Название: Gesammelte Werke
Автор: Джек Лондон
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962813475
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Dennoch hatte er, als er selbst vor die Schranke trat, um seinen Bericht abzustatten, einiges Vertrauen zu Richter Witberg.
»Ich kam zufällig durch die Straße«, begann Watson, wurde aber vom Richter unterbrochen.
»Wir sind nicht hier, um Ihre zufälligen Handlungen zu beurteilen«, fauchte Witberg. »Wer schlug zuerst?«
»Herr Richter«, sagte Watson. »Ich habe keinen Zeugen für die eigentlichen Prügeleien, und die Wahrheit meiner Darlegung kann nur dadurch erwiesen werden, dass ich die ganze –«
Wieder wurde er unterbrochen.
»Wir wollen hier keine Magazingeschichten hören«, brüllte Richter Witberg und sah ihn so wütend und böse an, dass Watson kaum in ihm den Mann wiedererkennen konnte, den er erst vor wenigen Momenten beobachtet hatte.
»Wer schlug zuerst?« fragte Patsys Anwalt. Der Staatsanwalt unterbrach ihn und wollte wissen, um welche von den beiden Sachen, die zu einer zusammengelegt waren, es sich hier handelte, und mit welchem Recht Patsys Anwalt in diesem Stadium der Angelegenheit ein Zeugenverhör verlangte. Patsys Anwalt antwortete ihm. Richter Witberg griff ein, erklärte, nichts davon zu wissen, dass zwei Sachen zusammengelegt waren. All das musste näher erklärt werden. Es kam zu einer heftigen Debatte, die damit endete, dass Staatsanwalt wie Rechtsanwalt sich bei dem Gericht und beieinander entschuldigten.
»Warum haben Sie das schlecht beleumdete Lokal aufgesucht?« fragte man ihn.
»Es ist seit vielen Jahren meine Gewohnheit, mich in meiner Eigenschaft als soziologischer Forscher bekannt zu machen mit –«
Aber weiter kam Watson nicht.
»Wir wünschen hier nichts von Ihren Studien zu hören«, knurrte Richter Witberg. »Es war eine klare, deutliche Frage, beantworten Sie sie auch klar und deutlich. Ist es wahr, dass Sie berauscht waren, oder nicht? Das ist der Kern der Frage.«
Als Watson zu erzählen versuchte, wie Patsy sich durch das Stoßen mit dem Kopf das Gesicht verletzt hatte, wurde er abgewiesen und verhöhnt.
»Sind Sie sich klar über die Heiligkeit des Eides, den Sie abgelegt haben, und dass Sie hier, auf dem Zeugenstand, nur die Wahrheit sagen dürfen?« fragte der Richter. »Was Sie jetzt erzählt haben, ist ein Märchen. Es ist nicht wahrscheinlich, dass ein Mann sich auf diese Weise verletzen soll, dass er gegen Ihren Kopf schlägt. Sie sind ein vernünftiger Mensch. Ist das unwahrscheinlich oder nicht?« »Im Zorn sind die Menschen unvernünftig«, antwortete Watson sanft. Diese Antwort kränkte Richter Witberg tief und erfüllte ihn mit gerechtem Zorn.
»Welches recht haben Sie, das zu sagen?« rief er. »Es ist eine ganz überflüssige Bemerkung. Sie hat nichts mit dem vorliegenden Fall zu tun. Sie befinden sich hier als Zeuge, und es handelt sich um Tatsachen. Das Gericht wünscht keine Meinungsäußerungen von Ihnen zu hören.«
»Ich habe nur Ihre Frage beantwortet, Herr Richter«, antwortete Watson bescheiden.
»Das haben Sie durchaus nicht«, keifte der Richter, »und ich möchte Sie warnen, Verehrtester, und Ihnen sagen, dass Sie sich durch eine solche Unverschämtheit ein respektwidriges Benehmen zuschulden kommen lassen. Und ich möchte Sie wissen lassen, dass wir hier in diesem kleinen Gerichtslokal Gesetz und Höflichkeit zu wahren wissen. Ich schäme mich für Sie.«
Und als der nächste spitzfindige Zank zwischen Rechtsanwalt und Staatsanwalt seinen Bericht über die Vorgänge im »Vendôme« unterbrach, sah Watson ohne Bitterkeit, aufgeräumt und niedergeschlagen zugleich, wie die große politische Organisation sich vor ihm erhob, diese große und doch so kleinliche Bande, die das Land regiert, die ungestrafte, schamlose Schwindelverwaltung in tausend Städten, hinter der das spinnenartige Ungeziefer der Räuber steht. Hier sah er einen Erfolg ihrer Tätigkeit – ein Gericht und einen Richter, die von der geheimen politischen Organisation gezwungen wurden, für einen Kneipenwirt zu arbeiten, weil der Kneipenwirt Einfluss auf eine Anzahl von Wählerstimmen hatte.
Als der Streit seinen Höhepunkt erreicht hatte, lachte er einmal laut auf, was ihm einen drohenden Blick von Richter Witberg einbrachte. Schlimmer, tausendmal schlimmer waren diese polternden Anwälte und dieser polternde Richter als die gröbsten Steuermänner auf den ärgsten Höllenschiffen, die nicht nur schimpften, sondern sich selbst auch gut zu decken verstanden. Diese gemeinen Lumpenkerle suchten ihrerseits Schutz hinter der Majestät des Gesetzes. Sie schlugen, aber man durfte nicht wiederschlagen, denn hinter ihnen standen Gefängniszellen und die Stäbe stumpfer Polizisten. Aber er war doch nicht bitter. Dank seinem Sinn für Humor vergaß er die grobe Ungerechtigkeit und Schleimigkeit der ganzen Sache über ihrer unbedingten Lächerlichkeit.
Endlich glückte es ihm trotz aller brutalen Unterbrechungen, einen klaren und einfachen Bericht des Geschehenen zu erstatten, und in einem kriegerischen Kreuzverhör wurde seine Darstellung in keinem СКАЧАТЬ