Название: Hekate
Автор: Thomas Lautwein
Издательство: Автор
Жанр: Религия: прочее
isbn: 9783944180007
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Dafür spricht insbesondere eine Stelle bei Ovid, in der der römische Gott Janus sich selbst mit Hekate vergleicht (Fasten I, 142 f.). Janus ist der Gott der Schwelle (ianua), und als solcher wie Hekate ein Gott, der den Übergang und die Zeit des Übergangs symbolisiert (er wird daher auch von Proklos neben Hekate gestellt, wie wir später noch sehen werden). So wie Janus nach innen und außen schaut bzw. in die Zukunft und in die Vergangenheit, schaut Hekate in die drei Richtungen der Wegkreuzung:
Ora vides Hecates in tres vergentia partes,
Servet ut in ternas compita secta vias.
Nach drei Seiten gekehrt erscheint dir auch Hecates Antlitz,
Nach drei Seiten sich hin theilenden Pfaden zur Hut.62
Theodor Kraus erscheint auch das nicht überzeugend genug. Er verweist vielmehr darauf, dass vor allem Gottheiten der Unterwelt dreigestaltig dargestellt werden: Neben dem dreiköpfigen Hadeswächter Kerberos, neben Hermes, der als Totengott mehrköpfig wurde, wurde auch der Riese Geryon dreiköpfig dargestellt, der wie alle Titanen ein Kind der Erdgöttin Gaia ist. Dass Hekate eine chthonische Gottheit ist, haben wir bereits gesehen, und dass sie von Titanen abstammt, werden wir gleich bei Hesiod sehen. In ähnlicher Weise ist auch die germanische Hel eine Tochter Lokis und der Riesin Angrboda (die Parallele geht sogar noch weiter: eine Variante des Mythos erzählt, Hekate sei von Zeus in die Unterwelt hinabgeworfen worden, ähnlich wie auch Hel von Wotan unter die Erde verbannt wird).
Kraus spekuliert, ob es nicht einen Brauch gegeben haben könnte, an den Dreiwegen an einem Pfahl drei Masken aufzuhängen, die die Göttin darstellen sollten, und dass hieraus die Dreigestalt entstanden sei. Das ist denkbar, es gibt jedoch keinerlei Beleg dafür. Eine befriedigende religionswissenschaftliche Erklärung für die Dreigestalt der Hekate gibt es jedenfalls bis heute nicht, wie Karin Zeleny 1999 feststellt. Denkbar wäre es, die Dreigestalt der Göttin mit den drei Parzen und Nornen in Verbindung zu bringen, und die drei Leiber als Symbole für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu sehen, wofür auch der oben zitierte Vergil-Kommentar spricht. Dies ließe sich dadurch plausibel machen, dass Hekate schon in der Antike mit Janus in Verbindung gebracht wurde, der offensichtlich ein Gott der Zeit ist. Dass die Römer den Janus von den Etruskern übernahmen, und dieser Gott wohl wie Hekate kleinasiatischen Ursprungs war, macht die Zeit-Symbolik ebenfalls wahrscheinlich.
Es gibt noch rund 300 antike Hekate-Darstellungen. Meist handelt es sich dabei um Bruchstücke und Fragmente von Statuen, Darstellungen auf Münzen, Vasen und Amuletten (wie bei dem Anhänger in Brüssel, Musées Royaus, Inv. A 1662). Einigermaßen vollständige Statuen stehen u. a. in der St. Petersburger Eremitage, im kunsthistorischen Museum Wien, im Vatikan (Museo Chiaramonti Inv. 192263), im Museo archeologico in Venedig, im Museo Torlonia in Rom (Abb. 104 in C. G. Jungs „Symbolen der Wandlung“), in der Münchener Glyptothek, in der Bibliothèque Nationale in Paris und im Riijksmuseum van Oudheden in Leiden. Eine der schönsten, eine aus Ägina stammende Dreiergruppe aus der Sammlung Metternich, befindet sich in Prag (NM 4742). Wer sich kunstgeschichtlich mit den erhaltenen Hekate-Darstellungen beschäftigen will, greife zu dem von H. C. Ackermann herausgegebenen Lexicon Iconographicum Mythologiae Classicae (LIMC), speziell zu Band VI/1 (Zürich,München 1992, S. 985 - 1010) und Band VI/2 (S. 655 - 673), sowie zu den Dissertationen von Tatjana Brahms und Nina Werth.64
Typische Attribute der Hekate sind Fackel, Hund, Oinochoe (Schöpfkanne), Phiale (Trinkschale), Frucht, Mondsichel, Dolch, Peitsche, Schlange, Schlüssel, selten sind Darstellungen mit Lotusblüte, Hirsch, Altar oder Sonnenscheibe (auf ägyptischen Münzen, wo Hekate mit Isis gleichgesetzt wird).
Aus der Antike ist im Übrigen keine einzige Darstellung überliefert, die Hekate als alte Frau oder „Hexe“ zeigt. Diese Vorstellung stammt aus der Zeit der Renaissance bzw. dem späten 19. Jahrhundert (Crowley), von wo sie an die Esoterik des 20. Jahrhunderts vermittelt wurde.
Frühe literarische Zeugnisse
Der Hekate-Hymnus in Hesiods „Theogonie“
Dass Hekate bei Homer nicht erwähnt wird (genau so wenig wie Dionysos) berechtigt uns jedoch nicht zu der Annahme, sie sei damals noch ganz unbekannt gewesen. Göttin des Todes ist bei Homer Persephone, die von ihm häufig als „he Kêr“, die Todesgöttin, apostrophiert wird. Die Nichterwähnung der Hekate in der „Ilias“ und der „Odyssee“ könnte ein Indiz dafür sein, dass sie ursprünglich keine griechische Gottheit war und von der homerischen Adelsgesellschaft nicht verehrt wurde, da sie eher eine Göttin für Frauen und für nichtadlige Schichten der Bevölkerung war. Schon Wilamowitz-Moellendorf meint daher:
Sie ist also nicht durch Homer verbreitet, war aber in anderen Kreisen als denen, für die er dichtete, wohl schon verehrt; das südliche Ionien liegt ihm ja überhaupt ferner, und von da muss der Kult der Hekate ausgegangen sein.65
Die erste ausführliche Erwähnung der Göttin finden wir bei Hesiod in der Theogonie, v. 411 - 452. Der dort eingeschobene Hekate-Hymnus, dessen Echtheit heute weitgehend anerkannt wird, ist oft kommentiert worden.66 Er ist eingebaut in eine Reihe von Amtszuteilungen und Ehrenbekundungen, die Zeus ab Vers 348 den Töchtern der Tethys, der Göttin Styx und eben der Hekate zuteil werden lässt. Den Kontrast hierzu bilden die Besiegung der Titanen, die Ablösung des Kronos durch Zeus und die Bestrafung des Prometheus (ab V. 507).
Für Verwirrung unter den Philologen sorgt, dass Hekate hier nicht als dämonisch-blutrünstige Herrin der Nacht und der Zauberei erscheint, sondern als eine alte, sehr mächtige Göttin, die ihrem Verehrer Reichtum und Glück bescheren kann. Der Aufbau des Hymnus ist kompliziert, zerfällt aber doch organisch in zwei Hauptteile, deren erster Hekates Macht beschreibt, die sich über Himmel, Erde und Meer erstreckt und auch von Zeus anerkannt wird, während der zweite Teil an einzelnen Beispielen beschreibt, wie ihre Gnade dem einzelnen Menschen Glück und Sieg zuteil werden lässt.
Hekate stammt nach Hesiod von der Titanin Asteria und dem Titanen Perses ab, die ihrerseits Kinder der Gaia und des Uranos bzw. der Gaia und des Pontos sind. Hekate gehört also der vierten Generation der Götter an, ist damit gleichalt mit Zeus und stammt von den Elementen Erde (Gaia), Himmel (Uranos) und Meer (Pontos) ab. Ihr Vater Perses ragt „unter allen an Wissen und Klugheit hervor“ (V. 377). Ihre Mutter Asteria (benannt nach „aster“, „der Stern“?) СКАЧАТЬ