Seegeschichte-Sammelband: Die Abenteuer berühmter Seehelden, Epische Seeschlachten & Erzählungen. Heinrich Smidt
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Читать онлайн книгу Seegeschichte-Sammelband: Die Abenteuer berühmter Seehelden, Epische Seeschlachten & Erzählungen - Heinrich Smidt страница 17

СКАЧАТЬ auseinander, um nicht auch von der Flamme erfaßt zu werden. Hammonia schwebte in der äußersten Gefahr.

      »Hurra!« rief Jan und rutschte am Mast herab. Von dem Gerüst auf die Bretter, den brennenden Schleier ergreifen und abreißen, die Funken austreten und einen in der Nähe stehenden Eimer Wasser darüber ausgießen, war nur ein Moment. Er hielt die zitternde Frau in seinen Armen, die ihn freundlich anblickte und leise sagte:

      »Schon zum zweiten Male hilfst du mir heute, du liebes Kind! Habe Dank! Tausend Dank!«

      Das triumphierende Hamburg endete ohne ein erleuchtetes Schlußtableau. Die Zuschauer verliefen sich, als der Direktor seine Entschuldigung angebracht und versichert hatte, daß die betreffende Künstlerin unverletzt sei. Dann aber näherte er sich der Gruppe und sagte, dem Knaben auf die Schulter klopfend:

      »Brav, mein Söhnchen. Du sollst bedankt sein, und wenn du morgen wieder vorsprichst, will ich es dir gedenken.«

      Frau Rosmarin sagte nichts. Aber sie küßte den Knaben und weinte still vor sich hin.

      Jan war draußen. Er wußte nicht, wo er sein Haupt niederlegen sollte, aber sein Herz schlug mächtig und die ganze Welt war sein.

       Inhaltsverzeichnis

      Frau Rosmarin war an jenem Abend in großer Aufregung heimgegangen. Nur mit Anstrengung gelang es ihr, die steilen und schmalen Treppen zu ersteigen.

      Direktor Veltheim, der geistreiche Erfinder des triumphierenden Hamburgs, hatte die auch jetzt noch nicht erloschene Gewohnheit, von seinen Mitgliedern vieles zu fordern und ihnen möglichst wenig zu gewähren. Die Gage erlaubte den Schauspielern nicht, ein eigenes Quartier zu beziehen. Sie sahen sich genötigt, wie man es in Hamburg nennt, bei jemandem einzuwohnen.

      Frau Rosmarin herbergte bei einer alten Näherin vier Treppen hoch, in einem finsteren, winkligen Hause. War die Wohnung selbst schon unheimlich, wurde sie es durch die Wirtin noch mehr. Es war eine alte schweigsame Person, die mürrisch und abergläubisch war und über deren Zunge selten oder nie ein heiteres Wort schlüpfte. Wenige hätten bei derselben Stand gehalten, allein Frau Rosmarin kam mit ihr aus. Das düstere Wesen derselben harmonierte vielmehr mit ihrer eigenen Stimmung und es fand zwischen beiden eine gewisse Sympathie statt, die sich besonders kund gab, wenn die Wirtin, die düster brennende Lampe vor sich, am Tische saß und ein verbrauchtes Spiel Karten aus der Tasche zog.

      »Was will Sie beginnen, Jungfer Mewes?« fragte die Rosmarin, die sich nahe dem Herde gesetzt hatte, auf welchem ein Torffeuer glimmte, welches eine notdürftige Wärme um sich verbreitete. Das Wetter hatte sich gegen den Abend auffällig verändert. Regenwolken hingen dicht und schwer herab und der Sturm flog heulend um die hohen und spitzen Giebel, daß sie leicht erzitterten und Funken und Asche von dem Herde aufwirbelten, wenn der Wind in den Schlot hinabfuhr.

      »Was will Sie beginnen, Jungfer Mewes?« wiederholte die Schauspielerin, als auf ihre Frage keine Antwort erfolgte. »Sie soll mir nicht wahrsagen, heute nicht. Ich kann nichts hören in meinem aufgeregten Zustande. Hört Sie mich? Sie soll nicht!«

      Es schien fast in dem Ton zu liegen, womit diese Worte gesprochen wurden, als sollten sie das Gegenteil von dem bedeuten, was sie ausdrückten. Ihre Augen hefteten sich fest auf die Karten und Unruhe im ganzen Körper deutete an, daß sie den Augenblick nicht erwarten könne, wo die Weissagung beginne. Allein Jungfer Mewes ließ sich nicht stören. Sie wandte die Augen nicht von der obersten Karte ab, als ob sie aus derselben etwas ganz Absonderliches lesen wollte, und hielt die Lippen fest verschlossen, als fürchte sie, daß ein unbedachtes Wort denselben zur Unzeit entschlüpfen könne.

      »Sie weiß nicht, was mir geschehen ist!« sagte nach einer weiteren Pause die Schauspielerin. »Die Flamme faßte nach mir und ich war nahe daran, zu verbrennen.«

      »Hier ist auch ein Feuer,« sagte Jungfer Mewes, eine Karte umschlagend, »aber das Feuer verwandelt sich in eitel Gold.«

      »Gold!« wiederholte die Schauspielerin. »Hätte ich es, ich würde meinen Rettungsengel damit schmücken! Hört Sie es, Jungfer Mewes? Meinen Engel, der vom Himmel herabkam, um mich dem Feuertode zu entreißen.«

      »Das habe ich Ihr schon vor acht Tagen prophezeit, daß Sie noch einmal lichterloh brennen würde. Damals lachte Sie laut auf und ich warf die Karten hin, weil Ihr Unglaube mich erboste, sonst hätte ich den Engel auch noch gefunden!«

      »Das liebe Kind! Ich weiß wohl, daß es kein rechter Engel war, allein ich nenne ihn so. Was für treue Augen hatte er! Und diese Ringellocken! Jungfer Mewes, die Augen gingen mir über, als ich ihn an mich zog und sein Herz schlagen hörte.«

      »Still!« gebot die Wahrsagerin. »Hier ist ein Engel. Sieht Sie diesen Buben? Aber er wird groß und stark. Er geht an Bord eines Schiffes und fährt über das öde Wasser, weit weg, dahin, wo der Welt Ende ist.«

      »Lasse Sie ihn fahren, so weit er kann. Ich sehe ihn doch leibhaftig vor mir stehen.«

      Jungfer Mewes stocherte die Lampe auf, damit sie heller brenne, legte eine Karte neben die andere und schüttelte stillschweigend den Kopf. Plötzlich schrie sie laut:

      »Da ist er wieder!«

      »Wer?« fragte die Schauspielerin aufschreckend.

      »Der Engel. Er ist schon ganz nahe bei Ihr. Aber der kleine Engel ist ein stattlicher Herr geworden und hat einen bunten, gestickten Rock an.«

      Frau Rosmarin lächelte schmerzlich: »Wenn das Glück mit ihm ist, wird er nicht in mein Haus treten. Das ist immer vor meiner Schwelle umgekehrt.«

      »Diesmal kommt er,« sagte Jungfer Mewes zuversichtlich. »Und er kommt nicht allein, sondern er bringt Ihr etwas mit.«

      »Und was wäre das?«

      »Einen Liebhaber!« entgegnete die Wahrsagerin rasch. »Einen stattlichen, vornehmen Herrn. Und einen Brautschatz schleppt er hinter sich her, der flimmert und glänzt, daß einem das Herz im Leibe lacht.«

      »Die Karten lügen!« rief die Schauspielerin aufspringend. »Ins Feuer mit ihnen!«

      Sie streckte die Hand danach aus, allein Jungfer Mewes umkrallte sie so fest mit den Fingern, daß man ihr dieselben nicht zu entreißen vermochte. Dabei wurde sie gar ingrimmig und sich der Schauspielerin gegenüberstellend, die Arme in die Seiten gestemmt, sagte sie giftig:

      »Das ist nun zum zweiten Male, daß Sie mein Spiel stört und mir diesen Schatz rauben will. Wenn es zum dritten Male geschieht, kündige ich Ihr den Vertrag und lasse sie ziehen. Sie mag dann sehen, wo Sie für wenige Schillinge Kost und Herberge findet. Das Schauspielervolk tut immer so stolz und aufgeblasen, als ob es etwas Rechtes wäre, und es gibt sich doch kein ehrlicher Christenmensch mit ihnen ab. Wo will Sie denn hin, wenn ich Ihr die Tür verschließe?«

      Frau Rosmarin empfand die Wahrheit dieser Worte und es fiel ihr schwer aufs Herz, daß die Erzürnte die ausgestoßene Drohung zur Wahrheit machen könne. Zugleich fühlte sie die Demütigung, von den Launen einer zänkischen alten Jungfer abhängig zu sein und ein Gefühl der Bitterkeit bemächtigte sich ihrer. Aber sie bekämpfte die aufsteigende Wallung und der Jungfer Mewes die Hand reichend, sagte sie:

      »Trage Sie es mir nicht nach. Ich werde СКАЧАТЬ