Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte. Louise Otto
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Название: Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte

Автор: Louise Otto

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027204908

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СКАЧАТЬ auf. Die Besuchenden wissen kaum, ob es vergönnt ist sie zu grüßen. So wie von der Herrschaft wird sie auch von der Dienerschaft behandelt. Niemand thut ihr eine Handreichung, sie mag sich Alles selbst machen – ist aber etwas versehen, so wird sie von beiden Seiten dafür verantwortlich gemacht. Wenn die Dienstmädchen etwas verdorben oder vergessen haben, schieben sie es auf die »Mamsell« hinter ihrem Rücken oder sagen ihr in's Gesicht: sie hätte es ja wissen oder thun können, »die Madame« habe es ihr gewiß gesagt – und diese wirft ihr wieder vor: sie habe doch auf die Mädchen aufpassen können u.s.w., ohne sich darum zu kümmern, daß jene geradezu sagen: die Mamselle »habe ihnen nichts zu befehlen.«

      Nehmen wir nun auch an, daß ein geschicktes Mädchen schon in der eignen Familie sich die meisten Fertigkeiten aneignen kann, die als Mamsell von ihr gefordert werden, so muß sie doch wenigstens Französisch, Clavierspiel, vielleicht auch Schneidern und Putzmachen erst durch bezahlten Unterricht gelernt haben und überhaupt einen Grad der Bildung besitzen, der sich entweder nur durch Erziehung im Schooße einer gebildeten Familie oder sehr schwer in anderen wechselnden Verhältnissen erreichen läßt. Keineswegs also ist jedes Mädchen zu einer solchen Stellung befähigt und wenn es auch keiner allzugroßen Vorbereitung dazu bedarf, so ist doch immer für die einzelnen Zweige Lehr- und Stundengeld aufgewendet worden, das sich nun verinteressiren muß. Es sind die Töchter von Beamten, Pastoren, Advocaten, Künstlern, Privatgelehrten und kleinen Kaufleuten, die nach einem solchen Lebensunterhalt streben, entweder weil das Einkommen der Väter nicht ausreicht sie zu ernähren, oder weil sie denselben verloren haben.

      Und was ist nun bei Bildungsgrad, Leistungsfähigkeit und Behandlung wie geschildert, meist der Lohn für solche Mühsal? – Die Feder sträubt sich es zu sagen!

      Sechzig bis achtzig, höchstens hundert Thaler jährlich – dazu kommen im besten Falle noch Weihnachtsgeschenke, aber fast nie wird das Gesammteinkommen viel über hundert Thaler betragen. Dafür wird nicht nur die ganze Freiheit – es giebt keine Ferien und Feiertage, von den letzteren gestattet vielleicht einer um den andern einen Kirch- und freien Ausgang – und die ganze Arbeitskraft eines Mädchens verkauft, sondern es wird auch »anständige« Kleidung gefordert, deren Verbrauch bei den vielen wirthschaftlichen Leistungen und der Kindernähe kein geringer ist, indeß meist die Zeit fehlt, für sich selbst zu nähen und auszubessern.

      Und wenn irgendwo eine solche Stelle angekündigt wird, findet leicht eine Concurrenz von hundert Bewerberinnen statt!

      Daraus kann man schließen, wie viele Mädchen es giebt, die zu einem solchen Erwerb genöthigt sind, genöthigt sich für den schlechtesten Gehalt auch noch der schlechtesten Behandlung Preis zu geben!

      Fast giebt es kein Verhältniß, in dem die Arbeitskraft des Mannes in gleichem Grade ununterbrochen in Anspruch genommen würde, als es in der geschilderten Stellung im Frauenleben geschieht – freilich immer wieder sanktionirt durch das Herkommen, nach welchem die musterhafte deutsche Hausfrau und danach auch jede, welche ihr beisteht, sei es die Tochter oder die Dienerin – keine Ruhestunden kennen darf. Diese Einrichtung beruht aber meist nur in einer mangelhaften Zeiteintheilung, durch welche die Nothwendigkeit, zuweilen müßig zu warten und die üble Gewohnheit warten zu lassen, entsteht. Wenn man die mitten im häuslichen Walten und Schalten so verwartete und vertrödelte Zeit nur allein zusammenrechnet, die verlornen Minuten, deren Flucht man kaum bemerkt, und nun vollends die Stunden, die durch zwecklose und selten unterhaltende Besuche, sowohl im Abstatten als Empfangen derselben verloren gehen, so kommt eine ansehnliche Tageszeit heraus, von der eine nützliche Anwendung gemacht werden könnte. Die Zeit ist ein Capital, das man am allersorgfältigsten hüten sollte. Es gilt darum doppelt für das weibliche Geschlecht, dieselbe nicht allein zusammenzunehmen, sondern sie auch für sich selbst höher zu verwerthen, d.h. etwas zu lernen und zu treiben, das für die Zukunft diese höhere Verwerthung sichert. Die Sitte, die meiste Frauenarbeit und alle weiblichen Leistungen so schlecht, wie es geschieht, zu bezahlen, entsteht einmal aus der übergroßen Concurrenz in den wenigen ihr bisher zugänglichen Fächern, andererseits aus dem Pochen auf die Mäßigkeit und Anspruchslosigkeit des weiblichen Geschlechts, das mit Wenigem zufrieden ist, weil – es dies sein muß.

      In den gebildeten Ständen finden die Töchter nur in der Kunst, in der Literatur und im Lehrfach für sich eine Quelle des Erwerbes. Aber wehe den Unglücklichen, die sich nur um des Erwerbes willen, ohne Begeisterung und ohne Talent dahin wagen. Sie werden es im besten Falle kaum zu mittelmäßigen Leistungen bringen – und wenn man namentlich über so viele beim Theater untergehende, in der Literatur nur das Oberflächlichste leistende Frauen klagt, so liegt der Schlüssel dazu darin: alle diese hätten sich nie auf der Bühne oder in der Literatur versucht, wenn ihnen ein andrer Beruf zugänglich gewesen wäre.

      III. Die Familie und ihre Pflichten

       Inhaltsverzeichnis

       Die Ehe, menschliche und weibliche Bestimmung. Die Stellung der Töchter in ihr neben den Söhnen.

      Wenn zwei Menschen sich vereinigen, um zusammen durch's Leben zu gehen und eine Familie zu bilden, so sollten sie sich auch den ganzen Ernst dieses Schrittes vergegenwärtigen und zwar nicht erst im letzten Moment am Tag vor der Hochzeit oder in der Kirche bei der Trauung, sondern lange vorher. Wenn die Liebe das Ehebündniß schließt, so ist das Gefühl des Glückes, einander nun ganz gehören zu dürfen, an einem längst ersehntem Ziele zu stehen, doch zu groß und aufregend, um sich da des gethanen Schrittes in seiner ganzen Größe bewußt zu werden – und auch wo dies Bewußtsein kommt, kann es ja nur noch gute Vorsätze und heilige Gelübde mit sich bringen, aber nichts mehr vorbereiten und ändern. Und dreimal wehe da, wo die Liebe auf der einen oder andern Seite nicht das Band geschlungen – wo es nicht wie Schauer der Seligkeit, sondern wie Schauer des Elends durch den Körper rieselt, wenn das bindende Ja ertönt – und wehe auch denen, die in dieser Stunde sich erst klar werden über das, was sie gethan – für Alle aber, ob Glückliche oder Unglückliche, ist es doch zu spät, all' die neu übernommenen Pflichten erst einer Prüfung zu unterwerfen, ob man auch fähig sei sie zu üben – diese Vorbereitung sollte vorhergegangen sein und zwar nicht allein bei dem Mädchen, sondern auch bei dem Manne.

      Wir sind ein- für allemal dagegen, daß bei der Schließung einer Ehe die äußeren Verhältnisse den Ausschlag geben. Wir haben schon im Voraus jede Ehe für unsittlich erklärt trotz Trauschein und Priestersegen, wenn ihr das höhere Motiv der Liebe fehlt. Aber wir meinen damit auch nicht die Liebe, welche nur in den Sinnen wurzelt und nur geschlossen wird, um das Verlangen der Leidenschaft zu befriedigen; auch sie kann nicht bestehen vor dem Richterstuhl wahrer Sittlichkeit, welche verlangt, daß zwei Wesen nur dann auch körperlich Eins werden, wenn sie es vorher geistig, wenn sie es mit Herz und Seele geworden; und in sofern finden wir in der kirchlichen Weihe der Ehe ein symbolisches schönes Moment, welches die geistige Heiligung des Bundes andeuten soll, der eben auf höheren Principien zu ruhen hat als allein auf dem eines bürgerlichen Vertrags.

      Freilich tritt die Liebe auf in so verschiedenen Gestalten und Graden, daß die Frage: was ist Liebe? und wer liebt wahrhaft? hier eigentlich erst aufzuwerfen und zu beantworten wäre, ehe wir es wagen sollten zu warnen, zu beklagen oder zu verurtheilen – aber man weiß, daß in der Liebe so zu sagen jedes Herz nicht allein seinen eignen Gott, sondern auch seine eigne Religion hat und daß von je alle Versuche, das Wesen der Liebe zu definiren, vergeblich waren! Ob die eigne Liebe echt oder unecht sei, das freilich kann Niemand, der sich im Bann einer Leidenschaft befindet, unterscheiden – aber das wenigstens wird sich beurtheilen lassen, ob man überhaupt liebt oder nicht, und nur darauf wollten wir hier Rücksicht nehmen.

      Wenn ein Mädchen erst zu einer Ehe überredet werden muß, wenn es den Bewerber gleichgültig kommen und gehen sieht, wenn es aus irgend einem andern Grunde als dem der innigsten Zuneigung das Versprechen der Ehe giebt, so handelt es thöricht oder gewissenlos; dann СКАЧАТЬ