Seegeschichte-Sammelband: Die Abenteuer berühmter Seehelden, Epische Seeschlachten & Erzählungen. Heinrich Smidt
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      Frau Brammer hörte das mit sichtlichem Vergnügen und nickte ihrem Manne zu, der verdrießlich brummte:

      »Wer alles weggibt, kommt selbst zu nichts.«

      Einer von den Knaben, welche sich in das Haus gedrängt hatten, trat vor und sagte trotzig:

      »Der da kriegt zweimal und wir haben noch gar nichts. Wie ginge das zu?«

      »Du gehörst ja nicht dazu und hast auch nicht mit gesungen!« entgegnete unerschrocken die Lene. »Dir gebe ich nichts.«

      »Dann nehme ich es mir!« rief er und griff so ungestüm in den Korb hinein, daß dieser ins Schwanken geriet und der Inhalt zu Boden fiel. Lene schrie laut auf und flog zur Mutter. Jan ergriff den ungehobelten Gesellen beim Kragen, warf ihn zu Boden und sagte:

      »Das ist für deine Unverschämtheit. Rechnet es uns nicht an, was dieser Nichtsnutz verschuldete; wir können nichts dafür.«

      Elias Brammer brummte etwas vor sich hin, das keiner verstand; seine Frau aber sagte: »Es ist ein braver Junge!« und Lene sah ihren jungen Ritter mit leuchtenden Augen an.

      »Und nun,« rief Jan dem unter dem Drucke seines Fußes am Boden liegenden Knaben zu, »nun stehst du auf und sagst der kleinen Mamsell, daß du ein unverschämter Bursche gewesen bist; daß du es aber im Leben nicht wieder tun willst und daß sie dir es nicht für ungut nehmen und dir vergeben soll.«

      Der Junge erhob sich und wagte einigen Widerspruch, aber Jan entgegnete eifrig:

      »Wenn du es hier nicht tust, dann Gnade dir draußen Gott! Was sagt ihr anderen? Soll er nicht die kleine Mamsell um Verzeihung bitten dafür, daß er sie mit seinen unsauberen Händen anfaßte und sie bestehlen wollte?«

      Der Mohrenkönig mit dem Stern fragte es und seine Mitregenten, die Träger der Krone und des Szepters, entgegneten:

      »Ja! Ja! Das soll er! Und gleich! Willst du den Mund aufmachen oder nicht?«

      Der Junge entschloß sich zögernd, das allgemeine Begehren zu erfüllen. Er näherte sich der Lene, die sich scheu vor ihm zurückzog, sprach einige unverständliche Worte vor sich hin und rannte spornstreichs aus dem Laden auf die Straße hinaus.

      »Und nun gehen wir auch!« sagte Jan. »Dank für das Gute, das die Frau und das liebe Kind uns erwiesen, und nehmt nicht für ungut, was hier geschehen ist, wir haben es nicht verschuldet.«

      »Warte noch einen Augenblick, mein Junge,« sprach Frau Brammer zu Jan und sagte leise zu ihrem Manne:

      »Wir können den Knaben, der unser Kind in Schutz nahm, nicht so gehen lassen. Sieh nur, wie zutunlich die Lene mit ihm ist! Du mußt dich zu etwas entschließen, Brammer. Am besten wäre es, wenn er aus dem wilden Straßentreiben heraus käme. Er ist am Ende achtbarer Leute Kind ...«

      Sie unterbrach sich selbst und, zu Jan gewendet, fragte sie diesen:

      »Wie heißt du, mein Junge?«

      Seine Wangen brannten, wenn man auch wegen der blauen Farbe die aufsteigende Röte nicht sehen konnte. Die Lippen weigerten sich, sich zu öffnen; allein als er merkte, daß die Frau sich über das Zögern bei einer so natürlichen Frage wunderte, raffte er sich zusammen und rief laut:

      »Jan Blaufink heiße ich!«

      »Das ist ein hierorts ganz ungewöhnlicher Name! Den habe ich nie gehört! – Brammer, sind dir Leute vorgekommen, die so heißen? Wer ist denn dein Vater und wo wohnt er?«

      Jan stockte abermals. Dieses Mal glaubte der König mit der Krone sich ins Mittel legen zu müssen, und sagte: »Er hat gar keinen Vater!« Und sein Kollege mit dem Zepter fügte hinzu: »Und eine Mutter auch nicht.«

      »Also eine Waise!« sprach Frau Brammer. »Ein armes Kind, das unter fremden Menschen umhergestoßen wird! Brammer, wirst du bald den Mund aufmachen?«

      »Nun gut!« sagte dieser. »Um dich los zu werden, und die Lene auch, die sich wie eine Klette an mich hängt! – Laß mich doch los, Dirne! Ich weiß nicht, was du an dem dummen blauen Jungen für einen Narren gefressen hast. Komme einmal hierher, Jan Blaufink! – Den Namen mußt du nun schon ganz und gar ablegen, wenn das in Erfüllung gehen soll, was ich im Sinn habe! – Bisher hast du, wie ich vermute, nichts Rechtschaffenes getan und deine Tage verloddert, was aufhören muß, wenn du ein tüchtiger Kerl werden willst.«

      »Dazu habe ich wohl Lust!« sagte Jan. »Und zudem habe ich es dem Baas vom Neptumswerft versprochen.«

      »Den Mann kenne ich nicht!« fuhr Elias Brammer fort. »Wenn du aber mir versprechen willst, dich zu fügen und zu schicken, will ich sehen, ob ich dich auf irgend einem Tabakswinkel unterbringen kann. Du hast da Arbeit vollauf und ein knappes Einkommen; das reicht für einen solchen Gesellen aus ...«

      »Was?« rief Jan. »Ich sollte mich auf einen solchen dunklen Boden einsperren lassen und Tabaksblätter waschen oder zerpflücken oder was sonst damit gemacht wird ... Nein, Herr! Danke für den guten Willen. Ich gehöre in die freie Luft.«

      »Bedenke, Kind!« sprach warnend Frau Brammer. »Wenn wir dich irgendwo als Laufbursche anbrächten, gehörtest du doch zu einem Hause, das sich um dich kümmerte. Du stehst jetzt allein ...«

      »Ganz allein bin ich nicht mehr, da ich die Frau Rosmarin habe.«

      »Frau Rosmarin? Was ist das für eine Frau?«

      »Das wißt Ihr nicht?« fragte Jan verwundert. »Das ist eine gute, liebe Frau, die beinahe verbrannt wäre, was ich verhinderte, weshalb sie mich herzte und küßte. Sie wohnt bei der alten Jungfer Mewes ein. Aber das triumphierende Hamburg ist seit jenem Abend nicht wieder an die Reihe gekommen.«

      »Ich glaube, bei dem Jungen rappelt es!« sagte Elias Brammer zu seiner Frau und diese sprach:

      »Du sprichst ganz ungehöriges Zeug, Jan, was kein Mensch versteht. Wenn dir es nicht recht ist, was man dir vorschlägt, lasse die Finger davon. Wohltaten drängt man keinem Menschen auf, und wenn du es anderwärts besser hast, so ist dir ja geholfen.«

      Die beiden Mitkönige glaubten abermals sich ins Mittel legen zu müssen und der Kronenträger sagte:

      »Die Frau Rosmarin gehört auch dazu und der Jan hat freies Quartier in der Holzbude auf dem großen Neumarkt!«

      »Holzbude! Neumarkt!« rief Elias Brammer. »Was will das bedeuten?«

      »Ja,« sagte der Träger des Zepters. »Und er darf alle Abend in der Komödie mitspielen!«

      »Herr des Lebens!« schrie Frau Brammer vor Schreck laut auf, indem sie die Lene an sich riß und mit beiden Armen umklammerte. »Ein Komödiantenjunge ist das?«

      »Ja, ich spiele Komödie!« entgegnete Jan.

      »Weg! Weg! Und rühre mein Kind nicht wieder an!« sagte die erschrockene Mutter. »Brammer, den darfst du niemandem empfehlen und darfst ihn auch nicht selbst ins Haus nehmen, wie ich es eigentlich im Sinn hatte ...«

      »Ich werde ihn vielmehr aus demselben hinauswerfen!« sprach Herr Elias, indem er über den Ladentisch wegsprang und den Herrn Bohnenberg, der sich bisher СКАЧАТЬ