Angst macht große Augen. L.U. Ulder
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Название: Angst macht große Augen

Автор: L.U. Ulder

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783738016017

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СКАЧАТЬ die Glastüren. Einen Fuß stellte er so, dass ihn der Türkontakt erfasste.

      Die beiden rechten Türen des BMW flogen auf. Zwei ebenso mit Kapuzen vermummte Männer stiegen aus und bewegten sich schnell in die Bank hinein. Der Erste, ein durchtrainiert wirkender Mann, hielt eine dunkle Tasche in der Hand, wie sie von Sportlern verwendet werden. Der zweite Mann ging schwerfällig, was nicht nur an seiner korpulenten Figur lag. An der großen Gasflasche hatte er schwer zu tragen. Am Kopf der Flasche war ein Schlauch befestigt, der in einem langen Metallrohr endete. Als beide Männer im Gebäude verschwunden waren, trat der Komplize aus dem Kontaktbereich des Türöffners heraus. Die Glasflügel schoben sich zusammen, der Mann drückte sich zurück in den Schatten und beobachtete die Umgebung. Die beiden Männer in der Bank benötigten länger als ihr Komplize zuvor. Es dauerte quälend lange Minuten, bis sie wieder auftauchten. Der Sportliche trat schnell heraus und drückte sich mit in den Schatten neben dem Eingang. Der Korpulente kam rückwärts und gebeugt heraus. Er führte einen dünnen Draht aus dem Inneren des Gebäudes heraus und achtete darauf, dass ihn die automatischen Türflügel nicht erfassten. Der zweiadrige Draht war an den Enden aufgezwirbelt, in der anderen Hand hielt er einen kleinen rechteckigen Gegenstand. Der Mann schaute sich nach allen Seiten um und horchte in die Nacht hinein.

      Für einen kurzen Augenblick herrschte in der Straße wieder die gleiche, schläfrige Stille wie vor dem Eintreffen des Kombis.

      Als er den Draht und den kleinen Gegenstand zusammenführte, erschütterte ein ohrenbetäubender Knall die kleine Bankfiliale. Die Druckwelle riss die Glastüren aus ihrer Halterung und ließ deren Elektronik verrückt spielen. Der linke Flügel öffnete sich ruckelnd und blieb auf halbem Wege stehen, der rechte hing schief und drohte, ganz herauszufallen.

      Sofort liefen der Sportliche und der Dicke zurück in die Bank.

       *****

      Ja, Hermann Radtke wusste noch zu genau, was ihm der Beamte in jener Nacht im verärgerten Ton zugezischt hatte. Es ging um seinen Anruf wegen einer verdächtigen Beobachtung, mal wieder. Die beiden Streifenwagen, die kurz darauf eintrafen, erwischten ein Liebespaar inflagranti. Einer der Streifenbeamten machte ihn ungehalten an, dass er nicht jedes Mal aus einer Mücke einen Elefanten machen sollte. Wegen ihm hätten sie einen anderen wichtigen Einsatz abgebrochen. Und wenn er nicht damit aufhörte, wegen seiner eigenen Schlaflosigkeit andere Leute zu belästigen, könnte man ihm auch zukünftige Einsätze in Rechnung stellen.

      In Rechnung stellen, diese unverhohlene Drohung wirkte bei ihm lange nach. Um Rechnungen für Polizeieinsätze zu bezahlen, war seine Rente entschieden zu niedrig. Also versuchte er, ganz entgegen seinem Naturell, die Beobachtung zu ignorieren und drehte erneut eine Runde. Hinten im Wohnzimmer, an der vom Küchenfenster am weitesten entfernten Stelle, vernahm er auf einmal einen dumpfen Knall. Es kam ihm vor, als hätte es vorn auf der Straße einen Unfall gegeben. Er unterbrach seine Übung, drehte sich um und bewegte sich schwer atmend zurück. Vorsichtig spähte er durch den Stoff nach unten. Vor der Bank war alles ruhig, genauso wie zuvor. Aber der Kleinwagen war verschwunden.

      Die krumm und schief hängenden Glasflügel vermochte er wegen seiner altersbedingten Sehschwäche nicht erkennen. Er sah aber, dass die vertikalen Lamellen der Jalousien im Bankvorraum nicht mehr ordentlich und plan hingen. Durch die entstandenen Lücken konnte er auf dem Hintergrund des hellen Fußbodens im Gebäude Bewegungen wahrnehmen.

      Sein Blick wanderte unschlüssig vom Fenster zur kleinen Anrichte mit dem Telefon. Hermann Radtke entschied sich, der Sache zunächst selbst auf den Grund zu gehen, bevor er die Polizei verständigte. Entschlossen zog er seine beige Windjacke über das Unterhemd, schlüpfte in seine alten Pantoffeln, strich sich noch einmal über das dünn gewordene, graue Haar und verließ die Wohnung. Auf die Flurbeleuchtung verzichtete er. Vorsichtig tastete er sich am Handlauf nach unten.

       *****

      Der Mann direkt neben dem Eingang zur Bank sondierte die Umgebung. Nirgends schien es eine Reaktion auf die Sprengung gegeben zu haben, die Fenster der gegenüberliegenden Häuser blieben dunkel. Einen Moment lang glaubte er, hinter einer Gardine im Obergeschoss eine Bewegung gesehen zu haben und behielt die Stelle im Auge. Als aber alles dunkel blieb, konzentrierte er sich wieder auf die Straße.

      Der Mann auf dem Fahrersitz des BMW hustete ständig. Trotz seiner leichten Sommergrippe rauchte er eine Zigarette, was den Hustenreiz noch erhöhte. Die linke Seitenscheibe war einen spaltbreit geöffnet, regelmäßig drang eine feine Rauchwolke nach außen, begleitet von den Geräuschen eines festsitzenden Hustens. Er war nicht, wie seine Komplizen, vermummt. Durch die Scheiben ließen sich seine hellen, kurzen Haare erkennen. Im Inneren des Bankvorraumes waren die beiden Komplizen damit beschäftigt, Geldscheine in die Sporttasche zu stopfen. Die von der Gasexplosion ausgelösten Schäden an den beiden Geldausgabeautomaten hatten sie zuvor mit Brechstangen bearbeitet, bis sie an die Kassettenschächte herangekommen waren.

      Der Posten am Eingang reckte seinen Hals noch weiter um den Mauervorsprung, um das Geschehen im Inneren besser beobachten zu können.

      Erst eine wütende Stimme erinnerte ihn an die ihm zugewiesene Aufgabe. Ruckartig drehte er den Kopf und sah einen alten Mann schräg über die Straße auf den BMW zugehen. Er hielt die rechte Hand zur Faust geballt in die Höhe.

      Den Wortschwall, der ihm entgegen kam, verstand der Posten nur teilweise, das Wort Polizei tauchte unzweifelhaft darin auf. Kurz bevor der Mann den BMW erreichte, flog dessen Fahrertür auf. Der Fahrer hatte sich mit dem Oberkörper nach links heraus gedreht und hielt etwas in der Hand.

      Ein Schuss peitschte durch die Straße.

      Der alte Mann blieb schlagartig stehen, sein Gesicht verzerrte sich erschrocken, die rechte Hand tastete wie in Zeitlupe an das Heck des BMW, um Halt zu suchen, die linke wanderte zur Brust. Ein weiterer Schuss fiel, lautlos sackte er zu Boden.

      Die beiden Männer in der Bank kamen herausgelaufen, einer trug die Sporttasche, der Dicke Brechstangen und die Gasflasche. Sie liefen um das Auto herum, rissen die Heckklappe auf und warfen die Gegenstände hinein. Gleichzeitig löste sich der Mann aus dem Schatten und bewegte sich schnell auf die Fahrerseite des Wagens zu. Er warf einen Blick auf den Mann am Boden liegenden Mann, sah die beiden Einschusslöcher in der Brust und im Bauch, aus denen Blut sickerte und beugte sich nach unten. Der Mann atmete noch, der Mund war wie die ins Leere starrenden Augen weit aufgerissen, der Brustkorb hob und senkte sich. Der Fahrer brüllte etwas durch den Fensterspalt und riss ihn so von dem Sterbenden weg. Er kletterte hinter dem Fahrer ins Auto, der bereits den Motor aufheulen ließ. Mit viel zu viel Gas und quietschenden Reifen wurde der Wagen zurückgesetzt, stieß mit dem Rad gegen einen Widerstand und rumpelte darüber hinweg. Der Fahrer fluchte und schaltete wie wild. Das Auto machte einen Satz, als es im ersten Gang voll beschleunigt wurde. Erneut fuhr es über einen Widerstand. Mit lautem Motorengeräusch schlitterte es über den Parkplatz und verschwand mit den Insassen in der Dunkelheit.

      4.

      Lutz Papenkamp kam mit Fahrrad und einem kleinen Anhänger aus einer der Seitenstraße angefahren. Im Anhänger und in den prall gefüllten Satteltaschen befanden sich Tageszeitungen. Es war kurz vor 03.00 Uhr morgens, seine Runde hatte gerade erst begonnen. Er konnte hören, wie in einiger Entfernung ein Motor aufheulte und Reifen quietschten. Achselzuckend schüttelte er den Kopf. Wohin der unbekannte Wagen fuhr, konnte er nicht sehen, das Geräusch entfernte sich und wurde rasch leiser. Gleich darauf war es nicht mehr zu hören. Als er vom wieder einsetzenden Regen die ersten Tropfen ins Gesicht bekam, ließ er mit der rechten Hand den Lenker los und zog sich die Kapuze seiner Regenjacke über den Kopf. Mit stoischem Tempo radelte er weiter. Erst im letzten Moment fiel ihm der alte Audi A6 auf, der quer auf der Durchfahrtsstraße des Ortes stand. Obwohl er mit seinem Fahrrad bequem daran vorbei СКАЧАТЬ