Название: Kapitalmarkt Compliance
Автор: Karl Richter
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811447035
isbn:
54
Der naheliegende und in der Praxis in der Regel gewählte Weg zur Vermeidung dieser Auswirkungen ist es, keine Gewinnprognosen oder -schätzungen in den Prospekt mit aufzunehmen. Hier schlägt sich dann wiederum der Bogen zur Kommunikation im Vorfeld einer Aktienemission: Denn wenn entsprechende Prognosen zuvor etwa im Rahmen von Lageberichten oder Pressemitteilungen veröffentlicht wurden, stellen sie in der Regel wesentliche Informationen dar, die in den Prospekt einzufügen sind.[33] Mit anderen Worten: Sind relevante Ergebnisprognosen einmal in der Welt, müssen sie häufig in den Prospekt aufgenommen werden und müssen darüber hinaus auch mit einer entsprechenden Bescheinigung versehen werden.[34] Daher ist schon im Vorfeld der Emission, bei der Entscheidung über Veröffentlichungen entsprechender Art, sorgfältig danach abzuwägen, ob sich hieraus eventuell später prospektrelevante Umstände ergeben. Hierfür müssen das Rechnungswesen und die PR-Abteilung frühzeitig sensibilisiert werden damit sich Lösungen finden lassen, die dem Interesse an einer werbenden Kommunikation einerseits und der Vermeidung nachteiliger Einflüsse auf den Prozess der Prospekterstellung und die Haftungsrisiken andererseits gerecht werden. Dies ist durch die Vorgaben der DRS-Standards zu Lageberichten[35] allerdings zunehmend schwierig geworden.[36]
bb) Zukunftsgerichtete Informationen bei Privatplatzierungen
55
Werden die Aktien des Emittenten nicht öffentlich angeboten, liegt also eine Privatplatzierung, wie vorstehend[37] beschrieben, vor, sind im Rahmen der Kommunikation strikte Regelungen zu beachten. Alle öffentlichen Äußerungen, die den Charakter eines Angebots haben, können/müssen unterbleiben. Anders als im Rahmen eines prospektpflichtigen öffentlichen Angebots wären Angaben zu zukunftsgerichteten Informationen jedoch ohne unmittelbare Konsequenz möglich. Zu bedenken sind hierbei nur die allgemeinen Grundsätze, wonach etwa vorsätzlich irreführende Veröffentlichungen über die Aussichten des Unternehmens Marktmanipulationen sein können.[38]
c) Publizitäts-Richtlinien als Compliance-Maßnahme
56
Zur Gewährleistung der notwendigen Grundregeln in Bezug auf die Kommunikation betreffend die bevorstehende Maßnahme (Börsengang oder Kapitalerhöhung) hat sich die Erstellung sogenannter „Publizitäts-Richtlinien“ (im englischen „Publicity Guidelines“) jedenfalls bei größeren Transaktionen durchgesetzt.[39] Sinn ist es, bereits in der Planungs- und Vorbereitungsphase den Vorständen und Mitarbeitern des Emittenten, den emissionsbegleitenden Banken, Corporate Finance- und Investor Relations-Beratern und den involvierten Aktionären Richtlinien über die bei der Kommunikation zu beachtenden Grundsätze an die Hand zu geben. Gerade, wenn neben auf den Kapitalmarkt spezialisierten IR-/PR-Agenturen interne PR-Abteilungen und/oder externe PR-Agenturen für das operative Geschäft beteiligt sind, ist dies zu empfehlen. Publizitäts-Richtlinien erfassen diejenige Kommunikation, die im Zusammenhang mit dem Angebot steht oder sich auf dieses bezieht (z.B.: Werbeanzeige in der Zeitung über den bevorstehenden Börsengang), die Auswirkungen auf die Beurteilung des Emittenten oder die Entscheidung der Investoren haben kann (z.B.: Veröffentlichung von Finanzinformationen oder Prognoseangaben im Vorfeld des Börsengangs) oder die die Wirkung haben könnte, den Markt für die Aktien zu beeinflussen oder das Interesse am Angebot zu fördern (z.B.: Journalisteninterviews im Zusammenhang mit dem Börsengang).
57
Als Grundsatz ist in diesen Richtlinien festgelegt: Die Gesellschaft sollte vor der Veröffentlichung eines Prospektes weder über ihre Internetseite noch über andere Medien Werbeaussagen für die anzubietenden Wertpapiere oder andere Aussagen, die als Bemühung um Kaufangebote durch Investoren angesehen werden könnten, verbreiten oder zugänglich machen, mit Ausnahme allgemeiner Hinweise auf das beabsichtigte öffentliche Angebot. Die gleiche Beschränkung betrifft Informationen im Hinblick auf das beabsichtigte Angebot, wie z.B. Informationen über den Verkaufspreis. Darüber hinaus sollten allgemeine Informationen über die Gesellschaft oder Informationen, die auf die beabsichtigte Ausgabe von Wertpapieren verweisen, nicht mit einem Angebot verbunden werden, weiter gehende Informationen über die Wertpapiere der Gesellschaft an interessierte Anleger zu versenden. Des Weiteren enthalten entsprechende Publizitäts-Richtlinien Hinweise auf Disclaimer-Formulierungen sowie dazu wann und wo diese bei Werbung, im Internet und auf Roadshow-Materialien einzusetzen sind. Auch die Grundsätze des § 15 WpPG (Art. 22 ProspektVO; vgl. dazu Rn. 75 ff.) werden beschrieben.
58
Auf der anderen Seite geht das Vorgehen mancher Berater zu weit, wenn nämlich der Geschäftsleitung quasi ein Maulkorb auferlegt wird und jegliche schriftliche und mündliche Aussage über das Unternehmen nur nach vorheriger Prüfung durch die Rechtsberater in Wortlautübereinstimmung mit dem Prospekt getätigt werden kann. Die Leitlinien der Kommunikation sind abzustimmen, es muss aber nicht jedes Detail, das öffentlich geäußert wird, eins zu eins mit dem übereinstimmen, was später im Prospekt stehen soll. Der Prospekt muss nur die wesentlichen Informationen enthalten, Zusatzinformationen können erteilt werden, und ein verständiger Investor wird auch unterschiedliche Arten der Formulierungen ein und desselben Sachverhalts verstehen können und müssen.
4. Beschränkungen aus US-Recht
59
Darüber hinaus gilt es bei Aktienemissionen in Deutschland, Beschränkungen zu beachten, die sich aus dem US-amerikanischen Recht ergeben. Das US-amerikanische Recht ist auch aus deutscher Sicht relevant, da es aus eigener Sicht nicht nur im Territorium der USA Anerkennung findet, sondern weltweit immer dann, sobald Personen oder Gesellschaften mit Sitz in den USA von dem öffentlichen Angebot betroffen sind.
60
Regelungen betreffend das öffentliche Angebot oder sonstige Formen erstmaliger Begebung von Wertpapieren finden sich im US-amerikanischen Securities Act von 1933 („Securities Act“).
61
Danach wird zwischen dem öffentlichen Angebot von Wertpapieren, das eine Registrierung und Genehmigung der Securities Exchange Commission (SEC) voraussetzt, und anderen Wertpapierangeboten, wie Privatplatzierungen, mit wesentlich niedrigeren Anforderungen unterschieden.
62
Ein öffentliches Angebot stellt das Angebot oder der Verkauf von Wertpapieren an die allgemeine Öffentlichkeit entweder in den USA oder zumindest unter Einbezug so genannter US-Personen dar. Unter einer US-Person versteht man u.a. jede natürliche Person mit Sitz in den USA, jede Zweigstelle oder Niederlassung einer ausländischen Einheit in den USA, jede Partnerschaft oder Gesellschaft nach US-Recht oder mit Sitz in den USA einschließlich deren Zweigstellen außerhalb der USA und jeden Trust, bei dem einer der Treugeber eine US-Person nach den vorstehenden Regelungen ist.
63
In der Emissionspraxis wird regelmäßig entweder eine Privatplatzierung nach US-Recht gem. Rule 144a vorgenommen (diese Regelung erlaubt eine Privatplatzierung in den USA unter vereinfachten Voraussetzungen) oder das öffentliche Angebot wird derart beschränkt, dass es sich weder auf das Territorium der USA noch auf US-Personen bezieht. Im letztgenannten Fall ist zu beachten, dass sämtliche Veröffentlichungen sich jeweils ausdrücklich nicht an US-Personen richten, sobald sie das öffentliche Angebot betreffen.
СКАЧАТЬ