Название: Kapitalmarkt Compliance
Автор: Karl Richter
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811447035
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In der Praxis besteht demgegenüber häufig das Bedürfnis, die Veröffentlichung der Information noch so lange aufzuschieben, bis gewisse interne Vorbereitungen getroffen werden konnten (etwa Marketing-Aktivitäten, Einholung der Zustimmung des Aufsichtsrats, Prospekterstellung). Dies kann über Art. 17 Abs. 4 MAR erreicht werden. Der Emittent kann die Veröffentlichung gem. Art. 17 Abs. 7 MAR so lange verhindern, wie es dem Schutz der berechtigten Interessen der Gesellschaft dient, soweit eine Irreführung der Öffentlichkeit nicht zu befürchten und die Vertraulichkeit der Informationen gewährleistet ist.[57] Im Rahmen der Vorbereitung einer Kapitalerhöhung wird ein entsprechender Aufschubbeschluss in der Regel möglich sein, weil diese Voraussetzungen gegeben sein werden.[58] Hier sind dann vermehrt Compliance-Maßnahmen hinsichtlich schriftlicher Dokumentationspflichten, insbesondere zur Verhinderung der Irreführung der Öffentlichkeit und zur Wahrung der Vertraulichkeit zu treffen.[59] Es muss mit Datum und Uhrzeit niedergeschrieben werden, wann die Insiderinformation zuerst beim Emittenten vorgelegen hat, wann die Entscheidung über den Aufschub gefällt wurde und wann die Insiderinformation wahrscheinlich veröffentlicht wird. Überdies sind die Identitäten der Verantwortlichen niederzuschreiben, die die Entscheidung über den Start und das wahrscheinliche Ende des Aufschubes treffen, die die laufende Überwachung der Bedingungen des Aufschubs wahrnehmen, die die Entscheidung über die Veröffentlichung vornehmen und die die von der zuständigen Behörde angeforderten Informationen über den schriftlichen Aufschub und der schriftlichen Dokumentation bereitstellen. Weiterhin sind diese Informationen auch der BaFin zugänglich zu machen. Intern sollten dazu Standardzuständigkeiten zu den vorstehenden Punkten, sowie Standarddokumente und interne Leitlinien festgelegt werden. Die Gesamtverantwortung zur Einhaltung aller Pflichten liegt hier bei dem Vorstand der Gesellschaft.[60]
b) Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten nach dem WpHG in der Vorbereitungsphase
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Wenn sich Investoren zu einer Zeichnung im Rahmen einer Kapitalerhöhung eines im regulierten Markt börsennotierten Unternehmens verpflichten oder direkt zeichnen, stellt sich die Frage, ob hierdurch Mitteilungspflichten nach §§ 33 ff. WpHG (§§ 21 ff. WpHG a.F.) entstehen.[61] Diese Meldepflichten entstehen jedoch bei Börsengängen erst ab Zulassung der stimmberechtigten Aktien zum Handel an einem organisierten Markt.[62] Vorsicht ist hier geboten, wenn den Zeichnern zur Vereinfachung der Abwicklung bestehende Aktien geliefert werden. Es ist dann ist im Einzelfall zu prüfen, ob, bei Überschreiten der gesetzlichen Schwellenwerte, nicht doch eine entsprechende Mitteilungspflicht entsteht.[63]
3. Teil Transaktionsbezogene Compliance › 8. Kapitel Compliance bei Börsengang und Kapitalerhöhung › II. Emissionsphase
1. Werbung in der Emissionsphase
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Während der Emissionsphase gelten für Werbung bei Privatplatzierungen dieselben Grundsätze wie bereits vorstehend zur Vorbereitungsphase dargestellt.[64]
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Soweit ein öffentliches Angebot zulässigerweise prospektfrei erfolgt, muss der Emittent nach § 15 Abs. 5 S. 1 WpPG (Art. 22 Abs. 5 lit. a) ProspektVO) wesentliche Informationen über sich, einschließlich Informationen, die im Verlauf von Veranstaltungen betreffend Angebote von Wertpapieren mitgeteilt werden, allen qualifizierten Anlegern oder allen besonderen Anlegergruppen, an die sich das Angebot ausschließlich richtet, mitteilen. Das gilt allerdings dann nicht, wenn die Prospektfreiheit aufgrund der Ausnahme in § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 WpPG besteht, weil für Aktien im regulierten Markt ein Verkaufspreis von weniger als 5 Mio. EUR innerhalb von zwölf Monaten besteht. Für die übrigen Fälle der Prospektfreiheit ist hier gesetzlich ein Gleichbehandlungsgrundsatz betreffend die Informationsversorgung angeordnet. Demgemäß muss der Emittent eine einheitliche Kommunikation in Bezug auf die Investoren pflegen und sollte dokumentieren, welche Informationen weitergegeben werden. Dies bezieht sich allerdings nur auf wesentliche Informationen nicht hingegen auf jedes Detail. Im Übrigen gelten die Grundsätze aus § 15 WpPG (Art. 22 ProspektVO), die nachstehend (Rn. 77 ff.) für prospektpflichtige Angebote dargestellt sind, bei prospektfreien öffentlichen Angeboten nicht. Auch hier ist aber an die allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung zu denken.[65]
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Im Rahmen von prospektpflichtigen öffentlichen Platzierungen müssen während der Emissionsphase die folgenden Umstände berücksichtigt und entsprechende organisatorische Maßnahmen zur Einhaltung dieser Anforderungen getroffen werden.
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Jede Art von Werbung des Emittenten vor und im Zusammenhang mit einem prospektpflichtigen öffentlichen Angebot muss den Vorgaben des § 15 WpPG (Art. 22 ProspektVO) entsprechen. Dabei ist der Begriff der Werbung im Rahmen des § 15 WpPG (Art. 22 ProspektVO) sehr weit zu verstehen und nicht auf Werbeanzeigen im engeren Sinne zu begrenzen. Zwar differiert der Wortlaut des § 15 WpPG zwischen den Begriffen der Werbung, so Abs. 1, und der Werbeanzeige, so Abs. 2 und 3. In der englischen Fassung der Prospektrichtlinie existiert diese Unterscheidung jedoch nicht und im Wege der richtlinienkonformen Auslegung ist sie auch für den deutschen Anwender abzulehnen.[66] Für diese Auslegung spricht umso mehr, dass auch die neue Prospektverordnung in Art. 22 ProspektVO von der Differenzierung gänzlich Abstand genommen hat.
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Gem. Art. 2 Nr. 9 EU-Prospektverordnung[67] (Art. 2 lit. k) ProspektVO) ist mit Werbung jede Form der Bekanntmachung gemeint, die sich auf ein bestimmtes öffentliches Angebot von Wertpapieren oder deren Zulassung zum Handel auf einem geregelten Markt bezieht und darauf abzielt, deren Verkauf zu fördern. In Betracht kommen Zeitungsanzeigen, TV- oder Radio- Werbespots, aber auch die Angaben und Äußerungen im Rahmen von Pressekonferenzen oder öffentlichen Präsentationen. Werbeanzeigen müssen als solche klar erkennbar sein, § 15 Abs. 3 S. 1 WpPG (Art. 22 Abs. 3 S. 1 ProspektVO). Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Wort „Werbeanzeige“ oder „Werbung“ ausdrücklich enthalten sein muss.
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Des Weiteren dürfen werbende Angaben als solche nicht irreführend oder unrichtig sein, § 15 Abs. 3 S. 2 WpPG (Art. 22 Abs. 3 S. 2 ProspektVO). Darüber hinaus dürfen sie nicht im Widerspruch zu den im Prospekt enthaltenen Angaben stehen, § 15 Abs. 3 S. 3 WpPG (Art. 22 СКАЧАТЬ