Название: Der Dreißigjährige Krieg
Автор: Ricarda Huch
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Sachbücher bei Null Papier
isbn: 9783962818555
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Namentlich dem Erzherzog Maximilian wurde es immer unleidlicher, sich überall von der Macht und Pracht Khlesls übertrumpft und ausgestochen zu finden. Da er selbst ein sparsamer Hauswirt war und doch niemals mit seinen Einkünften reichte, wurmte es ihn über alle Maßen, wenn er die mit sechs Pferden bespannte Karosse des Bischofs daherfahren sah, oder den mit Zobel gefütterten Mantel, den er im Winter trug, und die Kragen von feuerroter und violetter Seide, auf denen die gelbe Farbe seines Gesichtes hässlich hervortrat. Nicht nur wusste Khlesl geschickt seine Einkünfte zu vermehren, sondern er bezog auch von vielen Seiten, namentlich von Spanien, reiche Pensionen und half dem notleidenden Kaiser oft mit kleinen Summen aus. Sogar seine Diener konnten als Herren auftreten, denn ohne sie zu bestechen, gelangte niemand zu ihm. Schon seit Jahren sprach man davon, dass der ehrgeizige Bischof nach der Kardinalswürde strebe, und nun hieß es, der Papst könne dem Wunsche des um die Kirche so hochverdienten Mannes nicht länger widerstreben. Voll Ingrimm glaubte Maximilian wahrzunehmen, wie er den Kopf bereits höher aufwerfe und sich in Kleidern und Gebärden pfauenhafter spreize als sonst, und es schien ihm keine Zeit mehr zu krummen Wegen zu sein. Entschlossen legte er Matthias seine und Ferdinands unumstößliche Forderungen vor: Ferdinand müsse durchaus so bald wie möglich in den Erblanden und im Reiche zum Nachfolger gewählt werden. Ein Kurfürstentag müsse ausgeschrieben und die Kurfürsten zur Wahl veranlasst werden; machten die Evangelischen Einwände oder erschienen sie nicht, so müsse die Wahl ohne sie vorgenommen werden. Damit dem ungewöhnlichen Verfahren Nachdruck gegeben werden könne, müsse Matthias unverzüglich ein Heer rüsten, dann könne es ihm nicht fehlen. Nach einigem Sträuben und Wehklagen gab Matthias nach, sodass Maximilian schon den Sieg davongetragen zu haben glaubte.
Plötzlich jedoch nahm die Sache eine ganz andere Wendung: Das Memorial, in welchem Maximilian seine Forderungen aufgezählt und begründet und welches er der kaiserlichen Kanzlei eingereicht hatte, war auf unerklärliche Weise in die Hände der Evangelischen geraten, die sich nun beizeiten gegen die desperaten Anschläge zur Wehr setzen konnten. Es litt bei Maximilian keinen Zweifel, dass Khlesl der Urheber dieses Verrates sei, und er beschloss die Niederlage mit den äußersten Mitteln zu rächen. Sein Hass nahm zu, als eine päpstliche Abordnung dem Bischof die Ernennung zur Kardinalswürde überbrachte, wodurch der Bäckerssohn zum Range der Erzherzöge erhoben wurde. Khlesl verfehlte nicht, dies seine Feinde auf glimpfliche Art merken zu lassen, wenn er auch übrigens gern beiläufig erwähnte, dass er keinen Wert auf äußerliche Auszeichnungen lege.
Von der Ausführung des scharfen Planes, den Maximilian ausgeheckt hatte, konnte nun keine Rede mehr sein, im Gegenteil galt es am Hofe von Dresden die vertrauliche Stimmung wieder herzustellen, dessen reichstreue Politik durch das argwöhnische Memorial ein wenig erschüttert war. Deshalb wurde ein Besuch des Kaisers Matthias und seines Neffen Ferdinand in Dresden vereinbart, bei welcher Gelegenheit die Grundlagen künftigen Zusammenhaltens besprochen werden sollten.
Dies war aus vielen Gründen eine schwere Angelegenheit für Matthias, den bald Gicht, bald Magenschwäche und Verdauungsbeschwerden plagten und der unzählige Übel für seine Gesundheit aus dem mühseligen Reisegeschäft und dem am sächsischen Hofe üblichen Vollsaufen hervorgehen sah. Ferner wurde er durch Ferdinand drangsaliert, weil der die Reise ohne Khlesl machen wollte, den Matthias gerade bei diesem Anlass, wo wichtige Dinge verhandelt werden sollten, nicht von sich lassen wollte und der auch selbst gar nicht darauf verzichtet hätte. In seinem erfinderischen Kopf hatte Khlesl sich ausgedacht, wie dieser Besuch zum Besten seiner Politik auszunützen sei. Es hatte nämlich Erzherzog Ferdinand seine kränkliche bayrische Gemahlin inzwischen durch den Tod verloren, und bei einer neuen Verbindung konnte der Ausgleich mit den Evangelischen etwa mit berücksichtigt werden. Wenn Ferdinand die Witwe des verstorbenen Kurfürsten Christian heiratete und also die künftige Kaiserin evangelisch wäre, so, dachte Khlesl, könnte dies als ein schönes Symbol des hergestellten Einverständnisses im neugeeinigten Reiche ausgedeutet werden und recht wohl auf die beiderseitige Haltung Einfluss gewinnen. Freilich war es ungewiss, ob der ausschweifende Gedanke die päpstliche Billigung finden würde; aber vielleicht kam ihm die Anmut der dänischen Fürstin, die bereits eine feurige, wenn auch vergebliche Liebesneigung in dem Landgrafen von Hessen-Darmstadt entzündet hatte, zu Hilfe, was besonders bei Ferdinands leicht entflammbarem Temperament nicht unmöglich war.
Nachdem zuvor Ferdinands Krönung zum König von Böhmen vollzogen war, wurde die Reise angetreten, und zwar so, dass die letzte Strecke bis Dresden zu Schiff auf der Elbe gemacht wurde. An der Grenze bewillkommnete der Kurfürst die Österreicher in festlicher Weise durch eine Wasserjagd, indem das Wild durch Treiber und Hunde in den Fluss gehetzt und dort von den in ihren Schiffen befindlichen Gästen erlegt wurde.
Ferdinand genoss die dargebotenen Lustbarkeiten, die für den Kaiser meistenteils beschwerlich waren, in vollen Zügen. Er hatte zwar von Khlesls Heiratsplan nichts wissen wollen, freute sich aber doch auf die Bekanntschaft der schönen Witwe und wurde denn auch durch ihr freies Anlächeln und rätselhaftes Blicken sofort bezaubert. Er fand, dass sie viel feiner und klüger zu reden wusste als seine Schwestern oder seine verstorbene СКАЧАТЬ