Название: Kapitalmarkt Compliance
Автор: Karl Richter
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811447035
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5. Researchstudien und Research-Richtlinien
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Parallel zur Prospekterstellung wird in der Regel eine Unternehmensanalyse in Form einer Researchstudie durch einen oder mehrere Analysten erstellt (sog. Sell Side Research). Eine der Prospekthaftung vergleichbare Haftung gibt es für die Researchstudie zwar nicht,[41] sie gilt jedoch als wichtige Informationsquelle für (institutionelle) Investoren und aus Gründen der Reputation und Qualitätssicherung ist ein hoher Sorgfaltsmaßstab bei der Erstellung anzulegen zumal eine Haftung für Reserachstudien am ehesten wohl unter dem Gesichtspunkt der Beratungshaftung in Betracht kommt, wenn im Rahmen eines Beratungsgesprächs insbesondere eine Researchstudie aus dem eigenen Haus der platzierenden Bank ausgehändigt wird.[42] Durch das 1. Finanzmarktnovellierungsgesetz vom 30.6.2016 wurde § 34b WpHG mit Wirkung vom 2.7.2016 neu gefasst. Anknüpfungspunkte sind die Art. 3 und Art. 20 MAR. Unternehmen, die Anlagestrategieempfehlungen im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Nr. 34 oder Anlageempfehlungen im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Nr. 35 MAR erstellen oder verbreiten, trifft nunmehr eine Organisationspflicht dahingehend, dass Interessenkonflikte im Sinne des Art. 20 Abs. 1 MAR möglichst gering zu halten sind. Insbesondere müssen Unternehmen zur die Einhaltung der Verpflichtungen aus Art. 20 Abs. 1 MAR über angemessene Kontrollverfahren verfügen. Die nach Art. 20 Abs. 3 MAR von ESMA zu erarbeitenden Entwürfe technischer Durchführungsstandards zur Harmonisierung des Art. 20 MAR lassen sich im Final Report-Draft technical standards on the Market Abuse Regulation (ESMA/2015/1455), Annex XV vorfinden.[43] Durch Inkrafttreten des 2. Finanzmarktnovellierungsgesetzes[44] als nationalem Rechtsakt auf Grundlage von MiFID II ist das Wertpapierhandelsgesetz mit Wirkung zum 3.1.2018 gänzlich neu geordnet worden. Der bisherige § 34b WpHG findet sich nun in § 85 WpHG der neuen Gesetzesfassung wieder. Die Anknüpfung an die Normen der MAR bleibt indes bestehen.
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Die bisher im Rahmen des § 34b WpHG zu berücksichtigende Finanzanalyseverordnung wurde gem. Art. 25 Abs. 2 des 2. Finanzmarktnovellierungsgesetz gänzlich aufgehoben. Der bisherige Regelungsinhalt ergibt sich nunmehr unmittelbar aus der Delegierten VO (EU) 2016/958.[45] Besonders relevant ist die Offenlegung von möglichen Interessenkonflikten aus begleitenden Mandaten der Emissionsbanken. Dies umfasst etwa die Platzierungstätigkeit aber auch das Designated Sponsoring und sonstige Investment Banking Dienstleistungen. Des Weiteren ist im Rahmen von Aktienemissionen die Verpflichtung, die Finanzanalyse mit der erforderlichen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit zu erbringen von erheblicher Relevanz. Vergleiche zu den weiteren Anforderungen an Researchstudien die Ausführungen im 19. Kap.
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Sofern Researchstudien von den emissionsbegleitenden Banken gestellt werden – wie dies generell bei mittleren und größeren Transaktionen der Fall ist – werden sog. „Research-Richtlinien“ zur Einhaltung der notwendigen Compliance-Vorschriften zur Verfügung gestellt. Die Research-Richtlinien sehen vor, dass den Analysten Zugang zu Informationen nur erteilt wird, wenn sie diese Research-Guidelines zuvor durch eine entsprechende Erklärung akzeptieren.
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Inhaltlich werden zunächst die gesetzlichen Regelungen in den Research-Richtlinien dargestellt. Dies betrifft die Vorgabe aus § 85 WpHG (§ 34b WpHG a.F.) i.V.m. Art. 20 MAR. An dieser Stelle ist auch wieder das Konsistenzgebot in § 15 Abs. 4 WpPG (Art. 22 Abs. 4 ProspektVO)[46] von erheblicher Bedeutung. So behalten die Emittenten sich regelmäßig eine Prüfung des Research-Reports vor Veröffentlichung vor, um zu verhindern, dass dort wesentliche Informationen genannt werden, die von den Emittenten stammen und nicht im Prospekt in inhaltlich gleicher Form enthalten sind.[47] Insbesondere das Thema Prognosen spielt auch hier eine Rolle. Es wird streng darauf geachtet, dass eventuelle Prognosen im Report nicht (fälschlich) als Auffassung des Emittenten dargestellt werden, sofern diese im Prospekt nicht enthalten sind. Es müsste sonst ein Nachtrag zum Prospekt erstellt werden, um die entsprechenden Angaben dort aufzunehmen[48] und sofern es sich um eine Gewinnprognose oder –schätzung handelt wäre dafür die Einholung einer Bescheinigung eines Wirtschaftsprüfers erforderlich.[49] Bis diese vorliegt wäre die Platzierung evtl. zu stoppen, woran man sieht, welche erheblichen nachteiligen Auswirkungen die Nichteinhaltung der entsprechenden Richtlinien in diesem Bereich haben kann. Aus diesem Grund gibt es in den Banken zwischen der Corporate Finance-Abteilung und Research-Abteilung auch eine sog. Chinese Wall, um zu verhindern, das Informationen, welche die Corporate Finance-Abteilung im Rahmen ihrer Erarbeitung der Equity Story erhält, zum Research gelangen.[50]
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Des Weiteren enthalten Research-Richtlinien Beschränkungen, die sich mit Blick auf das ausländische Recht ergeben. Sind im Rahmen der Roadshow Privatplatzierungen in bestimmten europäischen Staaten geplant, finden sich hierzu Informationen nach den jeweils anwendbaren Rechtsordnungen, z.B. über die Grenzen bei der Verteilung der Unternehmensanalysen, über Disclaimer, die auf den Reports anzubringen sind, etc. Durch die entsprechenden Vorgaben versuchen die Emittenten und Emissionsbanken, denkbare Haftungstatbestände nach den verschiedenen Rechtsordnungen auszuschließen.[51]
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Die Research-Richtlinien enthalten teilweise Regelungen, die sich nicht unmittelbar aus gesetzlichen Bestimmungen ergeben aber üblichen Gepflogenheiten entsprechen und die letztlich dazu dienen sollen, eine potentielle Haftung zu verhindern. Hierzu gehört etwa eine Regelung zur Begrenzung der Verteilung der Research-Reports: In personeller Hinsicht dürfen diese nur an institutionelle Investoren weitergegeben werden und in zeitlicher Hinsicht darf die Weitergabe nicht während einer bestimmten Stillhaltefrist von regelmäßig kurz vor Beginn des Angebots bis Ende der Stabilisierungsmaßnahmen erfolgen.[52] Hintergrund für die Beschränkung der Weitergabe sind letztlich Haftungserwägungen. Denn da nicht völlig klar ist, wie für Research-Berichte gehaftet wird, versuchen die Emissionsbeteiligten durch eine Begrenzung der Verteilung die Haftung rein faktisch zu begrenzen – da der Aufwand primär für institutionelle Anleger betrieben wird, sieht man letztlich keine Veranlassung dieses Dokument Privatanlegern etwa auf der Homepage zugänglich zu machen.
a) Insiderrecht und Ad-hoc-Publizität in der Vorbereitungsphase
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Im Rahmen der Vorbereitung von Börsengängen und Kapitalerhöhungen spielen das Insiderrecht und die Ad-hoc-Publizität nur bei Kapitalerhöhungen, nicht aber bei Börsengängen eine Rolle, denn bei Börsengängen sind die Aktien des Emittenten ja gerade noch nicht börsennotiert und damit greifen weder das Insiderrecht noch die Ad-hoc-Publizität. Als Ausnahme ist der Fall denkbar, dass ein Emittent zunächst eine Anleihe börsenhandeln lässt. In diesem Fall gelten die gleichen Grundsätze wie nachstehend für Kapitalerhöhungen dargestellt mit der Ausnahme, dass hinsichtlich der Frage, was kursrelevant ist, auf eine Kursrelevanz für die entsprechende Anleihe abzustellen ist und nicht auf die Kursrelevanz für Aktien. Dies wirkt sich in der Regel derart aus, dass weniger Umstände in den Anwendungsbereich der Insiderinformation und damit auch der Ad-hoc-Publizität fallen.
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