Deep Purple. Jürgen Roth
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Название: Deep Purple

Автор: Jürgen Roth

Издательство: Bookwire

Жанр: Изобразительное искусство, фотография

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isbn: 9783854454144

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СКАЧАТЬ „Er sagte: ‚Wenn du nicht lernst, das Ding anständig zu spielen, werde ich es auf deinem Kopf zertrümmern!‘ Acht Guineen waren damals viel Geld, zumal er annehmen mußte, ich würde es wie immer machen: mir keine Mühe geben.“ Papa Blackmore meldete ihn bei einem Lehrer an, und der Sohn unterzog sich ein Jahr lang klassischen Lektionen – ein Schritt, der, wie er später selbst feststellte, sein ganzes weiteres Leben prägen sollte: „Ich lernte, wie man für jeden Bund einen eigenen Finger benützt, nicht nur drei, und wie man das Plektrum richtig hält. Es ist sehr wichtig, wenn man ein Instrument spielen lernt, die Sache von Anfang an richtig zu machen, denn wenn sich erst mal ein paar schlechte Angewohnheiten eingeschlichen haben, wird man sie nie wieder los. Die meisten Blues-Gitarristen benutzen zum Greifen nur drei Finger, ich alle fünf.“

      Im Werkunterricht („Das einzige, was mich in der Schule interessierte, war Technik, Elektrokram und so“) bastelte Ritchie an seiner Framus herum, nagelte drei selbstgedrehte Tonabnehmer drauf und zimmerte sich aus dem alten Zwei-Watt-Röhrenradio seines Vaters einen kleinen Verstärker, der beim ersten „Auftritt“ in der Schule (wobei laut seiner Erinnerung der Beifall die Band von Anfang an übertönte) prompt versagte: Als Ritchie sein Gitarrenkabel direkt in die Steckdose schob, flog die Hauptsicherung raus, und der Gig war zu Ende.

      Stunden über Stunden saß der, wie er selbst meint, „unbegabte“ Junggitarrist, der seine Lernprozesse nicht gern öffentlich abhielt, zu Hause und übte mit allem, was er an Sturheit aufzubringen vermochte. Viele Jahre später wird er Ian Gillan beim Bier gestehen, es habe ihn sehr belastet, daß er als Kind nie gelobt worden sei. Der Beste wollte, mußte er werden, es allen zeigen: „Das war meine Art, auf die Lehrer und das System zu reagieren. Man war entweder drin oder draußen, ein As in Mathe oder sonstwas oder weg vom Fenster. Also sagte ich: Gebt mir eine Gitarre, und ich beweise euch, wie gut ich bin!“

      Ende der Fünfziger war Heston keine uniforme englische Vorstadt mehr, sondern, wie der ganze Londoner Vor-Westen, Brutstätte einer überdurchschnittlichen Masse von Rockmusikern und Bands, die ab 1960 landesweit abräumten (oder es später tun würden) und einander zwar nur in seltenen Fällen persönlich kannten, in der Phantasie des Teenagers aber Konkurrenten waren, die es aus dem Weg zu räumen galt. Ritchie heißt nicht Lee, Page, Miller, Beck, Hill, Scott wie gleichaltrige Gitarrenkollegen und im allgemeinen der gesichtslose Mann auf Englands Straßen; nein, er trägt den Namen des angloromantischen Schwartenromanciers Richard Doddridge Blackmore (1825 bis 1900), der zufällig nur vier Kilometer von Heston entfernt in Teddington gelebt hat, und sein diffuser Hang zum altehrwürdigen Kulturgut, der vierzig Jahre später merkwürdigste Blüten treiben sollte, trieb ihn vorderhand zur Eile. Nicht aufhalten mochte sich der Immer-noch-Anfänger mit lahmen Etüden. Die Klassiker wollte er spielen, und zwar gleich („Da hab’ ich mir was vorgemacht“, sah er retrospektiv ein). Allerdings nur als Mittel zum Zweck: „Ich liebe diese Musik nicht wirklich, nur die Disziplin, die nötig ist, um sie zu spielen.“

      Sein Lehrer war anderer Meinung, was das Curriculum betraf. Wenn ­Ritchie das häusliche Üben grundständiger Basisgitarristik und anspruchsvoller Segovia-Zupfetüden verweigerte (und geständig war), schickte er ihn ununterrichtet wieder fort: „Ich bringe dir nichts mehr bei, wenn du nicht übst. Geh heim und übe!“ Das steigerte Ritchies Eile indes nur – er kurbelte das Zeug herunter, so schnell es irgend ging. Dem Lehrer, der seines Schülers Fingern mit den Augen bald kaum mehr zu folgen vermochte, standen die Haare zu Berge: Solch Tempo­meierei sei seelenlos, bemängelte er beharrlich. Aber es war halt seelisch nichts zu wollen für den Unterforderten, und endlich sah’s der Pädagoge ein, lobte die flinke Benützung des kleinen Fingers, die, das wußte auch er, andere Gitarristen wegen dessen Druckempfindlichkeit und unvermeidlich stechender Juckschmerzen gern unterlassen. Wer das freiwillig hinnimmt, dachte er, dem kann man nicht helfen.

      Und Ritchie wurde nun erst einmal für einige Zeit sein eigener Lehrer. Das besessene Üben half ihm auch, den Dampf abzulassen, den seine eingebaute Zornturbine nach wie vor produzierte. „Wenn ich was spielen konnte, konnte ich es auch richtig schnell spielen“, sagte er später. „Erst mit zwanzig hab’ ich versucht, ein bißchen langsamer zu werden. Ich wußte, daß ich zu schnell spiele, aber ich war einfach nervös. Langsam spielen fiel mir ungeheuer schwer, einen Ton halten, ein paar Takte lang – ich dachte: Mein Gott, ich kann das nicht, ich bin so nervös.“

      Mit fünfzehn erlebte er die erste „echte“ Band auf der Bühne, Nero & The Gladiators im Southall Community Center: „Meine Lieblingsband, die Stars schlechthin, sie waren unglaublich.“ Frühe Eindrücke prägen, wie man weiß, am stärksten – noch über vierzig Jahre danach behauptet Blackmore, dieses Konzert sei ihm von allen Auftritten anderer Künstler, die er je gesehen habe, am stärksten im Gedächtnis geblieben. Daß The Gladiators als „alte Römer“ vermummt vor ihr Publikum traten, sollte ihn später auf eine Bühnenkleidungsidee bringen; wichtiger ist, daß sie nicht einfach Rock-’n’-Roll-Nummern runterbretterten, wie es damals üblich war, sondern klassische Stücke wie Edvard Griegs „In der Halle des Bergkönigs“ in Rock ’n’ Roll umwandelten. Vergeblich versuchte er, sich in die Band hineinzudrängen, studierte statt dessen dann den Leadgitarristen Tony Harvey – nicht nur seine Hände, sondern jede einzelne Bewegung auf der Bühne.

      Zur Schule ging Ritchie mit fünfzehn nicht mehr. Statt dessen jobbte er am nahegelegenen Flughafen Heathrow als angelernter Funktechniker, kaufte sich von seinem Lohn eine richtige E-Gitarre – eine Höfner Club 50 – und gründete nebenbei mit Exmitschüler Mick Underwood, der als einziger in Ritchies Bekanntenkreis ein richtiges Schlagzeug sein eigen nannte, eine Band mit dem assoziationsreichen Namen The Dominators. Die hielt aber nur sechs Monate, denn nach ein paar Gigs in der Nachbarschaft winkte eine größere Chance. Roger Mingay brauchte für seine Band The Satellites, eine lokal recht beliebte Imitation der Shadows, einen Rhythmusgitarristen, und der fünfzehnjährige ­Ritchie stieg ein – aus pädagogischen Gründen: „Mingay hat mich sehr beeinflußt. Ich hätte alles gespielt, bloß um dabeisein zu dürfen.“

      Anfang 1961 las Ritchie in einer Anzeige, der exzentrische Schockrocker David „Lord“ Sutch (den vorerst nur seine Freunde „Screaming“ nannten) suche einen Gitarristen. Das nun konnte der Eintritt ins richtig große Musikgeschäft sein – und schon flatterten Ritchies schüchterne Nerven derart, daß ihn seine Freundin und sein Vater zum Vorspielen begleiten mußten. Mittlerweile kennen wir ihn ein bißchen und können uns daher ungefähr vorstellen, was in ihm vorging, als er erfuhr, daß nicht er den Job kriegt, sondern – Roger Mingay (später behauptete Blackmore, er sei sehr wohl angenommen worden, habe aber abgelehnt, um nicht soviel unterwegs sein zu müssen). Damit waren die Satellites auch erledigt, und Ritchies Einstieg bei Mike Dee & The Jaywalkers ging mal wieder eine typische Überreaktion voraus: Um zu demonstrieren, daß er nun Profi war, zahlte er einhundertvierzig Pfund für eine kirschrote Gibson ES 335, wie sie auch Chuck Berry spielte, und besaß damit nicht nur ein Trauminstrument (das er bis 1971 benützte), sondern auch die wahrscheinlich teuerste Gitarre in ganz Westlondon. Nicht die Gitarre allein war es, die jeden Sonntag, wenn Mike Dee & The Jaywalkers im Southall Community Center aufspielten, für offene Münder sorgte, sondern vor allem die unglaubliche Schnelligkeit, mit der der junge Kerl sie bediente – wir wissen das bereits.

      Ausgelernt hatte Ritchie aber noch lange nicht. Seine neuen Vorbilder waren Legion: Albert Lee (ein Kollege von den Crusaders), Duane Eddy, Buddy Holly, dann Les Paul, Wes Montgomery, Jimmy Bryant, Ricky Nelsons Leadgitarrist James Burton, Scotty Moore (Elvis Presleys Saitenmann und sein erster Manager) und vor allem Django Reinhardt – der ihn, obwohl er später behauptete, ihm habe bloß der Name gefallen, besonders deshalb faszinierte, weil es ihm nicht gelang, ihn zu kopieren. Nicht gelingen konnte, aus anatomischen Gründen: Dem 1953 verstorbenen „Zigeunerjazzer“ waren an seiner Griffhand nach einem Brand in seinem Wohnwagen 1928 nur zwei bewegliche Finger verblieben, weshalb er keine Akkorde, sondern nur einzelne Noten spielen konnte.

      Einen neuen Lehrer fand Blackmore endlich auch: Big Jim Sullivan, eine Art kleiner (und lokaler) Gitarrengott seiner Zeit, der seit Ende der Fünfziger, damals selbst erst sechzehn, bei den Wilde Cats spielte, denen СКАЧАТЬ