Angst macht große Augen. L.U. Ulder
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Angst macht große Augen - L.U. Ulder страница 5

Название: Angst macht große Augen

Автор: L.U. Ulder

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783738016017

isbn:

СКАЧАТЬ noch etwas vor“, winkte Anna-Lena ungerührt ab und wandte sich wieder ihrem Koffer zu, als hätte es die Unterhaltung nie gegeben.

      „Was meinst du, soll ich diese Jacke mitnehmen?“

      Sie hielt ein Kostümjäckchen in die Luft, das zu jeder Premierenveranstaltung gepasst hätte.

      „So ein Quatsch. Wo willst du denn das anziehen? Nimm eine dünne Jacke, falls es warm wird und eine Regenjacke mit. Und tue mir bitte einen Gefallen.“

      Valerie stand genau vor der Freundin. Sie beugte sich vor und fasste auf beide Schultern.

      „Mach dir nicht unnötig das Herz schwer. Fahr nicht nach Klitmöller oder zu irgendeinem anderen Surfspot.“

      „Ach was.“

      Anna-Lena drehte sich zur Seite.

      Wie oft waren die Freundinnen gemeinsam zum Surfen in Dänemark gewesen. Nicht unter Extrembedingungen, dazu fehlte ihnen die Erfahrung. Sie waren Soulsurferinnen, den Begriff hatte die Freundin irgendwo aufgeschnappt. Aber wann immer sich die Gelegenheit bot, waren sie zu den Hardcorespots wie Klitmöller gefahren und hatten den richtigen Surfcracks in den Wellen zugesehen. Wenn Anna-Lena schon den Seglern in ihren Nussschalen auf der Alster sehnsüchtig hinterher starrte, wie sehr würde ihr der Anblick der Surfer wehtun.

      An der Eingangstür klapperte es, Zoé kam von der Schule zurück. Gerade rechtzeitig, um die trübe Stimmung zu vertreiben. Mit weit ausgebreiteten Armen kam sie in Anna-Lenas Zimmer gelaufen und stutzte, als sie den Koffer auf dem Bett liegen sah.

      „Fährst du weg?“

      „Na klar. Darüber haben wir doch gesprochen, dass Stefan und ich eine Woche Urlaub machen. Hast du gedacht, wir machen nur Spaß?“

      Dem enttäuschten Gesicht war anzusehen, dass sie genau das gedacht haben musste.

      „Au Mann, ihr macht es mir wirklich nicht leicht. Mit zwei Spaßbremsen in einer Wohnung, es wird Zeit, dass wir umziehen. Hör mal, Zoé.“

      Verschwörerisch zog sie das achtjährige Mädchen ganz dicht zu sich heran und senkte den Ton.

      „Du bist jetzt die Chefin hier, wenn ich nicht da bin. Du musst mir versprechen, auf Valerie aufzupassen, solange ich weg bin. Keine Aufträge, während ihr allein seid, ist das klar? Ruf mich sofort an, wenn Valerie etwas Schwammiges macht.“

      Die Kleine nickte so energisch, dass ihre blonden Zöpfe hin und her sprangen.

      3.

      Der Mann kam gebückt von der kleinen Kreuzung her angelaufen. Weiche Sportschuhsohlen verursachten bei jedem Auftreten auf der nassen Fahrbahn ein schmatzendes Geräusch. Er drückte sich an der Hauswand entlang, bis er im Schatten des etwa zwei Meter aus dem Gebäude hervortretenden Eingangs stand. Für jemanden, der zufällig vorbei fuhr und nur flüchtig herüber schaute, war er nicht mehr zu sehen. Der Mann trug eine schwarze Regenjacke. Die Kapuze war tief in das Gesicht gezogen, obwohl der Regen endlich aufgehört hatte.

      Der Kapuzenkopf wanderte bedächtig von links nach rechts. In dem einzigen bewohnten Haus, das direkt gegenüberstand, brannte kein Licht mehr, die Bewohner waren schon vor Stunden schlafen gegangen. Die Häuser rechts und links davon waren in den oberen Stockwerken mit Büros belegt, deren gardinenlose Fenster wie dunkle Höhlen wirkten. Die Schaufenster der ebenerdigen Geschäfte leuchteten nur schwach. Die Straße wirkte wie ausgestorben.

      Auf dem Parkplatz schräg gegenüber des Eingangs stand seit einigen Minuten ein schwarzer BMW Kombi. Im Inneren flammte dreimal ein Feuerzeug auf, durch die Regentropfen auf den Scheiben bizarr verzerrt.

      Der Mann am Eingang nickte, obwohl das niemand sehen konnte. Er trat einen Schritt vor, kam aus dem Dunkel heraus und schob mit der linken Hand eine EC-Karte in den elektronischen Türöffner. Mit leisem Surren glitten die beiden Glasflügel auseinander. Während er in den SB-Bereich der Bank hinein ging, schüttelte seine rechte Hand eine Farbspraydose.

      Keine dreißig Sekunden später tauchte er wieder bei den Glastüren auf. Diesmal blieb er stehen und verhinderte so, dass sie sich wieder schließen konnten. Am BMW öffneten sich die Türen.

      In diesem Moment bog ein Kleinwagen in die Straße ein, wurde langsamer und fuhr auf den Parkplatz der Bank. Seine Scheinwerfer tasteten beim Einfahren in eine der Parkboxen den weiter links stehenden BMW ab. Als er stand, leuchteten sie genau in die Ecke, in die sich der Kapuzenmann geflüchtet hatte. So flach es ging, drückte der sich an die Wand. Mit lautem Scheppern rutschte ihm dabei die Farbspraydose aus der Tasche. Sie rollte quer über die Pflasterung des Gehweges und blieb erst an einem Fahrradständer hängen. Gleichzeitig flog die Fahrertür des kleinen Autos schwungvoll auf. Ein junger Mann in Jeans und weißen Sportschuhen stieg aus. Er trug eine Baseballkappe und strebte mit tänzerischen Bewegungen auf den Eingang zu. Er schaute nicht nach links und nicht nach rechts und schien seine Umgebung nicht wahrzunehmen. Nur bei genauerem Hinsehen ließen sich die weißen Minikopfhörer in seinen Ohren entdecken.

       *****

      Hermann Radtke, seit mehr als zehn Jahren im Ruhestand, schlief schon seit einigen Tagen unruhig, weil ihm das Kniegelenk Probleme bereitete. Ein tauber, undefinierbarer Schmerz trieb ihn immer wieder in der Nacht aus dem Bett. Er hatte das Gefühl, dass es ihm Linderung brachte, wenn er sich bewegte und einige Runden in seiner Wohnung drehte. Seine Ehefrau, die von diesen Touren regelmäßig geweckt wurde, zog dann genervt die Bettdecke bis über die Ohren.

      Während Hermann in seiner gestreiften Schlafanzughose und dem Baumwollunterhemd vom Wohnzimmer durch den Flur bis in die Küche ging, blieb er immer wieder stehen, hob den Fuß und vollführte die Bewegungen, die ihm der Therapeut gezeigt hatte. Beleuchtung benötigte er dabei nicht. Von den Straßenlaternen drang genügend Licht durch die Gardinen der vorhanglosen Fenster.

      Wenn er bei seinen Runden in der Küche ankam, schaute er jedes Mal hinter der feinen Gardine aus dem Fenster. Der dunkle BMW, der vor der Bank auf der anderen Straßenseite parkte, war ihm sofort aufgefallen.

      Bei seiner zweiten Runde stand auf einmal ein weiteres Auto, ein silberner Kleinwagen auf dem Parkplatz.

      Die Aktivitäten dort unten nahm er jedoch zunächst nicht wahr. Immer, wenn er hinunterschaute, herrschte gerade Ruhe.

      Als nach seiner nächsten Runde beide Pkw immer noch dort standen, ging er beunruhigt ins Schlafzimmer.

      „Dort unten parken schon wieder Autos, zwei Stück, schon ganz schön lange. Ich glaube, ich sollte die Polizei anrufen.“

      Wie selbstverständlich ging er davon aus, dass seine Frau von seinen nächtlichen Aktivitäten wach geworden war.

      „Das lässt du schön bleiben“, knurrte sie folgerichtig unter der Bettdecke hervor. „Du weißt doch noch, was dir der Beamte beim letzten Mal gesagt hat.“

       *****

      Der musikhörende junge Mann kehrte zurück. Ohne ein Anzeichen, dass ihm etwas aufgefallen war, ging er wippend auf sein Auto zu und stopfte dabei Geldscheine in ein Portemonnaie. An seinem Wagen blieb er stehen und fummelte, ohne seine Tanzbewegungen zu unterbrechen, das Portemonnaie in die rechte Gesäßtasche. Er stieg in sein Gefährt ein und wippte weiter mit dem Kopf. Schließlich fuhr er davon, innerhalb von Sekunden kehrte Ruhe ein.

      Der СКАЧАТЬ