Deep Purple. Jürgen Roth
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Deep Purple - Jürgen Roth страница 12

Название: Deep Purple

Автор: Jürgen Roth

Издательство: Bookwire

Жанр: Изобразительное искусство, фотография

Серия:

isbn: 9783854454144

isbn:

СКАЧАТЬ Howe zu Yes abhaute). Die SBMH-Aufnahmen verramschte das Label Immediate schließlich auf einer obskuren Compilation mit dem Titel Blues Anytime.

      Jon Lord, der nun keine Band und auch keine Wohnung mehr hatte, kam für ein paar Wochen bei der Wood-Familie in West Drayton unter und beschloß, wieder Ordnung in sein Leben zu bekommen. Er fand eine Wohnung am Gunter Grove und im Spätsommer 1967 auch einen neuen Job. Das Studio-Vokalprojekt The Flowerpot Men, vormals Ivy League, für das er schon im Studio in die Tasten gegriffen hatte, landete mit „Let’s Go To San Francisco“ einen Überraschungs-hit und mußte daher auf Tour gehen, um die Kuh zu melken, solange sie flog. Die Sessionband, die die Projektleiter John Carter und Ken Lewis schließlich als The Garden um ihre vier Sänger herumgruppierten, bestand aus ehemaligen Begleitern der Sängerin Billie Davis: Gitarrist Ged Stone, Bassist Nick Simper, Drummer Carlo Little und Keyboarder Billy Davidson, der sich allerdings einer Mandel­operation unterziehen mußte, woraufhin Lord für ihn einsprang und auch gleich das Arrangieren der süßlichen Hippie-Songs für die Bühne übernahm.

      Die Blumentopf-Tournee – „Im Grunde war das eine Kabaretttruppe“ (Jon Lord) – führt durch Tanzhallen, Clubs und Dorftheater. Eine eher fade, aufreibende Sache, die ein sicheres, aufgrund der hohen Teilnehmerzahl aber nicht umwerfend hohes Einkommen abwirft, das Lord mit Sessionarbeit für das Album Sound & Movement einer obskuren Band namens The Leading Figures aufbessert. Und so hat er mehr als nur ein offenes Ohr für seinen neuen Mitbewohner Chris Curtis und dessen verstiegene Geschichten von der psychedelischen Konzeptgruppe. Zwar ist Curtis in praktisch jeder Hinsicht das exakte Gegenteil von Lord: Statt eines gelegentlichen Glases Bier pumpt er sich je nach Tageszeit mit Aufputsch- und Beruhigungsmitteln voll, taumelt von Party zu Party und schlägt sich die Nächte mit Zelebritäten von Dave Davies bis Dusty Springfield um die Ohren. Aber Jon Lords scharfer Blick erkennt hinter dem grellen Geflirre einen möglicherweise gangbaren Weg aus der Tretmühle des Session- und Studiogeschuftes (Curtis muß ihn ja auf lange Sicht nicht mitgehen). Zudem ist da noch Tony Edwards, in dem Lord einen Anker der Vernunft sieht – und umgekehrt: „Mit Curtis kam ich nicht wirklich zurecht“, sagt Edwards später, „aber mit Jon Lord verstand ich mich sofort. Er war sensibel, mit ihm konnte ich auf meiner Ebene kommunizieren, einer sehr bürgerlichen Ebene.“

      Aber Lord hat auch Geduld: „Eines Tages kam ich nach ein paar Tagen im Norden mit den Flowerpot Men nach Hause und fand die ganze Wohnung mit Silberpapier ausgekleidet. Tische, Stühle, Bad, Kloschüssel. Die Glühbirnen, die jedesmal durchbrannten, wenn man sie anschaltete. Chris kam aus dem Klo und sagte: ‚He, Mann, was meinst du dazu? Neues Konzept!‘ Ich wußte, daß er durchgedreht war. Ich war recht naiv, ich wußte, was Acid war, aber nicht, wie es wirkte.“ Oh ja – wir schreiben das Jahr 1967, und da gilt exzentrisches Verhalten in jeder Hinsicht als karrierefördernd.

      Womit wir wieder da wären, wo wir begonnen haben.

      „Gebt mir eine Gitarre, und ich beweise euch, wie gut ich bin!“

      Das zweite Kapitel, in dem immer noch nicht viel passiert, wir aber immerhin etwas über Ritchie Blackmore erfahren

      „Glaubt ihr, daß sich die Musikfreunde in zukünftigen Zeiten genauso an eure oder auch andere Poptitel erinnern werden, wie man es heute bei Beethoven, Bach, Mozart und anderen tut?“ – „Möglicherweise ja, denn in der heutigen Zeit kann man unserer Ansicht nach zum erstenmal davon sprechen, daß die Jugend ihre eigene Musik hat. In hundertfünfzig Jahren werden wir weitersehen.“

      Ritchie Blackmore, Interview mit Radio Luxemburg, 1971

      Bei der Musik – um Musik zu verstehen – kommt alles darauf an, daß man nicht tanze (kein tanzendes Verhalten irgendeiner Art annehme), sondern die Musik allein ihre Bewegungen ausführen lasse. Sonst kann man sie nicht sehen, nicht voll ermessen.

      Ludwig Hohl

      Eine seltsame Wirrnis hat die Londoner Jugend im Sommer des Jahres 1967, das nicht umsonst mit einem „Giant Freak-out“ begann, erfaßt. Biedere Beatbuben und schlaffe Blues-Tankwarte schnüren sich in Rüschenhemden, testikel­deformierende Samthosen und buntes Tuch aus Läden wie Granny Takes A Trip. Ihr Publikum tut es ihnen nach und betrachtet gestrige Hitlieferantenbuben in einer Mischung aus Fieber und Schwindel als (über)morgige „Visionäre“. Zum vielleicht ersten Mal in der Menschheitsgeschichte ist die Mode der Zeit und ihren Menschen voraus. Die Überforderung steht ihnen deutlich ins Gesicht geschrieben, den Tremeloes, Troggs und Hollies (ganz zu schweigen von den hiermit oft genug erwähnten Searchers), die gerade noch mit dem Trällern hyperventilierter Schlager ihr Geld verdienten und nun, dem „progressiven“ Geist gemäß, das Geld als solches nicht nur verschmähen, sondern am besten gleich ganz abschaffen und die Welt in eine Blume aus bewußtseinsveränderter Poesie und schrillem Farbgeplärr verwandeln sollen.

      Out ist die traditionelle Popshow unter triefenden Kellerdecken oder auf Großbühnen vor kreischenden Horden, die von Polizisten in Schach gehalten werden. Man sucht andere Wege, sich zu verwirklichen. Die Beatles gründen einen „Konzern“, der Boutiquen, Modeschneider, Filmemacher, Kunstmaler und Experimentaltöner ohne Gewinnabsicht mit Geld versorgt. Die Rolling Stones ver­anstalten einen „Rock ’n’ Roll Circus“, die Pretty Things und The Who schreiben „Rockopern“ über derangierte Persönlichkeiten unterschiedlicher Provenienz, und das große Ereignis der Saison ist der „14-Hour Technicolour Dream“ am 29. April im Roundhouse (einem ehemaligen Eisenbahndepot), wo Prominente (Pink Floyd, Pretty Things, Yoko Ono, Soft Machine, Alexis Korner, Pete Townshend, Graham Bond, Savoy Brown, The Creation, The Move, Mick Farrens ­Anarchoband Social Deviants und viele andere), aber auch höchst absonderliche Bands mit merkwürdigen Namen wie The Flies, Giant Sun Trolley, The Block, The Cat, Charlie Brown’s Clowns, The Interference, Jacobs Ladder Construction Company, 117, Poison Bellows, The Stalkers, Utterly Incredible Too Long Ago To Remember und Sometimes Shouting At People krude Weltraumtöne in die Halle absondern – unter blubbernden Buntlichtblasen aus der „Trip Machine“ von Fireacre Lights, einer Nudistenkommune, die in der Gegend von Watford in Wohnwagen haust und sich hauptsächlich aus Schullehrern zusammensetzt. In der Mitte der Halle stehen eine riesige Jahrmarktsrutschbahn und ein Iglu, in dem man Bananenschalen raucht, während die zehntausendköpfige menschliche Besatzung mit LSD und Pilzextrakten gefüllt ist. Da der Andrang der Künstler, die zugunsten der Underground-Postille International Times auftreten wollen, überbordet, spielen immer zwei Bands oder Solisten gleichzeitig an beiden Enden der Halle. Bedröhnte Skinheads tanzen Ringelreihen mit Blumenmädchen in Spitze und Samt, John Lennon, der in den Fernsehnachrichten von der Sause erfahren hat, rückt mit seinem Rolls-Royce zum Mitfeiern an, und in der Morgendämmerung vergnügen sich die letzten Restbesucher damit, auf dem Parkplatz mit einem drei Meter hohen Joint Fußball zu spielen. Am 16. Juli findet nach diversen Prozessen und Parlamentsdebatten wegen des Haschischbooms am Speaker’s Corner im Hyde Park eine „Legalise Pot Rally“ statt, bei der Allen Ginsberg Polizisten mit Blumen beschenkt; am selben Abend verabschiedet sich der Nachrichtensprecher der BBC mit einem indischen Namasti-Zeichen von seinen Zuschauern.

      Der musikalische „Untergrund“ reckt seine Häupter in populäre Sphären: Syd Barrett, Vorsteher der Jungakademiker-Blues-Combo Pink Floyd, predigt die Eroberung des Weltraums mittels Mutterkornderivats, angeliefert von den Flötisten an den Toren der Dämmerung. Der eben noch supercool-schnittige Mod-Bubi Marc Bolan quäkt in indischen Lumpen mit Kräuselmatte unter dem Bandnamen Tyrannosaurus Rex verhuschte Sinnigkeiten über jugendliche Seher und Propheten mit Himmel im fahlen Haar; seine Mit-Mods The In Crowd heißen neuerdings Tomorrow, weil man sie sonst nicht im Ufo Club spielen hätte ­lassen, und schweben auf weißen Phantasiefahrrädern der Revolution entgegen. John Lennon vertont Kinderzeichnungen, und den Songtitel kann, wer mag, auf LSD reimen, während sein Bandkollege Paul McCartney Veranstaltungen wie „Freak Out Ethel“ und den „Million Volt Rave“ mit „Free Form Tapes“ voller elektronischem Summselbrumms und Beatles-Schnipseln beschallt. Arthur Brown springt mit brennendem Hut durch seine verrückte Welt und läßt sich mit Bier löschen, СКАЧАТЬ