Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte. Louise Otto
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Название: Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte

Автор: Louise Otto

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027204908

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СКАЧАТЬ einzuführen, den Ballsaal mit ihr zu betreten. So manches Mädchen betritt diese Kreise nur gezwungen, Kindlichkeit und Schüchternheit halten sie ab – aber die Mutter will ihnen nun einmal mit Gewalt dies »Vergnügen« machen, will ihre Töchter in Balltoilette gefallen und bewundert sehen. Oder ist es auch den Mädchen selbst ein wirkliches Vergnügen zu Fest und Ball zu eilen und ist es auch, mit Maas genossen, ein solches, das man der glücklichen Jugend wohl gönnen kann, so währt doch die wirklich unschuldige und harmlose, von keinen widerwärtigen Absichten begleitete Freude daran in der Regel nur kurze Zeit. Putzsucht, Eitelkeit, Koketterie, Neid und alle häßlichen Eigenschaften des weiblichen Geschlechts finden hier ihre Nahrung und was das Schlimmste ist: eine Nahrung, der Tage, ja Wochen geopfert werden. Es sind nicht die 6 – 8 Stunden, die eine Ballnacht währt, welche durch ein solches Vergnügen verloren gehen – Tage vor- und nachher denken, thun und reden die Mädchen nichts Anderes als was auf ihre Balltoilette Bezug hat, die ganze Leere ihrer Existenz zeigt sich eben darin und Körper und Geist leiden unter gleicher Erschöpfung. Und das nennen thörichte Mütter: die Jugend genießen! Es heißt vielmehr: sie vergeuden! Wir wiederholen, daß wir gar nichts gegen Tanz und Ball haben, wenn darin Maas gehalten, wenn es wirklich wie eine Erholung, ein Ausnahmezustand betrachtet wird. Wenn aber Winter auf Winter hindurch das ganze Sinnen und Trachten der Mutter nur darauf gerichtet ist, wie ihre Töchter in solcher Weise floriren wie diese selbst beinahe an nichts Anderes denken – dürfen, wenn die Mädchen selbst den Tanz und die oberflächliche Unterhalung geselligen Treibens als den Hauptzweck ihrer Jugend betrachten und die Ehe als den folgenden Hauptzweck ihres Lebens: – dann können wir die Thorheit eines solchen Treibens nicht genug verdammen. Und noch verächtlicher wird dieselbe, wenn sich dazu auch noch die Berechnung gesellt, die der Mütter sowohl wie die der Töchter. Wenn jene diese nicht um des momentanen Vergnügens willen auf den Ball führen, sondern in der Absicht, dort nicht nur Tänzer, sondern auch Bewerber für sie zu finden und wenn die Töchter diese Absicht kennen und selbst ihr Möglichstes thun um sie zu erreichen – dann empört sich doch alles wahrhaft weibliche Gefühl gegen solches unweibliche, ja freche Treiben, wenngleich dasselbe nur zu oft nicht allein von den Müttern, sondern auch von den Vätern für gut befunden wird. Aber wir wollen uns nicht darüber ereifern! Durch Moralpredigen ändert man dergleichen Dinge nicht – ja nicht einmal durch die Geisel der Satyre, denn sonst müßte es schon Jean Paul geändert haben, dessen, den Nagel auf den Kopf treffende Abhandlung »Ueber den grünen Markt mit Töchtern« heute immer noch ihre Giltigkeit hat. Die Verhältnisse müssen anders werden, welche solche widerwärtige und unwürdige Zustände hervorrufen – nur dadurch werden diese selbst endigen oder wenigstens ohne Beschönigung und Entschuldigung als das bezeichnet werden, was sie sind.

      Und frage man nur, ob dies scheinbar glückliche, theils im Nichtsthun, theils in resultatloser Geschäftigkeit oder in der Jagd nach Vergnügungen und dem durch sie hervorgerufenen Taumel verbrachte Leben, diese bevorzugten Mädchen wirklich befriedigt, ob es wirklich beneidenswerth ist? Sie bringen ihre Tage meist in zwecklosem Thun unbefriedigt hin, sorglos freilich – aber das ist ein Glück, das diejenigen nicht zu schätzen wissen, die noch keine Sorgen gekannt – dagegen drückt sie immerhin ein Gefühl nicht nur der Abhängigkeit von den Ihrigen, sondern der peinlichsten Unselbstständigkeit gerade in den Kleinigkeiten des alltäglichen Lebens, ein Gefühl des Unterdrücktseins, das besonders bei Mädchen, welche Brüder haben, im Gegensatz zu der diesen gestatteten Freiheit bemerkbar wird. Auch bei solchen bevorzugten Mädchen entwickelt sich der Wunsch ein Knabe oder Mann zu sein, weil diese, der kleinlichen Bevormundung enthoben, nicht nur ihren Lern- und Bildungstrieb befriedigen, sondern auch ihr Leben in ganz anderer Weise ungestraft genießen dürfen. Was man an den Töchtern oft mit Recht – auf das Strengste rügen würde, wird den Söhnen, – oft mit eben so viel Unrecht, nachgesehen – seufzend oder lächelnd – das Nachsehen bleibt immer dasselbe – und verdirbt in den meisten Fällen die Knaben, wenn nicht wirklich sittlich, doch zu rohen egoistischen Männern und den Mädchen flößt es Unzufriedenheit ein mit der eigenen Lage oder Verbitterung gegen das männliche Geschlecht.

      Jene Ungleichheit im Kostenpunkt zwischen Töchtern und Söhnen soll freilich dadurch ausgeglichen werden, daß wenn eine Tochter heirathet, dieselbe eine Aussteuer mit bekommt, die, je nach den Verhältnissen, mehr oder weniger kostspielig ausfällt. Aber wenn sie nun nicht heirathet? – dann wird nicht daran gedacht sie irgendwie zu bedenken, ja, wenn die Ausstattung der einen Schwester vielleicht gerade darum, weil sie eine »gute Partie« macht und man nicht allein der Welt, sondern auch dem Bräutigam gegenüber den Schein des Reichthums bewahren will, tausend Thaler und mehr betragen mag, wird die unverheirathet bleibende Schwester nicht einmal wagen dürfen auf ein paar hundert Thaler Anspruch zu machen, um sich dadurch irgend eine selbstständige Existenz zu gründen. Dann stirbt vielleicht der »Versorger« der Familie, sie hat vergebens auf einen neuen für sich gewartet und das karge Erbe wird dann gleich getheilt zwischen ihr und den verheiratheten Schwestern, welche ihre Ausstattung voraus und den Brüdern, deren Studien eben so viel und mehr gekostet haben. Vielleicht bietet ihr dann eines dieser versorgten Geschwister in seinem Hause eine Freistatt und das Gnadenbrot an, das sie mit tausend Demüthigungen und Selbstüberwindungen dankbar hinnehmen muß – und dann wundert man sich noch über die Verbitterung solcher »alten Jungfern!« –

      Solches Frauenloos gleichsam vorausahnend wird fast allgemein die Geburt eines Knaben für ein größeres Glück angesehen wie das eines Mädchens – die Taufe wird dann mit dem dieser Anschauung entsprechenden Pomp gefeiert. Da es sich dabei um die Fortsetzung des Familiennamens handelt, so mag in dieser Beziehung die Sache ihre Berechtigung haben, aber auch wenn schon ein Stammhalter da ist, werden die Knaben gewöhnlich willkommener geheißen als die Mädchen – oder wenn dies einmal bei unbemittelten Familien nicht der Fall ist, so »tröstet« man sich über die zahlreichen Töchter nur deshalb: »weil sie nicht so viel kosten« als die Söhne, d.h. man beabsichtigt gleich von Anfang an, nichts an sie zu wenden. In den Mädchen erblickt man eine Stütze im Hauswesen; indeß die Knaben frei herumschwärmen dürfen, daheim die Gebieter spielen und meist für zu gut gehalten werden, Gänge im Interesse des Hauswesens zu besorgen, geschweige denn die geringste Handreichung zu thun, müssen die Schwestern nicht nur als Helferinnen der Mutter im Hauswesen, in der Wartung kleinerer Geschwister sich tummeln oder mit Stricken und Nähen die Freistunden ausfüllen, welche ihnen die Schule läßt, sondern sie müssen auch oft geradezu die Brüder bedienen und wenn sie auch täglich, wie wir es oft gehört, ärgerlich dagegen protestiren sollten.

      Kommen nun die Söhne aus dem Hause, so gestalten sich die Verhältnisse oft noch um Vieles greller. Die Töchter der minder Wohlhabenden müssen entbehren, damit die Söhne nicht nur studiren, sondern dabei auch verprassen können, was der Fleiß der Eltern erworben. An die Ausbildung der Mädchen wird nichts gewendet, sondern nur an die der Söhne – und wie die gegebenen Verhältnisse nun einmal sind, kann man immerhin sagen, daß die Sache einige Logik hat, da man sicher darauf rechnen kann, daß das an die Söhne gewandte Capital sich wenigstens wieder für diese selbst verinteressirt, während die Mädchen, wenn sie nicht durch außerordentliche Begabung zu Künstlerinnen auf diesem Gebiete Erfolg haben, doch nur geringe Vortheile von all' ihren Kenntnissen und Fertigkeiten ziehen können. Daß die Söhne viel kosten, gilt als selbstverständlich – was aber die Töchter kosten, wird ihnen oft als etwas sehr Ueberflüssiges vorgeworfen. Was den weiblichen Putz betrifft, so ist es wahr, daß die Mode oft übertriebene Ansprüche macht und daß auch in dieser Beziehung ein Luxus eingerissen, den wir nur verderblich nennen können, – es muß aber auch gesagt werden, daß dieser Luxus bei den Männern gar nicht geringer ist, nur daß er hier weniger in die Augen, desto mehr aber in den Geldbeutel fällt und daß bei ihm gar keine Ersparnisse zu machen sind, wie z.B. bei der weiblichen Toilette durch Selbstarbeit die Umgehung des Macherlohns und durch die Fähigkeit der weiblichen Kleidungsstücke, sich aus einem in das andere verwandeln und wieder aufarbeiten zu lassen, durch Wenden, Waschen und Färben, wie z.B. ein altes Kleid oft noch ein neues Kleid, Blouse, Schürze, Mantille u.s.w. giebt oder doch Futter und Kinderkleider, während abgetragene Männersachen keine Reparatur vertragen und fortgeschafft werden müssen. Es ist dies etwas sehr Wesentliches den Vorwürfen gegenüber, welche der weiblichen Putzsucht gemacht werden. Nehmen wir den gebildeten Mittelstand an, so müssen wir auch bedenken, daß meist eben der Putz und seine Selbstverfertigung СКАЧАТЬ