Hekate. Thomas Lautwein
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Название: Hekate

Автор: Thomas Lautwein

Издательство: Автор

Жанр: Религия: прочее

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isbn: 9783944180007

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      Auch Robert von Rudloff weist in seiner Studie „Hecate in Ancient Greek Religion“ (1999) schlüssig nach, dass Hekate ursprünglich keine Mondgöttin gewesen sein kann.

      Doch wie kann eine Erd- gleichzeitig Sonnengöttin sein? Die Antwort auf diese Frage liegt auf der Hand, wenn man sich einmal in die Weltanschauung eines archaischen Menschen hineinversetzt: Indem die Erde als Erzeugerin der Sonne gedacht wird, die jeden Abend die Sonne wieder in sich aufnimmt und sie am Morgen neu gebiert. Nach antiker, geozentrischer Vorstellung versinkt die Sonne nämlich abends im Westen und reist während der Nacht unterirdisch in den Osten zurück, um dort ihren Lauf von neuem zu beginnen. Die „Sonne um Mitternacht“ (Apuleius, Met. XI) wäre also die Sonne unter der Erde, die in der Nacht gen Westen geführt wird – und zwar von der großen Erdgöttin, die anfänglich auch eins mit dem Himmel gewesen ist, und erst später vom Himmel getrennt wurde, der dann mit männlichen Gottheiten besetzt wurde. Dabei wurde der Himmel (Uranos) mit der Sonne und dem Symboltier Stier assoziiert, während die Erde (Gaia) mit der unterirdischen Sonne und der Nacht verbunden wurde und das Symboltier Löwe erhielt. Da die Göttin aber nach wie vor der Ursprung von allem war, war sie natürlich auch nach wie vor die große Lichtbringerin, wie es auch die ägyptische Hathor, die keltische Brigid oder die Sternengöttin Nut (Nu, Nuit) sind.

      Hekate ist unserer Meinung nach also ursprünglich die Göttin der unterirdischen, nächtlichen Sonne. Diese These lässt sich mit Hilfe der hethitischen Überlieferung stützen, der wir uns nun zuwenden wollen.

      Sonnengöttin von Arinna, meine Herrin, aller Länder Königin! Im Hatti-Lande gabst du dir den Namen Sonnengöttin von Arinna, in dem Lande aber, das du zu dem der Zeder machtest, gabst du dir den Namen Hepat!

      Die hethitische Königin Puduhepa, um 1250 v. Chr.

      Hierzu müssen wir uns etwas näher mit der kleinasiatischen Erdgöttin beschäftigen, die seit dem Neolithikum in Anatolien nachweisbar ist. Die ältesten Funde (Catal-Hüyük und Hacilar) stammen aus dem 7. Jahrtausend v. Z. und zeigen eine Göttin, die thronend, säugend, gebärend oder in sexueller Vereinigung mit einer männlichen Gottheit dargestellt ist. Ob wir diese Kulturen wirklich als „matriarchal“ oder „matrizentrisch“ bezeichnen können, mag zweifelhaft erscheinen, doch können wir sicherlich davon ausgehen, dass die Frauen in diesen frühen Gesellschaften eine relativ starke Stellung hatte und dass die Göttin in dieser Phase als die eine allumfassende Macht gesehen wurde, die Himmel und Erde, Ober- und Unterwelt umfasste, Leben gab und Leben nahm.

      Ab dem 4. Jahrtausend gelingt es den Männern, die Frauen immer stärker von sich abhängig zu machen, und parallel dazu die ersten großen Staaten aufzubauen. Neben die großen Göttinnen treten zunehmend männliche Sturm- und Himmelsgötter, die sich mit der Göttin in der „heiligen Hochzeit“ verbinden, und als deren menschliche Ebenbilder sich die Herrscher der neuen Großreiche sehen. Das Symboltier der Göttin ist der Löwe (Kybele, Ischtar, Atargatis, Hepat), das des Gottes ist der Stier. In einem langwierigen Prozess, der sich vom 4. bis zum 1. Jahrtausend v. Z. hinzieht, bildet sich dann die eigentliche patriarchale Gesellschaft heraus:

      Das zentrale Ritual in dieser Zeit ist die „heilige Hochzeit“. Sie beruht auf dem Glauben, dass die Fruchtbarkeit von Land, Vieh und Mensch abhängig sei von der Zelebrierung der sexuellen Kraft der Fruchtbarkeitsgöttin. Dabei vereinte sich die Göttin (z. B. Inanna in Uruk) mit dem Hohepriester, der den Gott repräsentierte, oder mit dem König. Die jährliche Wiederholung dieser mythischen Vereinigung war eine öffentliche Zeremonie, die für das Wohl der Gemeinschaft von größter Bedeutung war. In einigen Ritualen gingen der Hochzeit der Tod und die Auferstehung des Gottes (Dumuzi, Adonis, Attis) voraus:

      Als die indogermanischen Luwier, Palaer und Hethiter ab 2000 v. Z. nach Kleinasien einwanderten, fanden sie die einheimische bronzezeitliche Kultur der Hattier vor, die bereits eine recht hohe Kulturstufe erreicht hatte und eine Große Göttin unter verschiedenen Namen verehrte. Die Hethiter hingegen verehrten vor allem den Himmels- und Lichtgott Sius (von idg. *Dieus), der mit dem griechischen Zeus verwandt ist. Dieser Wettergott, der hurritisch Tessub (Teššob, „hoch, herrlich“) bzw. hethitisch Tarhunt hieß, sah sich nun mit der machtvollen hattischen Erd-, Unterwelts- und Sonnengöttin konfrontiert, die Namen wie Estan, Wurunsemu, Šawoška oder Hepat trug: