Der Dreißigjährige Krieg. Ricarda Huch
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Название: Der Dreißigjährige Krieg

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Sachbücher bei Null Papier

isbn: 9783962818555

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СКАЧАТЬ leicht den Wöl­fen, die je­der­zeit um­gin­gen, zur Beu­te fal­len. Zwar wür­den sei­ne Söh­ne ih­nen fürst­lich und ge­treu­lich vor­ste­hen, und Heil­brun­ner wür­de ih­nen nach wie vor Got­tes Wort aus­le­gen und sie zum Gu­ten an­hal­ten, aber sie wüss­ten ja­wohl auch, wie böse die Zeit­läuf­te wä­ren, wel­che Macht der Teu­fel auf Er­den be­sä­ße und wie weit der päpst­li­che An­ti­christ sei­ne Sch­lin­gen wür­fe. Da müss­ten sie denn auch selbst mit Be­stän­dig­keit ge­wapp­net sein, wenn sie die Prü­fung be­ste­hen und der­einst den Him­mel ge­win­nen woll­ten. Da­nach frag­te er vie­le von ih­nen ein­zeln, wie sie sich ver­hal­ten wür­den, wenn sie mit Ge­walt zur Mes­se ge­zwun­gen wer­den soll­ten, ob sie sich fü­gen oder Hab und Gut preis­ge­ben, aus­wan­dern und ihre ir­di­sche Zu­kunft Gott an­heim­ge­ben woll­ten. Ei­ni­ge Män­ner sag­ten, sie hoff­ten das Bes­te, aber lands­frem­de Bett­ler wür­den nir­gends gern ge­se­hen, man müs­se auch für Weib und Kind Sor­ge tra­gen; ei­ni­ge Frau­en, sie wür­den sich nach dem Wil­len ih­rer Män­ner ver­hal­ten; aber ein paar alte Män­ner und alte Wit­wen sag­ten, von Got­tes Wort wür­den sie nicht las­sen, soll­ten sie auch dar­über Leib und Gut ver­lie­ren müs­sen, und sie wür­den dem Her­zog gleich die Hand dar­auf ge­ben.

      Er wis­se wohl, dass die Prü­fung hart sei, sag­te Phil­ipp Au­gust, aber himm­li­scher Lohn har­re des Über­win­ders, und er wol­le auch hier und dort für sie be­ten. Dann präg­te er ih­nen ein, sei­nen Söh­nen Ge­hor­sam zu leis­ten, wenn er bald nicht mehr sein wer­de, und sag­te ih­nen Le­be­wohl, wor­auf alle un­ter herz­zer­bre­chen­dem Schluch­zen aus­ein­an­der­gin­gen.

      Ei­ni­ge Tage spä­ter fiel der alte Her­zog beim Auf­ste­hen in Ohn­macht, er­hol­te sich aber wie­der und ließ sich vollends an­klei­den, wenn­schon die Ärz­te Be­den­ken äu­ßer­ten und Fa­mi­lie und Die­ner­schaft sich kopf­schüt­telnd dar­an er­in­ner­ten, dass man den 12. Au­gust schrieb, also ge­ra­de drei Mo­na­te nach dem Über­tritt Wolf­gang Wil­helms in Düs­sel­dorf ver­flos­sen wa­ren. Wie all­täg­lich nahm er dann an ei­ner Sit­zung der Räte teil und ließ sich von Heil­brun­ner ein Ka­pi­tel aus der Bi­bel er­klä­ren, um doch für alle Fäl­le auf das Ende vor­be­rei­tet zu sein. Beim Mit­ta­ges­sen, das bald nach zehn Uhr statt­fand und an dem sei­ne Ge­mah­lin, sei­ne Söh­ne, Heil­brun­ner und ein Arzt teil­nah­men, leg­te er plötz­lich den Löf­fel aus der Hand und schlief ein, um nicht mehr zum Le­ben zu er­wa­chen.

      Der To­des­fall rief un­end­li­chen Jam­mer im neu­bur­gi­schen Lan­de her­vor; nun, hieß es im Vol­ke, wür­de man das Schick­sal des be­nach­bar­ten Do­nau­wörth er­lei­den, wo die Schlech­ten, die ih­ren Glau­ben ver­rie­ten, An­stel­lun­gen und Äm­ter er­hiel­ten und straf­los die Bes­se­ren quä­len und un­ter­drücken dürf­ten. Es wa­ren in den letz­ten Jah­ren vie­le Do­nau­wör­ther nach Neu­burg ge­zo­gen, und die­se sa­hen nun kom­men, dass ih­res Blei­bens auch hier nicht wäre, son­dern dass sie wei­ter­wan­dern müss­ten, är­mer und hoff­nungs­lo­ser als zu­vor.

      Im Fe­bru­ar des fol­gen­den Jah­res, näm­lich 1615, hielt Wolf­gang Wil­helm sei­nen Ein­zug in Neu­burg und er­klär­te rund­weg, von sei­nem Erbrecht nichts auf­ge­ben zu wol­len, wor­auf sich Au­gust und Jo­hann Fried­rich, um nur et­was zu be­kom­men, zu ei­nem Ver­tra­ge be­quem­ten, der je­den von ih­nen mit ei­nem klei­nen Ge­biet ab­fand, Au­gust mit Sulz­bach und Jo­hann Fried­rich mit Hil­polts­heim, so aber, dass dem Äl­tes­ten, Wolf­gang Wil­helm, auch über die­se Lan­des­tei­le die Ober­ho­heit zu­stand. Trau­rig ver­lie­ßen die ver­wit­we­te Her­zo­gin und ihre Söh­ne das Neu­bur­ger Schloss, de­nen bald auch Ja­kob Heil­brun­ner, von der neu­en Re­gie­rung ver­ab­schie­det, folg­te.

      War die neu­bur­gi­sche Ver­mäh­lung un­heil­voll für die evan­ge­li­sche Sa­che ge­we­sen, so wur­de in dem äl­te­ren Zwei­ge der pfäl­zi­schen Fa­mi­lie im sel­ben Jah­re eine ge­fei­ert, die den Ver­lust rei­cher ein­brin­gen zu sol­len schi­en: der jun­ge, eben mün­dig ge­wor­de­ne Kur­fürst Fried­rich V. näm­lich führ­te die eng­li­sche Prin­zes­sin Eli­sa­beth, Toch­ter Ja­kobs I., heim, de­ren Name an die große Be­schüt­ze­rin der pro­tes­tan­ti­schen Frei­heit er­in­ner­te. Die pfäl­zi­schen Räte rühm­ten und freu­ten sich die­ses Er­fol­ges ih­rer Di­plo­ma­tie nicht we­nig, denn sie glaub­ten da­mit die Un­ter­stüt­zung der­je­ni­gen Macht ge­won­nen zu ha­ben, de­ren herr­li­cher Tri­umph über die spa­ni­sche Ty­ran­nei noch frisch in al­ler Ge­dächt­nis war. Der jun­ge Fried­rich ließ sich gern sa­gen, wie gut er nun­mehr ver­sorgt und für sei­ne hohe Rol­le aus­ge­rüs­tet sei, wie weit er durch die kö­nig­li­che Ver­wandt­schaft an­de­re Fürs­ten über­ra­ge; doch wa­ren ihm die schö­ne Braut, die viel­fa­chen An­nehm­lich­kei­ten des Ehe­le­bens, die Hoch­zeit und der Empfang zu Hau­se, der das Üb­li­che an Pracht über­tref­fen soll­te, zu­nächst wich­ti­ger. Der ver­wöhn­ten Eng­län­de­rin soll­te das neue Reich am Rhei­ne nicht arm­se­lig er­schei­nen, viel­mehr soll­te sie wo­mög­lich durch Über­fluss über­rascht wer­den. Ein mit far­bi­gen Tü­chern aus­staf­fier­tes, von bun­ten Fah­nen um­flat­ter­tes, wie ein schwim­men­des Sch­löss­lein mit Gold- und Sil­ber­zeug ein­ge­rich­te­tes Schiff führ­te sie bis Mainz, wo ihr Ge­mahl, der ihr vor­aus­ge­reist war, sie er­war­te­te. Von al­len pfäl­zi­schen Städ­ten hat­te ihr die Fes­tung Fran­ken­thal, wel­che als eine Ko­lo­nie aus Frank­reich aus­wan­dern­der Hu­ge­not­ten von dem Kur­fürs­ten Fried­rich III. war ge­grün­det wor­den, den schöns­ten Empfang be­rei­tet. Aus ei­nem ro­si­gen Ge­wölk blü­hen­der Apri­ko­sen- und Ap­fel­bäu­me stie­gen die grau­en Mau­ern kan­tig her­vor, hin­ter de­nen das hei­te­re Städt­chen voll zier­lich ge­gie­bel­ter Häu­ser in ge­pfleg­ten Gär­ten sich barg. Wie wenn ein in Ei­sen ge­rüs­te­ter Rit­ter das Vi­sier öff­net und ein freund­li­ches Jüng­lings­ge­sicht zwi­schen den dunklen Plat­ten sicht­bar wird, so über­rasch­te das Bild der ge­schmück­ten Stadt die durch das Tor Ein­zie­hen­den. Fest­li­che Ju­gend über­reich­te der Kö­nigs­toch­ter ein von Fran­kent­hals be­rühm­ten Gold­schmie­den an­ge­fer­tig­tes Klein­od: eine große, von ei­nem aus Sa­phi­ren und Sma­rag­den be­ste­hen­den Stirn­band, wel­ches das Meer ver­sinn­bild­lich­te, her­ab­hän­gen­de Per­le, mit An­spie­lung auf Eli­sa­beths Bein­amen ›die Per­le von Eng­lan­d‹. Die Ehren­bo­gen, die über die Haupt­stra­ße aus­ge­spannt wa­ren, tru­gen Bil­der mit In­schrif­ten, un­ter de­nen das wich­tigs­te eine Dar­stel­lung des See­sie­ges der eng­li­schen Flot­te über die von Phil­ipp II. aus­ge­sand­te furcht­ba­re Ar­ma­da dar­stell­te. Dar­über wa­ren die Wor­te ge­schrie­ben: ›E­li­sa­beth rex‹, das heißt: Eli­sa­beth Kö­nig, und dar­über: ›Deus fla­vit‹, das heißt: Gott blies. An die­ser Pfor­te wur­de der nun­meh­ri­gen Kur­fürs­tin eine An­re­de in deut­scher Spra­che ge­hal­ten, von wel­cher sie, des Deut­schen un­kun­dig, nichts ver­stand; auch hät­te sie oh­ne­hin, von herr­li­chen Ge­füh­len all­zu un­ge­stüm be­wegt, den um­ständ­li­chen Wor­ten nicht fol­gen kön­nen. Auch ihr Name, das fühl­te sie, konn­te ein Zau­ber­wort für die evan­ge­li­schen Völ­ker wer­den, hat­te sie doch Kraft und Be­geis­te­rung ge­nug; es soll­te nur Fein­des­wut sich her­an­wäl­zen, ihr Herz wür­de wie ein Fels ste­hen und wie die Son­ne Se­gen ver­brei­ten, ohne je ver­dun­kelt zu wer­den. Sie lä­chel­te СКАЧАТЬ