Название: Der Dreißigjährige Krieg
Автор: Ricarda Huch
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Sachbücher bei Null Papier
isbn: 9783962818555
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Einige Jahre später heiratete die Schwester Friedrichs V. den jungen Kurprinzen von Brandenburg, Georg Wilhelm, wodurch diese beiden reformierten Häuser nahe miteinander verbunden wurden und gemeinsame Wirksamkeit desto natürlicher schien. Noch ein Hoffnungsstern ging den unierten Fürsten um diese Zeit im Norden auf, indem nach dem Tode König Karls IX. von Schweden dessen Sohn Gustav Adolf den Thron bestieg, dem das Gerücht trotz seiner Jugend heroische Neigungen und Tätigkeiten zuschrieb.
Nachdem Karl IX. im Jahre 1611 gestorben war, übernahm sein Sohn Gustav Adolf nach Wahl der Stände die Regierung und ernannte alsbald seinen Erzieher und Freund, den um etwa zwölf Jahre älteren Grafen Axel Oxenstierna, zu seinem Minister. Als Knabe hatte er inniger einem anderen Lehrer, dem aus dem Volke stammenden Johann Skytte angehangen, der ihn mit den Sagen aus der Urzeit der nordischen Völker und mit den Geschichten seiner Vorfahren, der Wasa, das Herz so mächtig zu erschüttern wusste. Am liebsten ließ sich der junge Königssohn von seinem unglücklichen Oheim Erich erzählen, der im Wahnsinn, als Gefangener seines Bruders Johann und wahrscheinlich durch denselben ermordet, gestorben war: von der Unbändigkeit seines Wissensdranges und seiner Eroberungssucht; denn nicht nur hätte Schweden seiner unersättlichen Begier keine Genüge getan, sondern, erzählte Skytte, wenn die Erde sein gewesen wäre, würde er sich über die Sterne haben ausbreiten wollen; dann wie zuweilen eine uralte heidnische Wildheit in ihm aufgekocht sei, in der er nach Blut gelechzt habe wie ein Wolf, und wie er einmal in einer solchen Raserei die Sture, die ihm trotzten, mit eigenen Händen erschlagen habe; dann wie er voll Musik gewesen sei und ihrer so mächtig, dass in der Zeit seiner Gefangenschaft und seines Wahnsinns König Johann ihm die Laute habe fortnehmen lassen, damit die Süßigkeit seiner Gesänge nicht die Kerkermeister betöre.
Es machte Skytte schweren Kummer, dass sein Zögling sich in den Jünglingsjahren mehr dem Oxenstierna anschloss, dem er als einem von Adel misstraute und dessen Einfluss er für gefährlich hielt, weil er glaubte, dass er Gustav Adolf in seiner Neigung zu einer kriegerischen, weit ausgreifenden Politik bestärke. Nach seiner Meinung war es die Aufgabe eines schwedischen Königs, Frieden und Ordnung im Innern des Reiches herzustellen, wo der Adel ebenbürtig und auf die königliche Vorherrschaft eifersüchtig, wo die Städte arm und das Gewerbe unentwickelt sei, nicht aber, das so vielfach bedürftige Reich zu vergrößern. Gustav Adolf ließ es sich angelegen sein, Skyttes Empfindlichkeit zu beschwichtigen, und hatte darüber eine Unterredung mit ihm im Schloss, wo er sich etwa ein Jahr nach seiner Thronbesteigung während der Friedensverhandlungen mit Dänemark aufhielt.
Er habe unrecht, begann er gegen Skytte, Oxenstierna zu misstrauen, der ihn liebe und es treu mit ihm meine. Ja, sagte Skytte, indem er sich bedächtig seinen schwarzen gegabelten Bart strich, dessen Enden geflochten und von einer roten Schnur durchzogen waren, ja, so treu es ein Adliger mit seinem König meinen könne, dem er sich im Grunde überlegen fühle.
Gustav Adolf zögerte einen Augenblick, dann lachte er und sagte, am letzten Ende sei es doch das Volk, das den König am wenigsten lieben könne; es halte nur zu ihm, solange der Adel es drücke.
Wenn das wahr sei, sagte Skytte, sei es ein schlechtes Zeichen für die Könige. »Was willst du?« sagte Gustav Adolf, »sie sind nun einmal da, so wie Gott da ist. Möchtest du auch aus dem Himmel eine Republik machen? Einer muss die Zügel führen, und das werde ich tun trotz Oxenstierna.«
Er wolle es glauben, erwiderte Skytte; aber der Mensch folge auch unbewusst dem Rat, der ihm beständig ins Ohr falle. Er wisse wohl, was Oxenstierna im Sinne habe: er wolle den König durch Krieg beschäftigen, damit sich der Adel daheim des Steuers wieder bemächtigen könne. Darum wecke er in Gustav Adolf die Erinnerung an das alte skandinavische Dreikönigreich und reize ihn gegen Dänemark, mit dem er es doch nicht aufnehmen könne.
Nein, rief der junge König rasch und heftig aufspringend, wenn er es wissen wolle, so sei es umgekehrt. Er, ja er, hätte sich blind auf den König von Dänemark stürzen und ihn am liebsten mit den Händen erwürgen mögen, den aufgeblasenen Prahler, der sich erdreistet hätte, ihn mit seiner Flotte bis in das Schloss von Stockholm zu beunruhigen! Oxenstierna sei es, der ihm zurede und vorstelle, er müsse jetzt an sich halten, bis er seine Flotte verstärkt und ein tüchtiges Heer formiert und es im Kampfe mit schwächeren Feinden geübt habe. Er sei weder eine Puppe in Oxenstiernas Händen noch ein Schwächling, der sich vor dem König von Dänemark verkrieche, das wolle er seinerzeit beweisen!
Skytte trat einen Schritt zurück und betrachtete nicht ohne Wohlgefallen die hohe und breite Gestalt des blonden Königsknaben, der auf ihn zugesprungen war und mit blitzenden Augen drohend vor ihm stand. »Es scheint zuweilen«, sagte er sinnend, »als hätte ein Geschlecht nur einen einzigen durch die Zeit sich streckenden Riesenleib; denn so, wie du jetzt vor mir stehst, denke ich mir deinen Oheim, den unglückseligen Erich Wasa.«
»Und warum nicht?« sagte Gustav Adolf, »habe ich doch sein Blut in meinen Adern.«
»Das Blut der Wasa«, sagte Skytte, die Stirn zusammenziehend, »fließt nicht wie ein breiter, befahrener Strom, sondern wie die Katarakte des Nordens, die donnern und schäumen und hoch aufspritzen.«
»Das ist rechtes Königsblut!« fiel Gustav Adolf rasch ein, dessen blaue Augen leuchteten.
Skyttes Gesicht verdüsterte sich immer mehr. »Wie könnte ein König wohltätig herrschen«, sagte er, »der sein eigenes Herz nicht bändigen kann!« Nun, sagte Gustav Adolf, es seien jetzt andere Zeiten als die seines Großvaters und seiner Oheime, und er habe wohl ihr Blut, aber einen anderen Geist. Dass er sein Herz bemeistern könne, beweise er jetzt in der dänischen Angelegenheit und werde es ferner tun; aber es bleibe doch wahr, dass eines Königs Brust heißer und begieriger sein müsse als die anderer Menschen; denn in ihm schlage das Herz des ganzen Volkes.
Wenn das wahr wäre, sagte Skytte eigensinnig, würde er, Gustav Adolf, die Scholle lieben, die das Volk pflüge, nicht aber nach dem Meere trachten. Was früge das Volk, das sein Leben auf den Schlachtfeldern verbluten lassen müsse, nach fremden Ländern, deren Schätze СКАЧАТЬ