Название: Gesammelte Werke
Автор: Джек Лондон
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962813475
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Von allen Seiten drängten Soldaten und Offiziere und das Volk heran, um den verrückten Gringo zu überwältigen. Es ist wahr – ein Ruf kam aus der Menge, alle Gringos zu töten. Das ist ein wohlbekannter Ruf in den lateinamerikanischen Ländern, den die Gringos selbst durch ihre Unbeliebtheit und ihre rohen Manieren verschuldet haben. Man kann nicht leugnen, dass dieser Ruf ertönte. Aber die tapferen Ecuadorianer töteten nur John Harned, nachdem er sieben von ihnen getötet hatte. Außerdem gab es viele Verwundete. Ich habe manchen Stierkampf gesehen, nie aber habe ich so etwas Abscheuliches gesehen wie die Szene in den Logen, als der Kampf vorbei war. Es war wie nach einer Wahl. Überall lagen die Toten umher, und die Verwundeten schluchzten und stöhnten. Einige von ihnen starben. Ein Mann, dem John Harned das Bajonett durch den Bauch gestoßen hatte, griff mit beiden Händen nach der Wunde und schrie vor Schmerz. Ich sage Ihnen, das war viel schrecklicher, als wenn tausend Pferde vor Schmerz geschrien hätten.
Nein, Maria Valenzuela heiratete Luis Cervallos nicht. Das tut mir leid. Er war mein Freund, und ich habe viel Geld in seine Unternehmungen gesteckt. Es dauerte fünf Wochen, ehe die Ärzte ihm den Verband vom Gesicht nehmen konnten, und noch heute hat er eine Narbe auf der Backe unter dem Auge. Und dabei schlug John Harned nur ein einziges Mal und nur mit der bloßen Faust zu. Maria Valenzuela ist jetzt in Österreich. Man sagt, dass sie einen Erzherzog heiraten soll. Ich weiß nichts Näheres davon. Ich glaube, dass sie John Harned gern hatte, denn er ging mit ihr nach Quito, um den Stierkampf zu sehen. Aber warum musste das mit dem Pferd kommen? Das möchte ich gern wissen. Warum konnte er den Stier sehen und sagen, dass ihm der Stier nicht soviel gelte, um dann plötzlich wahnsinnig zu werden, weil ein Pferd vor Schmerz schrie? Die Gringos sind unbegreifliche Menschen. Sie sind Barbaren.
I
Carter Watson schlenderte, ein soeben erschienenes Magazin unter dem Arm, die Straße hinab und sah sich neugierig um. Zwanzig Jahre war es her, dass er diese Straße betreten hatte, und die in ihr erfolgten Veränderungen waren groß und überraschend. Diese Stadt im Westen mit ihren dreihunderttausend Einwohnern hatte zu der Zeit, als er als Knabe ihre Straßen durchstreifte, nicht mehr als dreißigtausend gehabt. Damals war die Straße, durch die er jetzt schritt, eine ruhige Wohnstraße in einem sauberen Arbeiterviertel gewesen. In dieser späten Nachmittagsstunde sah er, dass sie von einer zahlreichen und lasterhaften Bevölkerung überschwemmt wurde. Chinesische und japanische Läden und Kneipen wechselten ab mit amerikanischen Vergnügungsstätten und Bierquellen. Diese ruhige Straße seiner Jugend war das St. Pauli der Stadt geworden. Er sah auf die Uhr. Es war halb sechs. Es war die stille Tageszeit für eine solche Gegend, wie er wusste, aber er war neugierig und wollte etwas sehen. In all den Jahren, die er reiste, um die sozialen Verhältnisse in der ganzen Welt zu studieren, war ihm diese Stadt in der Erinnerung teuer und heilig gewesen. Die Veränderung, die er jetzt sah, war erstaunlich.
Carter Watson besaß ein ausgeprägtes Gewissen. Unabhängig und reich, hatte er seine Kräfte niemals auf vornehme Teegesellschaften und törichte Diners verschwendet, ebensowenig hatten ihn Schauspielerinnen, Rennpferde und ähnliche Vergnügungen interessiert. Er war ein Reformator und hatte siebenundzwanzig Bücher geschrieben.
An diesem späten Sommernachmittag, als er so dahinschlenderte, blieb er vor einem auffallenden Lokal stehen. Auf dem Schild darüber stand »Vendôme«. Es gab zwei Eingänge. Der eine führte offenbar in die Schankstube. Um den kümmerte er sich nicht. Der andere war ein schmaler Korridor. Als er ihn passiert hatte, stand er in einem sehr großen Raum voller Tische und Stühle, der aber sonst vollkommen leer war. Im Halbdunkel erblickte er ein Klavier.
Im Hintergrund führte ein kurzer Korridor nach einer kleinen Küche, und hier saß Patsy Horan, der Besitzer des »Vendôme«, allein an einem Tisch und aß hastig sein Abendbrot vor Beginn der Geschäftszeit. Patsy war, auf die ganze Welt zornig, mit dem linken Fuß zuerst aufgestanden, und alles war ihm an diesem Tage schiefgegangen. Hätte man seine Barkeeper gefragt, so würden sie seine Gemütsverfassung als einen leichten Rausch bezeichnet haben. Aber das wusste Carter Watson nicht. Als er den kleinen Korridor durchschritt, fielen die boshaften Augen Patsys auf das Magazin, das er unter dem Arme trug. Patsy kannte Carter Watson nicht und wusste auch nicht, dass es ein Magazin war, das er unter dem Arme hielt. In seinem Rausch gelangte Patsy zu dem Ergebnis, dass dieser Fremde einer jener unverschämten Burschen wäre, die die Wände seiner Hinterzimmer durch das Annageln oder Ankleben von Plakaten verunzierten und verdarben. Die Farbe des Magazinumschlages überzeugte ihn, dass es sich um ein solches Plakat handele. Und so begann der Streit. Mit Messer und Gabel fuhr Patsy auf Carter Watson los.
»Hinaus mit Ihnen!« kläffte Patsy. »Ich weiß, was Sie wollen!«
Carter Watson war verblüfft. Der Mann war wie der Knüppel aus dem Sack über ihn gekommen.
»Wollen Sie meine Wände verderben«, rief Patsy zornig und stieß gleichzeitig eine lange Reihe malerischer, aber gemeiner Schimpfworte aus.
»Wenn ich Ihnen zu nahe getreten sein soll, so bitte ich –«
Aber weiter kam Watson nicht. Patsy unterbrach ihn. »Machen Sie, dass Sie weiterkommen, und halten Sie die Klappe«, sagte Patsy und unterstrich seine Worte, indem er Messer und Gabel schwang.
Carter Watson sah im Geist schon die Gabel in unangenehmer Weise zwischen seinen Rippen stecken. Er merkte, dass es leichtsinnig sein würde, mehr zu sagen, und schickte sich daher schnell zum Gehen an. Aber der Anblick seines demütigen Rückzuges musste Patsy Horan noch mehr erbittern, er ließ die Essgeräte fallen und stürzte sich auf Watson.
Patsy wog hundertsechzig Pfund. Watson ebensoviel. In diesem Punkt waren sie einander СКАЧАТЬ