Angst macht große Augen. L.U. Ulder
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Название: Angst macht große Augen

Автор: L.U. Ulder

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783738016017

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СКАЧАТЬ den Zoo gehen, obwohl das Wetter alles andere als vielversprechend war. Mit Regenjacken und Gummistiefeln wurde es trotzdem ein wunderschöner Nachmittag.

      Am Montag musste Zoé wieder in die Schule, das entlastete Valerie als Alleinunterhalterin ein wenig und sie konnte vormittags zur Baustelle fahren. Weil ein paar Tage zuvor Estrich verlegt worden war, war ein Betreten der Haushälften noch nicht möglich. Die Gartenbaufirma hatte versprochen, mit den Außenanlagen zu beginnen, nur war vom Gärtner keine Spur zu sehen. Verärgert schaute Valerie auf die Uhr und rief bei der Firma an. Wortreich entschuldigte die Sekretärin den nicht anwesenden Firmeninhaber und versprach, dass am nächsten Morgen ganz früh die Arbeiten beginnen würden.

      So war es dann auch, am Dienstagmorgen standen zwei Lkw mit Anhänger vor den Grundstücken. Mehrere Arbeiter waren hinter dem Doppelhaus mit schwerem Gerät am Werken. Zufrieden fuhr Valerie in die Stadt. Am Nachmittag ging sie mit Zoé hinunter zum Spielplatz, der sich gleich hinter dem Appartementhaus befindet. Die Frau, die sie unmittelbar danach von hinten ansprach, hatte sie zunächst gar nicht wahrgenommen, zu sehr war sie auf das Kind fixiert, das sich an einem Klettergerüst ausprobierte.

      „Sie Detektivin?“

      Sie sprach in einem harten, osteuropäisch klingenden Slang und einer Überbetonung der letzten Silbe. Valerie runzelte die Stirn und drehte sich um. Hier war sie noch nie auf ihren Beruf angesprochen worden.

      „Ja“, antwortete sie zögerlich.

      Die Frau war sehr klein, keine 1,60 cm groß und zierlich. Ihr Haar war glatt und pechschwarz, genauso wie die Augen. Aber am Auffallendsten war ihr sich herauswölbender Bauch. Sie schien kurz vor der Geburt zu stehen.

      „Sie mir helfen müssen.“

      Die Worte kamen sehr bestimmt heraus.

      „Aha.“

      Valerie blieb reserviert. Sie wusste, dass es manchmal nur Unsicherheit war, die diesen Tonfall produzierte, aber sie mochte diese Art der Gesprächsführung nicht sonderlich.

      Die Frau tippelte zu einer Holzbank, nahm schwerfällig Platz und tippte mit der Hand auf den Platz neben sich.

      „Setzen, bitte.“

      Der Ton wurde weicher.

      „Ich brauche Hilfe. Mann ist weggelaufen.“

      Weil sie so klein war, schaute sie Valerie von unten direkt in die Augen. Die wich dem traurigen Blick vorsichtshalber aus und nahm so viele Einzelheiten wie möglich auf. Der abblätternde schwarze Nagellack, von Tränen verlaufene und verwischte Schminke um die Augen herum, abgerissene Kleidung.

      „Ihr Mann? Der Vater des … ?“

      Sie zeigte auf den Bauch.

      „Ja, er ist Vater. Kommen aus Tschetschenien. Wollten hier schönes Leben. Jetzt Azamat ist weggelaufen. Hat er Angst vor meinen Brüdern.“

      Der selbstsichere Ton am Anfang war gewichen, die fremde Frau wirkte verzweifelt. Valerie konnte nicht anders, sie legte ihre Hand auf den Handrücken der Tschetschenin.

      „Erzählen Sie weiter. Ich höre Ihnen zu.“

      Die Frau schnappte nach Luft, als müsse sie Tränen unterdrücken.

      „Ich Muslima. Azamat Christ. Wir nicht heiraten können in Heimat, deshalb wir kommen hier. Aber jetzt meine Brüder machen Angst mir, haben gesagt sie Azamat töten. Sie helfen mir bitte, bitte. Sonst mein Aza tot.“

      Tränen liefen ihr über die Wangen und beschädigten das Augenmakeup weiter. Valerie musste schlucken.

      „Meinen Sie, dass Ihre Brüder ihm etwas antun würden.“

      „Bitte Sie helfen. Muss ihn finden vor meinen Brüdern.“

      Die Frau verzog plötzlich das Gesicht und hielt sich mit beiden Händen den Bauch, als würden heftige Stiche durch ihren Leib jagen.

      „Ist alles in Ordnung mit dem Kind? Wann ist es denn soweit?“

      „Noch sechs Wochen, Arzt sagt.“

      Die Züge entspannten sich wieder.

      „Darf ich mal anfassen?“, fragte Valerie. Ihr war eingefallen, dass sie selbst einmal eine Schwangere vorgespielt hatte. Ein Lächeln ging durch das Gesicht der fremden Frau und sie reckte ihren Bauch stolz vor. Valerie legte ihre Hand vorsichtig auf die Rundung. Der Bauch war echt, daran gab es keinen Zweifel. Er war warm, sie konnte sogar eine schwache Bewegung spüren, wenn sie sich konzentrierte. Einen winzigen Augenblick waren Valerie und die Tschetschenin über das Kind im Leib verbunden.

      „Wäre es nicht besser, Sie gingen zur Polizei?“, stellte Valerie den Abstand wieder her.

      „Nein, keine Polizei.“

      Da war er wieder, der selbstbewusste, beinahe abweisende Ton.

      „Kein Vertrauen in Polizei, in Russland nicht und hier auch nicht. Muss ihn nur schnell finden. Dann wir gehen woanders hin.“

      „Ich weiß nicht recht“, versuchte es Valerie ein letztes Mal.

      „Sie meinen, haben kein Geld für Suche. Warten.“

      Obwohl Valerie abwehrte, hielt die Frau plötzlich ein dickes Bündel Geldscheine in der Hand, alles Hunderter, soweit Valerie sehen konnte.

      „Stecken Sie Ihre Geld weg. Das meinte ich nicht. Bezahlen können Sie mich hinterher.“

      Sie seufzte.

      „Ok, ich versuche es. Wie kann ich ansetzen? Hat er hier in Hamburg Freunde, bei denen er sein kann?“

      „Weiß nicht. Habe alle angerufen, die ich kenne. Aber Aza hat Handy. Ist aber immer ausgestellt oder er nicht dran geht. “

      Valerie ließ sich die Handynummer geben und notierte sich die Nummer, den Namen und die Anschrift der Frau.

      Die bedankte sich überschwänglich und ging schwerfällig zur Straße. Die Detektivin sah ihr nach, bis sie hinter einer Hausecke verschwand.

      „Wer war die Frau?“

      Zoé war neben sie getreten, ohne dass sie es bemerkt hatte.

      „Ach, niemand. War nur zufällig hier.“

      Die Kleine schaute sie prüfend an.

      „Anna hat gesagt, du sollst nicht arbeiten, wenn sie im Urlaub ist. Damit nicht wieder etwas Schlimmes passiert.“

      Damit nicht wieder etwas Schlimmes passiert, echote es in ihrem Kopf. Es war immer noch nicht raus aus dem Kopf der Kleinen, obwohl es schon solange her war und sie den Eindruck gewonnen hatte, dass sie es gut verarbeitet hatte. In den ersten Wochen nach der Entführung hatte Zoé nur mit Licht schlafen wollen, aber zum Glück gab sich das irgendwann. Und dass sie beide um ein Haar mit dem alten Kutter in der Nordsee versunken und ertrunken wären, wenn die Kampfschwimmer nicht rechtzeitig aufgetaucht wären, bemerkte die Kleine nicht, weil ihr die Sicht durch den Stoffsack genommen war. Das hatte Valerie zumindest angenommen und sich in allen Gesprächen mit der Psychologin СКАЧАТЬ