Deep Purple. Jürgen Roth
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Название: Deep Purple

Автор: Jürgen Roth

Издательство: Bookwire

Жанр: Изобразительное искусство, фотография

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isbn: 9783854454144

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СКАЧАТЬ bessere Musik zu machen. Wir machten uns wirklich Gedanken über die Songs – aber wenn wir auf die Bühne kamen, haben diese verrückten Teenager, die heulenden und schreienden Mädchen, alles übertönt, so daß uns langsam die Lust an unserer eigenen Musik verging.“ Anfang 1964 fand mit dem Fortschreiten der „Beatlemania“ die Nachfrage nach Instrumental-Rock-’n’-Roll ein jähes Ende, und die Outlaws unternahmen einen letzten eigenen Single-Versuch, diesmal mit Gesang: „Keep A-Knockin’“, eine alte Little-Richard-Nummer, hatte mit den Shadows-Imitationen ihrer Anfangszeit nichts mehr zu tun. Die Platte wurde zwar kein Hit, fiel aber zumindest mit dem ungewohnt wuchtigen, rasenden und dennoch schleppend wirkenden Schlagzeug und zwei für ihre Zeit höchst eigentümlichen Gitarrensoli ein paar Fachleuten auf: Der während der Arbeiten an diesem Buch im Oktober 2004 verstorbene Radio-DJ und lebenslängliche „Entdecker“ John Peel behauptete später, es habe sich um „die erste Heavy-Metal-Platte“ gehandelt, aber das wollen wir nicht näher diskutieren.

      Nach der folgerichtigen Auflösung der Outlaws erinnerte sich der blondierte Heinz an Ritchie und engagierte ihn im Mai 1964 für seine Backingband The Wild Boys – was Ritchie schon deshalb nicht ablehnen konnte, weil er damit bis auf ein e mit Big Jim Sullivan gleichzog und das Gefühl haben durfte, ein weiteres seiner Vorbilder in den Schatten zu stellen. Obwohl die Single „Just Like Eddie“ ein Hit wurde, blieb es ein kurzer Abstecher. Den Sommer über begleitete Blackmore den Komiker Arthur Askey im nordwalisischen Strandbad Rhyl und wurde mal wieder vorzeitig entlassen – weil er in die Partitur des Trompeters ein paar zusätzliche Noten hineingeschrieben hatte. „Am nächsten Tag gab es einige Takte lang ein grausiges Trompetensolo, das nicht besonders gut ankam.“

      Derek Lawrence produzierte ihm unter dem pompösen Namen „Ritchie Black­more and his Orchestra“ die Solosingle „Getaway“/„Little Brown Jug“ (mit Nicky Hopkins am Piano, Saxophonist Reg Price und zwei Outlaws: Mick Underwood und Bassist Chas Hodges), die kaum ein Mensch je gehört hat – außer möglicherweise Dave Davies von den Kinks, der sich in diesem Fall gefreut haben dürfte, wie schnell sich sein „Fuzz durch Fußtritt“-Trick mit dem zwecks Verzerrung demolierten Lautsprecher herumgesprochen hatte. Daneben versuchte Lawrence mit Retortenbands wie The Lancasters, The Sessions und The Murmaids, Blackmore auf dem US-Markt zu etablieren. Ehe alle Stricke rissen, kehrte Ritchie Anfang 1965 reumütig zu Screaming Lord Sutch zurück: „Das war wie in einem Kriegsgefangenenlager: Jeder brach mal aus, aber einen Monat später war er wieder da. Wir haßten die Band, aber Sutch war der einzige, der seine Musiker vernünftig bezahlte.“ Er nahm wieder auf dem Sofa in dem ehemaligen Pferdetransporter Platz, mit dem dieser und seine Savages durch die Gegend karriolierten – unter anderem nach Hamburg, wo Blackmore sich aus Frust über die britische Musikszene erneut verabschiedete. Mit den Mit-Savages Jim „Tornado“ Anderson (Schlagzeug) und Arvid Andersen (Baß) begleitete er Jerry Lee Lewis und gründete die Band The Three Musketeers, die sich in verwegenem Gewand („in schenkelhohen Schaftstiefeln, mit dicken Lederschärpen, weißen Spitzen­kragen und breitkrempigen Hüten“) mit ihrem Paradestück, Rimski-Korsakows „Hummelflug“, einen regelmäßigen Auftritt in der Bochumer Filiale des Star-Clubs sicherte, aber gleich nach dem ersten Gig im Januar 1966 vom Geschäftsführer des Ladens gekündigt wurde – fragen wir noch, warum? „Wir kamen fechtend auf die Bühne“, antwortet Aramis Blackmore, inzwischen Vater eines Sohnes geworden. „Die Band war exzellent, aber viel zu weit fortgeschritten fürs deutsche Publikum, weil wir sehr schnelle Instrumentals spielten.“ Sehr, sehr schnelle: „Ich hatte manchmal ein solches Tempo drauf, daß hinterher meine Hände blutig waren.“

      Eigene Songs zu schreiben, wie das die Wunderkinder der Londoner Szene zu jener Zeit verstärkt taten, kam ihm nicht in den Sinn: „Als ich zwanzig war“, erinnerte er sich 1991 in einem Interview mit Guitar World, „war mir das Konstruieren von Songs vollkommen egal. Alles, was ich wollte, war: soviel Lärm machen und so schnell und laut spielen wie möglich.“ Nach einigen Sessions für die Plattenfirma Polydor, unter anderem mit einer blonden Sängerin mit dem naheliegenden Namen Heidi, wurde sein nächster Arbeitgeber (für eine sechs­monatige Deutschlandtournee) Neil Christian, dem gerade der Gitarrist seiner Crusaders – ein gewisser Jimmy Page – davongelaufen war. Dann fuhr Ritchie kurz nach London, wusch seine Socken und war schon wieder unterwegs, diesmal in Italien, mit einer Band namens The Trip, die anfangs den Sänger Ricky Maiocchi begleitete. Die Psychedelic-Welle nahte unaufhaltsam, aber ebenso unaufhaltsam stolperte der mittlerweile Einundzwanzigjährige in ein frustrierendes Leben als unscheinbarer, beliebiger Berufsmusiker hinein, der fremder Leute Musik spielt und zusehen muß, wie fremde Leute dafür gefeiert werden (und meistens nicht mal das).

      Während seines Kurzaufenthalts in London hatte er den Hype mitgekriegt, der nach dem ersten großen Auftritt der Experience am 29. Januar 1967 in Brian Epsteins Saville mit The Who und den Koobas um den gerade aus den USA importierten Jimi Hendrix veranstaltet wurde. „Warum ist Jimi Hendrix ein derart durchschlagender Erfolg beschieden?“ fragte eine deutsche Jugendzeitschrift. „Erstens ist Jimi ein Neger. Zweitens ist Jimi ein Gammlertyp, und jedermann weiß, daß die Gammelei in England seit einem Jahr nicht mehr en vogue ist.“ Black­more reagierte mit seinem nun schon gewohnten Trotz: „Jedermann redete sich den Mund fusselig: ‚Habt ihr schon diesen Negergitarristen gesehen, der mit den Zähnen spielt?‘ Ich dachte mir: Das klingt ja sehr musikalisch.“ Hype hin, Trotz her – daß Hendrix als Musiker eine Sensation war, mußte, wenn das schon Jeff Beck, Pete Townshend, Brian Jones und Eric Clapton einsahen, am Ende auch ein Blackmore einsehen. Seine neue Fender Stratocaster, ein „Geschenk“ von Eric Clapton, mag dazu beigetragen haben („Ein Roadie gab sie mir, weil der Hals verbogen war. Sie klang mit einem Wah-Pedal ganz gut, aber der Hals war so ver­bogen, daß man sie kaum spielen konnte“ – im November 1984 wird er sich revanchieren). Aber er wäre ja nicht Herr Blackmore, würde er nicht Jahre danach grummeln: „Ich war beeindruckt, aber weniger von seinem Spiel als von seiner Attitüde. Er war kein großer Gitarrist, aber alles andere an ihm war brillant. Hendrix hat mich inspiriert, aber Wes Montgomery war mir immer noch lieber.“

      1974 sollte Blackmore seine Ansichten über die „Konkurrenz“ („Ich glaube, daß nur ein Gitarrist einen anderen Gitarristen wirklich verstehen und konkret kritisieren kann!“) geändert – oder sagen wir: radikalisiert – haben: „Für mich gibt es nur zwei Gitarristen, die ich voll akzeptiere“, tönte er da in einem Interview. „Der eine ist tot: Jimi Hendrix. Der andere ist Jeff Beck, der perfekte Techniker. Viele Leute schwärmen für George Harrison und Eric Clapton. Die bedeuten mir überhaupt nichts. Sie werden überschätzt, auch wenn ihnen manchmal ein paar ganz gute Phrasierungen gelingen. Jimi Hendrix gab der Musik völlig neue Dimensionen. Als ich eines Tages eine Platte von ihm hörte, wußte ich, daß die Musik von nun an eine neue Richtung nehmen würde. Hendrix spielte oft Noten, die völlig falsch klangen, als hätte er sein Instrument nicht richtig gestimmt. Diese Töne erzeugte er jedoch absichtlich, er kreierte damit ein völlig neues Klangbild. Er war vielleicht nicht der größte Gitarrist, was die Technik anbelangt. Dafür war er Musiker mit Haut und Haaren, überstieg musikalische Grenzen, gab der heutigen Musik ein neues Gesicht.“ Und stellte sie auf neue Beine: „Sogar die Art, wie er ging, war beeindruckend.“

      Da behauptete Blackmore dann rückblickend auch, es sei Hendrix gewesen, „der mich nach England zurückbrachte“. Vorläufig jedoch, zunehmend genervt vom Dasein als gesichtsloser Angestellter, nahm er ein neues Angebot von Screa­ming Lord Sutch nur deshalb an, weil es wieder mit einer Reise nach Hamburg, das Ritchie mittlerweile als so etwas wie seine Heimat empfand, verbunden war. Die Band hieß dieses Mal The Roman Empire und trat in pseudoaltrömischen Soldatenuniformen mit Brustpanzern und roten Umhängen auf – selbst in der Wirrnis des herandämmernden Hippie-Frühlings ist diese Idee derart lächerlich, daß sich Blackmore, wenn es nur geht, hinter seinem Verstärker versteckt. Die Demütigung, als kostümierter Narr mit dem Auslaufmodell Sutch auf die Bühne steigen zu müssen, gab ihm den Anstoß, es jetzt endlich auf eigene Faust zu wagen. Als das Engagement früher als gedacht auslief, blieb Blackmore bei seiner Freundin Babs in Hamburg, lebte von ihrem Einkommen, spielte Ses­sions mit allen möglichen Musikern und übte sechs oder sieben Stunden am Tag: „Es gab ja sonst nichts zu tun.“ Mit dem Sänger und Pianisten Matt Smith, dem Bassisten Kurt Vile СКАЧАТЬ