Angst macht große Augen. L.U. Ulder
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Название: Angst macht große Augen

Автор: L.U. Ulder

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783738016017

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СКАЧАТЬ allem, was er unmittelbar vor seiner hektischen Flucht aus der Hütte gehört hatte, auch seine beiden Mitbewohner.

      Die Feuerwehrleute trafen fast gleichzeitig mit ihm ein. Sie drängten die Schaulustigen zurück. Obwohl sie massiv gegen das Feuer vorgingen, konnten sie nur noch verhindern, dass der Brand nicht auf die benachbarten Behausungen übergriff.

      Azamat beherrschte die deutsche Sprache mittlerweile ausreichend, um sich zu verständigen zu können. Während er ungläubig und mit weit aufgerissenen Augen auf die Flammen starrte, schnappte er Wortfetzen der umstehenden Männer auf. Die waren sich einig, je länger sie in dieser großen Runde darüber austauschten, dass man wohl ab und an jemanden hineingehen oder herauskommen sehen hatte, aber niemand die Bewohner gekannt hatte, geschweige denn die Firma, für die sie tätig gewesen waren.

      Azamat zog den Kopf noch weiter ein, vermied jeden Blickkontakt und drückte sich in den Schatten. Geduldig wartete er ab, bis der Brand endlich gelöscht war. Von den Wänden waren nur noch Gerippe übrig geblieben, das Dach fehlte komplett. Einer der Feuerwehrmänner betrat schließlich, mit einer langstieligen Harke bewaffnet, die Ruine. In seinen schweren Stiefeln watete er durch das knöcheltiefe Löschwasser, während ihm ein Kamerad mit einem starken Scheinwerfer von draußen Licht spendete. Bedächtig zog er mit den Spitzen seines Werkzeugs undefinierbare Klumpen auseinander. Als Azamat ihn rufen hörte, dass nur verbrannter Müll herumlag und keine Menschen zu Schaden gekommen seien, wandte er sich ab und verschwand in der Nacht.

      2.

      Zwei Tage zuvor.

      „Was denn nicht noch alles? Nimm doch gleich den ganzen Hausstand mit. Oder ist das etwa schon der Umzug?“

      Valerie war lautlos und unbemerkt durch den Flur gekommen. Jetzt lehnte sie mit vor der Brust verschränkten Armen in der Tür zu Anna-Lenas Zimmer und sah der Freundin beim Packen zu. Die saß in ihrem Rollstuhl neben dem Bett, auf dem ein aufgeklappter Koffer lag, der locker für zwei Personen gereicht hätte und packte ein Kleidungsstück nach dem anderen hinein.

      Als die Freundin sich umdrehte, lag in ihren Augen ein Hauch von Traurigkeit. Der gleiche wehmütige Blick, mit dem sie die Segler auf der Alster immer beobachtete.

      „Also doch. Du willst gar nicht, dass wir fahren. Ich habe mir schon die ganze Zeit gedacht, dass dir hier allein alles zu viel wird.“

      Valerie biss sich auf die Lippe, sie merkte sofort, wenn sie es übertrieben hatte. Eigentlich wollte sie die Freundin nur ein wenig aufziehen, aber die hatte heute anscheinend beschlossen, ihren empfindlichen Tag zu haben.

      „Quatsch, ich wollte dich nur ein bisschen ärgern.“

      Sie trat an Anna-Lena heran und legte ihr die Hand auf die Schulter.

      „Ich weiß doch, wie schräg du drauf bist und wie du reagierst. Aber mal im Ernst, früher haben uns für eine Woche Dänemark ein paar T-Shirts und eine Regenjacke gereicht. Mit chic Ausgehen ist da nichts.“

      „Sei mal ganz ehrlich. Du würdest doch am liebsten mit uns mitkommen, mitsamt der Kleinen.“

      „Das ist Blödsinn. Erstens muss Zoé zur Schule und zweitens tut uns eine kurze Trennung mal ganz gut. Wir leben ja schon wie ein altes Ehepaar zusammen, auch wenn du deinen Stefan hast.“

      „Na und? Nimm die Kleine für eine Woche aus der Schule raus. Masern, Röteln, was weiß ich. Die eine Woche wird ihr nicht wehtun und im neuen Haus ist bis dahin auch noch nichts zu tun. Und regnen soll es hier auch noch für die nächsten Tage, fängt heute Abend an.“

      Das neue Haus.

      Die Detektivin überschlug, wie lange Anna-Lena und sie bereits gemeinsam in der komfortablen Wohnung lebten. Waren es vier oder bereits fünf Jahre? Die Zeit jedenfalls schien wie im Zeitraffer vergangen zu sein, seit sie mit Zoé im Anschluss an die schrecklichen Ereignisse in Italien in die Hansestadt zurückgekehrt war und sie Anna-Lena nach deren Entlassung aus der Rehaklinik zu sich holte. Für die Adoption der Kleinen hatten die Freundinnen, anwaltlich unglücklich beraten, dem Jugendamt eine lesbische Lebensgemeinschaft vorgespielt. Und ausgerechnet in dieser Zeit verliebte sich Anna-Lena in Stefan, dem Streifenpolizisten aus Niedersachsen. Als wären die damaligen Lebensumstände nicht turbulent genug, schleppte der seinen Kumpel Net mit an, mit dem er zusammen Pädophile im Internet aufspürte. Net, der Computer- und Technikfreak war, vorsichtig ausgedrückt, ziemlich schräg.

      Mit einer Gesichtsblindheit geschlagen, die ihn an seiner eigenen Mutter vorbeilaufen lassen würde, verabscheute er jegliche Nähe von anderen Menschen. Dafür war er in technischen Dingen höchst versiert und seine Arbeit bei einem Provider machte ihn unersetzlich, was das Beschaffen von Daten und das Aufspüren von Handys und deren Besitzer anging. Das hatte er in der Vergangenheit mehrfach unter Beweis stellen können.

      Und jetzt bahnte sich ein Einschnitt an.

      Für Zoé waren Valerie und Anna-Lena gleichwertige Angehörige, wie große Schwestern, eine Trennung dieses Dreiergespanns völlig undenkbar. Deshalb zerbrach sie sich schon, kurz nachdem Anna-Lena und Stefan zusammengekommen waren, den Kopf, wie es weitergehen würde. Und nun war es fast soweit, es sollte ein neuer Lebensabschnitt beginnen.

      Vor gut einem Jahr von Stefan als Gedankenspiel in den Raum geworfen, standen sie jetzt kurz davor, von Rotherbaum nach Othmarschen umzuziehen. Jede der Freundinnen bekam seine eigene Haushälfte. Stefan konnte endlich mit Anna-Lena zusammenziehen und Zoé würde die Trennung überhaupt nicht als solche wahrnehmen.

      „Nein. Auf keinen Fall nehme ich sie aus der Schule raus, um dann mit ihr Urlaub zu machen. Was für ein Zeichen würde ich da für ihre Erziehung setzen.“

      „Puuuh, preußisch, praktisch, gut. Du wirst wohl nie über deinen Schatten springen. Mit der Einstellung konntest du auch nur Beamtin werden.“

      „Das bin ich nicht mehr. Aber was Zoés Erziehung angeht, verstehe ich keinen Spaß.“

      „Ach, denk lieber daran, was du versprochen hast?“

      „Was habe ich denn versprochen?“

      „Keine schwammigen Aufträge anzunehmen und keine Alleingänge, solange ich nicht da bin.“

      „So, hab ich das?“

      „Ja, auf die letzte Flasche Sangiovese, die wir geleert haben. Macht euch eine schöne Zeit. Lade doch mal Net zum Essen ein.“

      Valerie lachte.

      „Was soll ich denn mit dem schrägen Vogel?“

      „Er ist immerhin dein freier Mitarbeiter.“

      „Täusche ich mich oder geht da schon wieder irgendetwas quer in deinem Kopf? Du hast das 'freie' so betont.“

      Anna-Lena winkte Valerie dichter zu sich heran und sprach leiser als zuvor weiter, obwohl sich sonst niemand in der Wohnung befand.

      „Ich merke doch, dass er auf dich steht. Und außerdem, er ist doch mit seiner Gesichtsblindheit der ideale Lover-to-go. Er erkennt dich hinterher nicht mehr. Wenn du mal keinen Bock mehr auf ihn hast, tust du einfach so, als wärst du jemand Fremdes.“

      „Geht es dir nicht gut? Mir fehlen jetzt wirklich die Worte. Ich glaube, wenn dein Stefan wüsste, was hier drin vor sich geht“, sie tippte der Freundin auf СКАЧАТЬ