Название: Hekate
Автор: Thomas Lautwein
Издательство: Автор
Жанр: Религия: прочее
isbn: 9783944180007
isbn:
Die Karer bildeten ab dem 6.Jahrhundert v. Z. einen Bund (chrysaorischer Bund), dessen Zentrum zunächst Mylasa, später das Heiligtum des Zeus Chrysaor in Stratonikeia war, „in welchem sie zusammenkommen, um zu opfern und sich über gemeinsame Angelegenheiten zu beraten“ (Strabon XIV, 2,25). Während des ionischen Aufstandes der griechischen Küstenstädte 500 v. Chr. standen die Karer auf Seiten der Griechen, unterwarfen sich aber bald wieder dem Perserkönig Dareios. Im 4. Jahrhundert wurde Karien von der Herrscherfamilie der Hekatomniden beherrscht, deren Name offenbar von Hekate abgeleitet ist. Der bekannteste Herrscher aus diesem Satrapen-Geschlecht war Mausolos (377 - 351), dessen Frau Artemisia in Halikarnassos (Bodrum) das berühmte Mausoleion errichtete. Als Alexander der Große Karien eroberte, bestätigte er Mausolos’ Schweser Ada in der Herrschaft über Karien und ließ sich sogar von ihr adoptieren. Die Kultur der Karer war wie die der Lyder mutterrechtlich organisiert; was auch erklären mag, warum bei den Hekatomniden nach dem Tod eines Königs Schwestern und Gattinnen offenbar ganz selbstverständlich die Herrschaft übernehmen konnten. Die verwickelte Familiengeschichte der Hekatomniden und das selbstbewusste Handeln der beiden Königinnen Artemisia und Ada wird von Strabon in Buch XIV seiner Erdbeschreibung erwähnt:
Hekatomnus nämlich, der König von Karien, hatte drei Söhne, Mausolos, Hidrieus und Pixodarus, und zwei Töchter, mit deren älterer, Artemisia, der älteste der Brüder, Mausolus, vermählt war, während der zweite, Hidrieus, die andere Schwester, Ada, zur Gemahlin hatte. Als jener kinderlos starb, hinterließ er das Reich seiner Gattin, von welcher ihm das erwähnte Grabmahl errichtet wurde. Als aber auch sie aus Gram über den Verlust des Gatten an der Auszehrung verschieden war, herrschte Hidrieus, und ihm folgte, als er an einer Krankheit starb, seine Gemahlin Ada; diese aber verdrängte der Pixodarus, der noch übrige von den Söhnen des Hekatomnus. Dieser, ein Freund der Perser, ließ einen Satrapen zur Teilnahme an der Herrschaft kommen, und als auch er aus dem Leben schied, behielt der Satrap Halikarnassus, da er die Ada, eine Tochter des Pixodarus und der Aphneis, einer Kappadocierin, zur Gemahlin hatte. Als aber Alexander heranzog, hielt er eine Belagerung aus; Ada jedoch, die Tochter des Hekatomnus, welche Pixodarus verdrängt hatte, flehte den Alexander an und beredete ihn, sie in das ihr entrissene Königreich zurückzuführen, indem sie ihm ihre Mitwirkung in Bezug auf die abgefallenen Städte versprach, da ja deren jetzige Besitzer ihre Verwandten wären; auch übergab sie ihm Alinda, wo sie sich damals aufhielt. Alexander erklärte seine Zustimmung, ernannte sie zur Königin und überließ ihr, nachdem er die Stadt bis auf die Burg erobert hatte, die Belagerung jener.32
Ab 129 v. Z. gehörte Karien zur römischen Provinz Asia, ab 305 wurde es eigene Provinz (Caria), aus dieser Zeit stammt auch das Preisedikt des Diokletian in Stratonikeia. In byzantinischer Zeit gehörte es zum Thema Kibyrrhaiton, bis sich ab 1260 die Seldschuken und Osmanen in Karien festsetzten.
Ob die Karer die Gottheit Hekate aus ihrer ursprünglichen Heimat mitbrachten oder erst auf dem Festland kennen lernten, ist unklar, es spricht aber einiges dafür, dass Hekate eine autochthone kleinasiatische Gottheit ist. Karien war im Landesinneren eine eher unzugängliche Region, so dass sich dort altertümliche Sitten und Kulte länger hielten als andernorts (auch die Christianisierung verlief langsamer als andernorts). Nachdem man in den letzten Jahren die Schrift der Karer entziffern konnte und die wenigen Inschriften lesen konnte, ordnen Sprachwissenschaftler heute das Karische der Gruppe der anatolischen Sprachen zu, zu denen auch das Luwische gehört. Karisch wäre also eine indogermanische Sprache und folglich mit dem Hethitischen verwandt33. Eine Stelle bei Homer (Ilias II, 867) belegt jedenfalls, dass ihre Sprache von den Griechen als „rau“ empfunden wurde: Nastes führte die Karer, die rauh, ganz ungriechisch, sprechen 34
Strabon (XIV,2, 28) bemerkt zu diesem Vers, dass nicht etwa das Karische an sich „rau“ klinge, sondern das gebrochene Griechisch der karischen Söldner, die in ganz Griechenland angeheuert wurden.
Herodot geht jedenfalls davon aus, dass Lyder, Mysier und Karer stammverwandt sind; Strabon (XIV, 2,3) erwähnt überdies, die Einwohner von Kaunus hätten dieselbe Sprache wie die Karer und seien ursprünglich aus Kreta gekommen. Auch wenn die Karer also eine indogermanische Sprache sprachen, hatte ihre Kultur doch mit ziemlicher Sicherheit ein starkes Substrat aus der bronzezeitlichen ägäischen Kultur. In einem Gedicht des Kritias (460 - 403 v. Z.) wird den Karern die Erfindung des Schiffs zugeschrieben, eine Kulturleistung, die sie auf dieselbe Stufe wie die Phönizier stellt:
Der Phoiniker erfand, Stütze des Geistes, die Schrift.
Theben baute zum ersten Male den Wagen - die Karer,
kluge Beherrscher der See, stellten die Lastschiffe her.35
Eine andere Theorie besagt hingegen, dass Hekate ursprünglich eine thrakische Göttin sei, da ihr Kult in Makedonien und Thrakien sehr alt war. Darauf lässt der Paian Pindars für Abdera36 schließen, in dem Hekate der Stadt an Neumond das Schicksal verkündet, sowie eine Stelle bei Pausanias (II,30), der zufolge die Bewohner der Insel Ägina behaupteten, Orpheus habe den Hekate-Kult zu ihnen gebracht. Jedoch wurden dem Orpheus bei den Griechen alle möglichen Kulte zugeschrieben, so dass man diese Aussage nicht überbewerten sollte, auch Nilsson spricht sich gegen den thrakischen Ursprung aus: „Vor allem hat man das Zeugnis der Personennamen übersehen, das unwiderleglich beweist, dass der feste Sitz der Hekate in den kleinasiatischen Städten und auf den Inseln im Südosten zu suchen ist. Von hier stammen fast alle Träger der Namen Hekataios, Hekatomnos usw., die wir kennen.“37
Auf der durch den Mysterienkult der Kabiren berühmten Insel Samothrake hatte sie eine eigene Höhle, in der ihr bei Fackelschein Mysterien gefeiert und Hunde geopfert wurden; Hundeopfer sind auch für Böotien, Kos, Thrakien und Kolophon belegt.38 Von den Griechen wurden sie sogar gelegentlich als „karisches Opfer“ (karikòn thyma) bezeichnet. Vermutlich wurde Hekate auf Samothrake mit einer vorgriechischen Göttin namens Zerynthia gleichgesetzt, die auf samothrakischen Münzen als thronende Göttin mit zwei Löwen dargestellt wird. Der Löwe ist, wie schon Alfred Laumonier zu Recht hervorhebt, auch das Symboltier der hethitischen Hauptgöttin von Yazilikaya, der Atargatis, Kybele, Artemis, Hera, Dea Syriaca, Kirke, Cyrene und Nemea (vgl. Porphyrios, De abstinentia, III, 16 - 17). Auf Münzen aus Stratonikeia wird Hekate mehrfach mit einem Löwen als Reit- oder Begleittier abgebildet.39 Bezeichnenderweise wird Hekate auch öfters als „despoina“ (Herrin) bezeichnet, eine Anrede, die sonst nur orientalischen Göttinnen zuteil wird. In den anderen Regionen Kleinasiens wurde Hekate allem Anschein nach stets mit mächtigen Erdgöttinnen gleichgesetzt: In Kilikien war sie mit Gê (Gaia) identisch, in Phrygien hieß sie Nenena und wurde mit Zeus Brontôn verbunden, in Lykien war sie äquivalent mit Leto, in Pisidien hingegen Partnerin des Sonnengottes Helios, während sie in Chalke und auf Kreta anstelle von Hera an die Seite des Zeus trat. In Kolophon wurde sie mit Kybele geglichen.40 Die Göttinnen, die in Karien am meisten verehrt wurden, sind Aphrodite (Aphrodisias), Artemis (Ephesus) und Hekate (Lagina-Stratonikeia).
Eine weitere Besonderheit der Karer war der Kult des Zeus Labrandeos, des Zeus mit der Doppelaxt. Nun ist die Doppelaxt ein altes Symbol der Potnia, der „großen Herrin“, die unter den Namen Diktynna, Rhea und Gaia verehrt wurde. Dass der karische СКАЧАТЬ