Seegeschichte-Sammelband: Die Abenteuer berühmter Seehelden, Epische Seeschlachten & Erzählungen. Heinrich Smidt
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      Die Mitkönige waren bereits gewichen und harrten auf der Schwelle des Ausganges. Jan Blaufink aber wandte sich gegen den eifernden Hausherrn:

      »Wenn Er uns gehen heißt, müssen wir Folge leisten, denn es ist Sein Haus und wir gehören nicht hinein. Aber einen armen Jungen schimpfen, weil er nichts hat und eine Waise ist, das darf Er nicht. Spitzbuben sind wir nicht. Ich habe nie etwas heimlich weggenommen oder etwas Gefundenes gestohlen. Und die Frau Rosmarin ist eine so brave, wackere Frau, als nur irgendeine in Hamburg. Ich darf Mutter zu ihr sagen; ich habe sie rechtschaffen lieb und wer ihr irgendetwas Böses nachspricht, hat es mit mir zu tun! Nun wollen wir gehen und unser Lied weiter singen.«

      »O Gott, welche Begebenheit!« sagte Frau Brammer. Herr Elias war wie auf den Mund geschlagen, und sein Gast sprach im Hinausgehen:

      »Solche Auftritte verleiden ehrbaren Leuten das Haus. Er setzt Sein Geschäft auf das Spiel.«

      Jan Blaufink trat zu den Kameraden hinaus und rief ihnen zu:

      »Jan Bremer und Jan Thiemer, Ihr habt nichts mehr vor mir voraus. Ich habe so gut einen Namen, wie Ihr und heiße Jan Blaufink.«

      »Du sollst ihn behalten!« entgegnete der erstere. »Frisch, Jungens! Ruft es ihm zu, daß er den Namen behalten soll. Vorwärts! Wir bringen ihn nach dem Scharmarkt!«

      Und zum ersten Male erscholl der Ruf: »Da kaam wi mit Jan Blaufink an!« durch die Straßen von Hamburg.

       Inhaltsverzeichnis

      Jungfer Mewes stand vor dem kleinen Herd in ihrer Wohnung und suchte das erloschene Feuer anzufachen. Frau Rosmarin lag stöhnend auf ihrem Lager und sagte todesmatt:

      »Habe Sie Erbarmen und beeile Sie sich. Das Herz zittert mir im Leibe vor Kälte.«

      »Es geht nicht. Das Holz ist naß und die Schwefelhölzer sind mir ausgegangen. Wenn der Jan nach Hause kommt, soll er andere holen. Bis dahin wird Sie nicht verfrieren.«

      Die Frau antwortete nicht darauf, sondern weinte still. Jungfer Mewes, die gerade ihren bösen Tag hatte, sagte darauf:

      »Wenn Sie meint, daß ein Schluck Warmbier Ihr guttut, will ich Ihr von dem Garbrader an der Ecke eine halbe Kanne holen. Gebe Sie mir nur das Geld.«

      »Sie weiß wohl, daß ich keins mehr habe. Meine Hoffnung ist einzig und allein auf den guten Jungen gerichtet, der nun schon stundenlang fort ist ...«

      Wird auch wohl noch stundenlang fortbleiben,« keifte Jungfer Mewes. »Er ist ein Taugenichts und Herumtreiber ...«

      »Stets hat Sie es auf den armen Jungen abgesehen. Nichts sagt Sie von ihm, als Böses ...«

      »Weiß Sie etwas Gutes?« fiel jene ein. »So lange Sie bei dem Theater war, hat Sie ihn durchgeschleppt und mir so lange zugesetzt, bis ich erlaubte, daß er hier bei Ihr wohnen durfte. Seitdem Sie aber stets krank ist und der Direktor Sie verabschiedet hat, hört das Durchschleppen auf. Jetzt muß er für sich selbst sorgen, und wenn er ein rechtschaffener Bursche wäre, sorgte er für Sie mit. Aber Prosit die Mahlzeit ...«

      »Sie klagt ihn fälschlich an, Jungfer Mewes. Er tut, was er kann. Bittet überall um Arbeit; aber selten gelingt es ihm; welche zu bekommen. Wie zerschlagen kommt er oft nach Hause. Und doch würde er noch mehr arbeiten, allein die Leute trauen ihm nichts Rechtes zu, weil er noch so jung ist ...«

      »Und die Leute haben recht! Wenn ich ihm etwas sage, hört er auch nicht, und wenn ich ihn vermahne, lacht er mich aus. Das soll ein Ende nehmen.«

      »Habe Sie Geduld, Jungfer Mewes,« bat die Schauspielerin. »Nur noch wenige Tage habe Sie Geduld, dann bin ich hergestellt und trete mein Engagement wieder an.«

      »Meint Sie, daß Sie es können wird? Und wenn Sie es kann, weiß Sie es denn so ganz gewiß, daß der Direktor Sie wieder aufnimmt?«

      »Warum sollte er nicht? Ich war stets willig und habe mir keine Mühe verdrießen lassen ...«

      »Gut das ... Und wenn also ...« Jungfer Mewes sprach abgebrochen und in Pausen. Wenn das geschah, hatte sie stets noch irgendetwas Unvorhergesehenes im Hinterhalt. Frau Rosmarin wußte das und sagte ängstlich:

      »Sie verbirgt mir noch etwas. Was ist es?«

      »Die Strapazen, meine ich. Und dann wird es doch auch Reisegeld kosten, was Sie nicht hat.«

      »Reisegeld? Ist die Gesellschaft fort?«

      »Was denn sonst? Der Direktor Veltheim ist gestern vor acht Tagen mit all seinem Volk nach Lübeck gegangen. Habe ich Ihr das nicht gesagt? Ja, wer kann an alles denken. Auch wollte es der Jan nicht haben. Er sagte, Sie hätte den Tod davon. Ich sehe nicht, daß Sie besser daran war, da Sie es nicht wußte, und Gewißheit muß der Mensch doch haben.«

      Frau Rosmarin entgegnete nichts hierauf. Ihr Gesicht war bleich wie die Wand, und um die Mundwinkel zuckte es, wie Todeskrampf. Jungfer Mewes sah es und plötzlich wandelte sich ihr Sinn, der stets wie eine Wetterfahne hin- und herschwankte. Sie sagte nichts weiter, aber sie schaffte emsig am Herd. Nach wenigen Minuten hatte sie das nasse Holz zum Brennen gezwungen und den Kessel zum Feuer gerückt.

      »Nun soll es bald heiß werden!« sprach sie laut genug, allein Frau Rosmarin hörte nicht darauf. Sie hielt die dichtgefalteten Hände vor sich hin und lispelte kaum hörbar:

      »Jan, Jan! Wo bist du?«

      Er war noch weit. Aus dem großen Neumarkt stand er, unfern von dem Gerüst, worin die Sankt-Michaelis-Glocken hingen, und schaute mit Wehmut auf die große Holzbude, worin er sich so glücklich fühlte und die seit acht Tagen verwaist stand. Jetzt waren die verschiedenen Eingänge weit aufgesperrt. Die Fenster wurden ausgehoben und die Zimmerleute begannen das Dach abzudecken.

      »Es ist alles vorbei,« sagte er traurig. »Bisher glaubte ich noch, es sei ein Traum. Der Prinzipal käme über Nacht wieder und das lustige Leben begänne aufs neue. Aber nun sehe ich wohl, daß es für immer vorbei ist. Ich stehe wieder auf derselben Stelle, wo ich stand, als sie mich von der Neptunswerft jagten und Vater Pfingstmeier mir das letzte Stück Brot schnitt. Und der armen Frau, die noch von nichts weiß, darf ich es nicht länger verschweigen. Welcher Jammer wird das sein. Aber ich muß es sagen und dann will ich arbeiten, arbeiten, bis mir d' Arme vom Leibe fallen ...«

      Er ging weiter, ohne sich umzusehen, was in seiner Nähe vorging. Auch um ihn kümmerte sich niemand. Plötzlich sagte es ganz in seiner Nähe:

      »Da ist er! Jan Blaufink!«

      Er sah auf. Vor im stand Frau Brammer und hielt die kleine Lene an der Hand.

      »Siehst du, Mutter! Er ist es! Ich habe ihn neulich schon gesehen, als ich aus der Schule kam, und ich erkannte ihn gleich, obgleich sein Gesicht nicht mehr blau war.«

      Jan sah das junge Mädchen an und heller Sonnenschein flog über das Gesicht:

      »Das ist die kleine Lene!«

      »Freilich bin ich es und böse bin ich auch, daß du den schönen СКАЧАТЬ