen gelernt zu haben, bekommt sie 8–12 1/2 Neugroschen den Tag. Solche Mädchen haben unter den Arbeiterinnen noch das glücklichste Loos gezogen, aber sie haben auch in der Regel sich erst das Erlernen des Schneiderns und Putzmachens etwas kosten lassen müssen. Auch wird von ihnen schon eine gute Erziehung und feinere Bildung verlangt, wenn die gebildeten Familien sie in ihrer nächsten Umgebung sehen sollen – die arm und unwissend aufgewachsenen Mädchen eignen sich daher zu diesem Geschäfte nicht.

      Diese »weiblichen Arbeiten,« wie Sticken, Häkeln, Nähen u.s.w. werden auch von allen denen vorgezogen, welche es nicht wollen wissen lassen, daß sie einen Verdienst brauchen können. Jedermann will für reicher gehalten sein, als er ist, oder die »höheren« Stände halten es für ihrer unwürdig, zu arbeiten. Man kann kaum dem Einzelnen einen Vorwurf daraus machen, einem Unrecht, welches das hergebrachte Unrecht der ganzen Gesellschaft ist, sich zu unterwerfen – das ist nicht oft genug zu wiederholen. Alles gilt ja der Schein und wenig das Sein – nun, so ergiebt man sich dem in der Gesellschaft einmal herrschenden Schwindel. Der Mann, der Familienvater sieht in der Regel durch die Kinder und deren Größerwerden die Ausgaben des Hausstandes in einem Grade wachsen, mit dem seine Einnahmen nicht Schritt halten, die Forderungen des Luxus werden täglich größer, nicht nur die Lebensmittel mit ihren sich immer höher steigernden Preisen vertheuern einen Haushalt, sondern die Garderobe – und zwar für beide Geschlechter – steigert sich zu immer mehr kostspieligen Extravaganzen, welche nicht mitmachen zu können fast wie ein Unglück, sicherlich als ein Mangel empfunden wird. Die meisten Familienväter belächeln zwar diese Dinge und finden sie überflüssig, ja stemmen sich oft hartnäckig dagegen, indeß, sie werden überstimmt, oder wenn das nicht hilft: überlistet. Die meisten Männer haben keine Idee davon, was eine Wirthschaft, noch was ein Anzug kostet – sie haben als Garçons gehört, – meist von ihren Eltern – daß sie Alles theuer bezahlen müssen, daß sie im Hause viel billiger leben könnten und glauben nun, wenn sie einen eignen Hausstand gegründet haben, diese Vorstellungen realisiren zu können – und sehen sich bitter getäuscht. D. h. sie wollen nichts von den kostspieligen Gewohnheiten des Junggesellenlebens aufgeben – sie wollen im Hause dieselben Delikatessen genießen, die ihnen im Hôtel zur Auswahl vorgesetzt waren und ihre kräftige Hausmannskost nach den neuesten Vorschriften der Professoren der Naturwissenschaften noch obenein – und ein solcher häuslich er Mittags- und Abendtisch kostet dann viel mehr als das frühere Gasthausleben. Aber der Mann hält an der mütterlichen Lehre fest, daß in der eignen Wirthschaft Alles billiger sei (zu ihrer Zeit war es ja auch so!) und die Frau wagt kaum zu sagen, was ihre Küche kostet, weil ihr dann noch vorgeworfen wird: sie verstehe nur nicht so billig zu kaufen und zu wirthschaften, wie einst die Schwiegermutter. So wird oft aus lauter Liebe und Rücksichtnahme der Mann selbst in Bezug auf die Kostspieligkeit seiner ersten Forderung: gutes Essen, getäuscht, wie viel mehr nicht über die der weiblichen Familienglieder: gute Toilette. Die Preise aller einzelnen Gegenstände, welche sie bilden, sind so verschieden, daß wohl die wenigsten Männer hier den richtigen herausfinden werden, wenn ihnen ein billigerer gesagt wird – und um dies zu können, suchen die Töchter solcher Väter sich heimlich ein Taschengeld zu verdienen, um davon das Deficit ihrer Putzrechnungen decken zu können. So herrscht im gepriesenen deutschen Familienleben, an dem beileibe Niemand wagen darf zu rütteln, weil man das für einen Angriff auf die »Heiligkeit« der Familie erklärt, ein völlig ausgebildetes Hintergehungssystem, das sich natürlich fortpflanzt von Geschlecht zu Geschlecht und sein Gift von einem Kreis in den andern überträgt. Die Hausväter fürchten ihren Credit zu verlieren, wenn man erfährt, daß ihre Töchter für Geld arbeiten und geben das nicht zu, die Mütter fürchten aus gleichem Grunde, daß sie dann keinen Mann bekommen und lassen das Arbeiten heimlich geschehen – und um dies Alles noch zu unterstützen, versuchte jüngst eine deutsche Schriftstellerin in einer deutschen Residenz die Gründung eines »Bazars,« für welchen »Beamtentöchter« unter der Garantie, daß Niemand ihre Betheiligung daran erführe, arbeiten sollten! – Es sollte hierdurch wohl der schädliche Brauch vermieden werden, daß diejenigen, welche nicht von dem Verdienst ihrer Arbeit leben müssen, dieselbe gar noch billiger als Andere abliefern, weil sie die Arbeit nur als »Zeitvertreib« verrichten – aber das verwerfliche Lügensystem, die unmoralische Anschauung, sich der Arbeit zu schämen, bekam dadurch nur einen neuen Beitrag.

      Zum Glück sind nicht alle Eltern so verblendet, nicht alle Mädchen so thöricht. Aber wie wenig Gelegenheit finden sie zum Erwerb, auch wenn sie denselben suchen wollen mit Aufgabe ihrer häuslichen Existenz!

      Die meisten Mädchen, die eine oberflächliche Erziehung genossen haben und nicht so weit vorgebildet sind, um eine Stelle als »Gouvernante« ausfüllen zu können, suchen eine solche als »Bonne« oder »Erzieherin,« oder »Mamsell,« wie der andere Kunstausdruck lautet. Kommt ein solches Mädchen, das von Allem etwas und meist Nichts ordentlich gelernt hat, in eine Familie, so weiß man dann oft nicht, ob man mehr die Familie bedauern soll, welche einem so dilettantenhaft gebildeten Mädchen die Aufsicht über ihre Kinder, wohl gar deren Erziehung anvertraut, – oder das Mädchen, das tausend Ansprüche an sich gemacht sieht, die alle zugleich zu befriedigen fast eine Unmöglichkeit ist! Wie fast immer im planlosen Frauenleben, entscheidet auch hier nur der Zufall, natürliche Begabung und der gute Wille, ob in irgend einer Weise ein günstiges Resultat erreicht wird.

      Betrachten wir uns doch einmal diese Verhältnisse ein wenig näher. Wer eine »Bonne« engagirt, wünscht gewöhnlich Gouvernante, Kammerjungfer und Kindermädchen in einer Person zu vereinigen. Es sind einige kleine Kinder im Hause, die noch nicht oder nur zum Theil das schulpflichtige Alter erreicht haben. Die Mutter ist abgehalten sich ihnen ganz zu widmen – im schlimmern Falle durch Bequemlichkeit und gesellige Bedürfnisse, im bessern durch einen mit dem Geschäft des Mannes verknüpften großen Hausstand, durch Kränklichkeit oder ein kleines, vielleicht auch kränkliches Kind. Wir verdenken ihr dann nicht, daß sie sich nach einer Gehilfin umsieht; es ist sogar ihre Pflicht, es zu thun, sobald es die Verhältnisse erlauben. Eben so wenig verdenken wir ihr, daß sie statt einer vorurtheilsvollen, vielleicht abergläubischen Kinderfrau, oder eines leichtfertigen Kindermädchens, ein Mädchen von besserer Bildung wünscht, dem sie vertrauensvoll die Kinder überlassen kann. Nehmen wir also an, daß ein Hausmädchen existirt für die Küche, Wäsche und andere gröbere Arbeiten und für das kleinste Kind eine Amme oder ein Kindermädchen, das ausschließlich von dessen Bedürfnissen in Anspruch genommen wird. Was wird nun von der Bonne Alles verlangt? Sie muß bei den größern Kindern schlafen, früh sie wecken, ankleiden helfen und den ganzen Tag über beaufsichtigen. Sie muß Französisch verstehen, um es den Kindern »spielend« – wie der Kunstausdruck lautet – mit zu lehren, außerdem aber Schneidern, Putzmachen, Gardinen aufstecken, plätten, nähen und alle weiblichen Handarbeiten verrichten, Alles besorgen, was zur Kleidung der Kinder und zur Haustoilette der Hausfrau gehört; vielleicht muß sie diese auch frisiren und ankleiden, wenn nicht täglich, doch für die Gesellschaft. Vielleicht muß sie auch mit bei der Wäsche helfen, stärken und mit auf die Rolle gehen, in der Küche jedenfalls, wenn es etwas mehr als gewöhnlich zu thun giebt. Außerdem muß sie mit den Kindern spazieren gehen und immer bereit sein »spielend« ihre Anliegen und Einfälle zu befriedigen: ihre Puppensachen nähen, ihre Spiele leiten, Alles aufräumen, was sie herumwerfen, für Alles stehen, was sie zerreißen oder sonst umbringen, wo möglich jeden Schaden wieder heilen, den sie anrichten und das Alles mit der liebevollsten und freundlichsten Miene – denn dazu hat man sie ja! Selten darf sie den Kindern etwas verbieten, abschlagen, noch weniger sie bestrafen, dazu haben die Eltern allein das Recht. Sind aber die Kinder unartig, so fällt die Hauptschuld allein auf die Bonne. Dies letztere bezeichnet schon den Standpunkt, den sie im Hause einnimmt. Wenn die Kinder mit am Tische essen, so hat sie das gleiche Recht – gewiß aber verschwindet sie mit ihnen, wenn Besuch kommt. Diesem gegenüber wird sie nicht besser als jeder Dienstbote behandelt; sie darf СКАЧАТЬ