Seegeschichte-Sammelband: Die Abenteuer berühmter Seehelden, Epische Seeschlachten & Erzählungen. Heinrich Smidt
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Читать онлайн книгу Seegeschichte-Sammelband: Die Abenteuer berühmter Seehelden, Epische Seeschlachten & Erzählungen - Heinrich Smidt страница 22

СКАЧАТЬ nach mir rufen und gegen die Tür schlagen? Wenn ich nicht gleich gehe, kommen sie herein und es gibt allerlei Ungelegenheiten. Schwarz oder Blau! Darauf kommt es nicht an. Hurra, Jungens, ich komme! Und meine Verse weiß ich auch.«

      Die Kameraden standen bereit, ihn zu empfangen. Die erste Erscheinung wirkte drastisch. Sie standen mit aufgesperrten Mäulern da und sahen auf den blau angestrichenen Mohrenkönig wie auf ein Wundertier.

      »Nun, kennt Ihr mich nicht?« fragte Jan. »Hier habe ich auch den goldenen Stern, und es kann gleich losgehen.«

      »Du bist ja blau!« rief einer.

      »Es hat lange genug schwarze Mohrians gegeben, es kann auch einmal ein blauer daran kommen!« rief Jan. »Was liegt daran? Wir sind doch

      Die drei Weisen aus dem Morgenland,

       Balthasar, Melchior und Kaspar genannt!«

      Der Zug ordnete sich. Die drei Weisen mit Krone, Szepter und Stern schritten gravitätisch einher. Eine Kohorte von Jungen stürmte voraus; eine zweite hinterher. Die großen Zuschauer standen seitwärts. Von diesen sagte einer, auf Jan deutend:

      »Gevatter, wie nennt man die Sorte von Vögeln?«

      »Es ist eine neue Spezies und man könnte sie Blaufinken nennen!« war die Antwort.

      Was entginge dem Ohr eines echten Hamburger Winkeljungen? Das Wort »Blaufink« stieg wie eine Leuchtkugel vor ihnen auf und »Blaufink! Blaufink!« rief es im hundertstimmigen Chor durch die Straßen.

      »Blaufink!« wiederholte Jan vor sich hin. »Sie sind dabei, mir einen Namen zu geben. Ich wollte lieber, ich hätte einen von Vaters wegen, wie die anderen. Was wird Frau Rosmarin dazu sagen?«

      Grübelnd ging er weiter im Zuge.

      In den niedrig gelegenen Straßen von Hamburg, die alle an die Elbe grenzen, ist stets ein reges Leben. Das war so von den grauen Tagen an, da das segensreiche Muttergottesbild in der Schartorkapelle »Santa Maria to'm Schare« stand, bis zur gegenwärtigen Stunde. Darum siedelten sich hier allermeist solche Leute an, die mit dem Schiffsverkehr zu tun hatten; nicht nur die Schiffer selbst, sondern auch die Kontorleute, die Ankerschmiede, die Blockdreher und andere Gewerker, die von der Schiffahrt leben, bis zum Segelmacher abwärts und weiter. Aber auch die Händler wohnen hier, in deren Läden es aussieht, als wäre ein ganzer bunter Jahrmarkt in diesen einzigen Raum zusammengedrängt. Dort trifft man alles, wonach eines Seemanns Herz gelüstet. Von dem Kapitän abwärts bis zum letzten Deckläufer findet hier jeder, was er begehrt und zu einer Reise über See bedarf, an Kleider und Gerät, an Speise und Trank oder dergleichen. Und wenn es für den Augenblick an einem Gegenstand mangelt, schafft der Inhaber des Ladens Rat und in einer Stunde ist er unfehlbar vorhanden.

      Ein solcher Laden stand auch auf dem ersten Versetzen. Er führte den Namen »Zum gelben Galion« und sein Eigentümer hieß Elias Brammer. Er sollte ursprünglich heißen zum goldenen Galion, allein das dünkte dem Eigentümer eine Verschwendung und so wurde ein gelbes daraus. Herr Elias Brammer war ein kleiner, schmächtiger Mann, dessen Gesicht imstande war, sich in alle beliebigen Falten zu legen und auf diese Weise genau die Stimmung auszudrücken, in welche er sich bei der Begrüßung dieser oder jener Kunden versetzt fühlte. Der demütige oder der hochfahrende Elias Brammer waren zwei ebenso verschiedene Persönlichkeiten, als der liberale oder der grobe es waren. Nur seine eigene Frau war imstande, die Familienähnlichkeit zwischen diesen mehrfachen Gestalten heraus zu finden. Aber wie viele Arten von Figuren es gab, die durch Herrn Elias Brammer dargestellt wurden: ein Grundton ging durch alle, der sich durch nichts verwischen ließ, und das war die leidenschaftliche Liebe zu den blanken Talern, die jedes Hindernis übersprang. Er war unerschöpflich in allerlei Schwänken und Listen, um die kleinen, runden Dinger in sein Netz zu locken, und klimperten sie einmal darin, war kein Gedanke daran, sie demselben zu entfremden, außer wenn ihm die Gewißheit ward, daß sie binnen kurzem mit zehnfacher Verstärkung in die Haft zurückkehren würden.

      »Was lungert er nur da bei den Zuckerhüten herum?« fuhr er einen jungen Seefahrer an. »Will er vielleicht einen davon anknabbern?«

      »Ich will bei Ihm gar nichts anknabbern,« entgegnete jener unwillig. »Ich stehe schon zehn Minuten hier, um die Rechnung des Kapitän Borchers zu bezahlen, und frage, ob Er mir die 160 Mark nun bald abnehmen will, sonst bringe ich das Geld wieder an Bord.«

      »Ei, wie werde ich denn einem so lieben, jungen Mann eine unnütze Mühe machen!« sagte Herr Elias Brammer geschmeidig. »Bitte unschwer, mir die Rechnung herzugeben, die ich quittieren will. Richtig, alles richtig. Würde ein paar Rosinen und Mandeln anbieten, aber einem jungen Seemann, der bald Offizier werden wird, kann man eine solche Näscherei nicht zutrauen. Bitte, mich dem Herrn Kapitän Borchers zu empfehlen und ich lasse glückliche Reise wünschen.«

      Seine Frau, die nicht weit von ihm stand, sagte mißbilligend:

      »Auf eine solche Rechnung hätten wenigstens vier Schillinge Trinkgeld gehört. Du wirst dir noch die Kundschaft verschlagen.«

      »Der wäre mit meinen vier Schillingen in den nächsten Weinkeller gegangen und berauscht wieder herausgekommen,« entgegnete ärgerlich Elias Brammer. »Kapitän Borchers würde es mir wenig Dank wissen, wenn ich seine Leute zu Trunkenbolden machte. – Was wäre denn dein Wunsch, mein liebes Kind?«

      Diese Frage galt einem aufgeschossenen Knaben, der beide Hände gegen den Ladentisch stemmte und sich abwechselnd hob und sinken ließ.

      »Ich soll vielmals grüßen von meiner Mutter und fragen, ob Herr Brammer ihr nicht sagen könnte, ob es heute nachmittag noch regnen wird. Sie will gerne Wäsche trocknen.«

      »Was geht mich deine Mutter und ihre Wäsche an?« fuhr Elias Brammer heraus. »Scher dich deiner Wege.«

      »Kriege ich nicht,« fuhr der Junge mit unterdrücktem Kichern fort, »ein Stück Lakritzen zu?«

      Elias Brammer entgegnete auf diese Zumutung nichts, sondern holte mit der Hand zu einem Schlage aus, allein der Junge sprang laut lachend davon und ein anderer trat an seine Stelle, den der Herr des Ladens anfuhr, indem er rief:

      »Was hat Er da zu schnuppern, beide Hände in den Taschen? Will Er etwa auch ein Stück Lakritzen zu haben?«

      »Nein!« gab der Angeredete zur Antwort, der ein derber, untersetzter Halbmatrose war. »Ich will die hundert Pfund Kaffee und die kupferne Kaminplatte holen, die Kapitän Matzen heute morgen hier kaufte. Da ist meine Legitimation.«

      Der Kaufmann nahm dieselbe, las sie sorgfältig durch und sagte dann, sie zurückgebend:

      »Wer wird denn von einem so wackeren Burschen eine Legitimation verlangen? Dem steht ja die Ehrlichkeit auf dem Gesicht geschrieben. Frau, gib dem jungen Mann einen Schluck aus der grünen Flasche! Trinke, mein Söhnchen, und laß es dir wohl bekommen! Hübsch vorsichtig mit der Platte! Und den Sack nicht in die Elbe fallen lassen. Die Fische trinken keinen Kaffee.«

      »Gewiß nicht, wenn er so flau ist, wie Sein Schnaps aus der grünen Flasche. Pfui Teufel!«

      Der Matrose ging seines Weges und Herr Elias Brammer sagte achselzuckend zu einem eben eintretenden, wohlbekannten Kunden, den er Bohnenberg titulierte:

      »Recht unmanierliche Menschen, diese Schiffsleute! Statt zu sagen: Gottes Lohn oder vielen Dank für Eure Guttat, sagt er Pfui Teufel! – Womit kann ich dem Herrn gefällig sein?«

      »Für СКАЧАТЬ