Angst macht große Augen. L.U. Ulder
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Название: Angst macht große Augen

Автор: L.U. Ulder

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783738016017

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СКАЧАТЬ Qualm seiner Zigarre wurde selbst ihm als Kettenraucher in dem kleinen Innenraum zu viel. Außerdem konnte er es dem Münsterländer, der hinten auf der winzigen Ladefläche kauerte, nicht zumuten. Über die Beine hatte er die schmuddelige Decke gelegt, die ständig hinten im Auto lag und in kalten Nächten beim Ansitzen auf Wild zum Einsatz kam. Genüsslich sog er den Rauch ein und versuchte, ihn in Form von kleinen Ringen wieder auszuatmen, was ihm aber nicht gelang. Wo er schon beim Genuss angelangt war, fiel ihm wieder die verbeulte, flache Metallflasche in seiner Jackentasche ein und er zog sie geübt hervor. Kurz bevor er von seinem Bauernhof aus losgefahren war, hatte er sie schnell noch heimlich mit Hochprozentigem aufgefüllt. Heimlich deshalb, weil es sonst womöglich am heftigen Veto seiner Ehefrau gescheitert wäre. Wenn er schon die Nacht zum Tage machte, wollte er wenigstens auf gewisse Annehmlichkeiten nicht verzichten. Vorsichtig führte er die Flasche zum Mund und widerstand dem Reflex, einen ordentlichen Schluck zu nehmen. Er beließ es bei einem Nippen, wusste er doch noch nicht, welche Überraschungen die Nacht für ihn bereithielt.

      „Willst du schon wieder los mitten in der Nacht?“ war Idas Reaktion gewesen, als sie bemerkte, dass er im Wohnzimmer nicht aufgestanden war, um zu Bett zu gehen, sondern im Flur verschwand, um sich die Stiefel und die Jacke anzuziehen. Der Jagdhund hatte ihn verraten, der drückte sich schwanzwedelnd in der Tür zum Flur herum und ließ sein Herrchen nicht mehr aus den Augen.

      „Na klar will ich los. Irgendwann erwische ich den Schweinehund schon, wirst sehen.“

      „Und was dann?“

      „Dann zeige ich ihn an, was sonst.“

      „Ach, du willst doch bestimmt nur einen zwitschern mit einem deiner Kumpanen.“

      Hinnerk winkte ab, leinte den Hund an und ging nach draußen.

      Seit ein paar Wochen entsorgte ein Unbekannter auf einem kleinen Wirtschaftsweg zwischen den Feldern des schleswig-holsteinischen Landwirtes seinen Bauschutt. Es musste sich um einen Bauherren handeln, der in einem der Neubauviertel im nahen Neumünster ein Haus baute. Anhand der Müllreste ließ sich der Baufortschritt problemlos nachvollziehen. Waren es zuerst Mörtelreste und Steine gewesen, folgten Styropor und andere Dämmmaterialien. Nissen rechnete damit, in den nächsten Tagen Tapetenreste oder Verschnitte von Fußbodenbelägen zu finden. Mit jedem Fund schwoll der Hals des Feldeigentümers, der wieder mühsam für Ordnung sorgen musste. Bevor die Hausbauarbeiten abgeschlossen waren, wollte er dem Verursacher auf die Füße steigen und schlug sich deshalb wieder einmal eine Nacht um die Ohren. Der Hund hatte seine Schnauze auf der Rückenlehne abgelegt und beobachte mit stoischer Ruhe seinen Herrn.

      Nach über einer Stunde, Mitternacht war gerade vergangen, drohte Hinnerks Aufmerksamkeit in einem leichten Schlaf zu versinken. Immer wieder fielen ihm die Augen zu, auch weil er noch etliche Male an der Taschenflasche genippt hatte. Nur im Unterbewusstsein nahm er eine Veränderung der Umgebung wahr. Ein schwacher Lichtschein wurde am Horizont sichtbar. Sofort war der Bauer wieder hellwach und rieb sich die Hände, um auch den Rest des Körpers wieder in Gang zu bekommen. Der Schein kam aus westlicher Richtung, von der tiefer liegenden Landstraße. Noch war er von der schwach ausgeprägten Erdkuppe verdeckt, aber er wurde beständig heller. Unwillkürlich zog der knapp sechzigjährige Landwirt den Kopf ein, obwohl er unmöglich gesehen werden konnte. Er hatte den kleinen Geländewagen über einen von tiefen Treckerspuren durchzogenen Seitenweg getrieben, der von einem normalen Pkw nicht befahren werden konnte und stand mit ihm im Schutz einer Feldhecke.

      „Na, da schau an“, meinte er zum Hund. „Jetzt kommen sie sogar schon mit zwei Autos.

      Zwei Fahrzeuge näherten sich auf dem Querweg der zur illegalen Mülldeponie verkommenen Stelle. Hinnerks Gemütszustand schwankte zwischen Aufregung und Enttäuschung. Zwei Autos konnte auch bedeuten, dass sich ein Liebespaar an dem von ihm beobachteten Platz traf. Und das würde heißen, dass sein Aufwand nicht belohnt werden würde, die beiden Wagen würden den Abfallentsorger vertreiben und ihm bliebe am Ende nur, Präservative, Taschentücher und leere Flaschen von seinem Grund und Boden zu entsorgen, was auch nicht zum ersten Mal geschehen war.

      Noch bevor die Fahrzeuge die von ihm erwartete Position erreichten, hielten sie an. Durch die Hecke hindurch konnte der Bauer mit Hilfe des sich heller abzeichnenden Himmels sehen, dass es sich um einen Kombi und einen größeren SUV handelte. Fieberhaft überlegte Hinnerk, was er unternehmen sollte. Einem Pärchen die ganze Zeit zuzuschauen war nicht seine Art, also beschloss er, nur noch kurz zu warten, wie sich das Geschehen entwickeln würde, um dann einzugreifen.

      „Na wartet, ihr Vögel. Gleich seid ihr dran.“

      Sein entschlossener Ton veranlasste den Münsterländer hinter ihm, den Kopf anzuheben und verhalten zu knurren.

      Als die Lampen der fremden Autos erloschen, konnte er durch den Hintergrund des helleren Nachthimmels erkennen, dass sich die Fahrertüren beider Autos öffneten und jeweils eine Person ausstieg. Bei keinem der Wagen ging die Innenbeleuchtung an, was den Beobachter in seiner Meinung bestärkte, auf der richtigen Spur zu sein. Wer nichts zu verbergen hatte, musste die Beleuchtung nicht ausstellen. Der Fahrer des Kombi trat an das Heck des Fahrzeugs und öffnete die Klappe, Nissen richtete sich weiter im Sitz auf und beugte sich nach vorn, wie um den Abstand zu verkürzen. Der Landwirt sah, dass die Person einen kartonähnlichen Gegenstand herausholte, seitlich an das Auto und damit schüttelnde Bewegungen machte. So ein Schweinehund, dachte er, verteilt seinen Müll gleichmäßig auf dem Weg.

      Entschlossen startete er den Motor, schaltete das Licht ein und fuhr auf dem holprigen Weg den Autos entgegen. Am äußeren Rand des Lichtkegels erkannte er zwei Männer, die einen Augenblick lang wie erstarrt in ihren Bewegungen verharrten. Und dann ging alles ganz schnell, eine der Person warf etwas weg, Nissen meinte, einen Benzinkanister zu erkennen. Eine Flamme züngelte über den Feldweg entlang, während die beiden Männer zu dem Geländewagen liefen. Als der Bauer in den Querweg eingebogen war und den Kombi erreichte, krabbelten erste Flammen über die Karosserie des Fahrzeuges. Der große Geländewagen wurde hastig über den Weg, den er gekommen war, zurückgesetzt. Die Fernscheinwerfer waren eingeschaltet, sie blendeten derartig, dass er weder den Fahrzeugtyp geschweige denn das Kennzeichen erkennen konnte. Er wollte einen Versuch starten, an dem zurückgelassenen Auto vorbei zu kommen, ließ es aber sofort, als das rechte Vorderrad hinter dem Rand des kleinen Damms abzurutschen drohte. Auf dem von tiefen Gräben gesäumten Weg gab es kein Vorbeikommen. Der Landwirt setzte zurück, um seinen Suzuki weit genug von dem brennenden Auto stehen zu haben und blieb beim Herausspringen in der Decke hängen, die immer noch um seine Beine geschlungen war. Fluchend konnte er sich befreien und gelangte endlich aus seinem Wagen. Er reckte den Hals und sah noch, wie der große Geländewagen bereits die Kuppe erreicht hatte und aus seinem Sichtbereich verschwand. Dafür loderten die Flammen immer höher. Hinnerk lief nach hinten und riss einen Feuerlöscher aus dem Kofferraum. Der Münsterländer wollte ebenfalls die Gelegenheit nutzen und herausspringen, blieb aber widerstrebend sitzen, nachdem er von seinem Herrchen entsprechend angeranzt wurde.

      Nissen gelang es, den größer werdenden Brand mit dem letzten Rest seines Pulverlöschers zu ersticken. Verwundert schaute er auf den verschmorten Lack des offensichtlich nur wenige Jahre alten Pkw und überlegte, aus welchem Grund die Unbekannten wohl den Brand gelegt haben mochten. Weil das Feuer auf dem Dach und auf der Fahrerseite gezüngelt hatte, fasste er das Auto wegen der befürchteten Hitze an dieser Stelle gar nicht erst an. Er ging herum zur Beifahrerseite und öffnete die hintere Tür. Mit einer kleinen Taschenlampe leuchtete er hinein.

      „Verdammt, was ist das denn?“, brüllte er sofort erschrocken, zog sich hektisch zurück und warf die Tür mit Schwung zurück ins Schloss. Aufgeregt tastete er in seiner Jacke nach dem Handy. Die Finger zitterten, als er die Nummern für den Notruf eingab.

      7.

      Valerie СКАЧАТЬ