Название: Der Dreißigjährige Krieg
Автор: Ricarda Huch
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Sachbücher bei Null Papier
isbn: 9783962818555
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Er wisse wohl, dass die Prüfung hart sei, sagte Philipp August, aber himmlischer Lohn harre des Überwinders, und er wolle auch hier und dort für sie beten. Dann prägte er ihnen ein, seinen Söhnen Gehorsam zu leisten, wenn er bald nicht mehr sein werde, und sagte ihnen Lebewohl, worauf alle unter herzzerbrechendem Schluchzen auseinandergingen.
Einige Tage später fiel der alte Herzog beim Aufstehen in Ohnmacht, erholte sich aber wieder und ließ sich vollends ankleiden, wennschon die Ärzte Bedenken äußerten und Familie und Dienerschaft sich kopfschüttelnd daran erinnerten, dass man den 12. August schrieb, also gerade drei Monate nach dem Übertritt Wolfgang Wilhelms in Düsseldorf verflossen waren. Wie alltäglich nahm er dann an einer Sitzung der Räte teil und ließ sich von Heilbrunner ein Kapitel aus der Bibel erklären, um doch für alle Fälle auf das Ende vorbereitet zu sein. Beim Mittagessen, das bald nach zehn Uhr stattfand und an dem seine Gemahlin, seine Söhne, Heilbrunner und ein Arzt teilnahmen, legte er plötzlich den Löffel aus der Hand und schlief ein, um nicht mehr zum Leben zu erwachen.
Der Todesfall rief unendlichen Jammer im neuburgischen Lande hervor; nun, hieß es im Volke, würde man das Schicksal des benachbarten Donauwörth erleiden, wo die Schlechten, die ihren Glauben verrieten, Anstellungen und Ämter erhielten und straflos die Besseren quälen und unterdrücken dürften. Es waren in den letzten Jahren viele Donauwörther nach Neuburg gezogen, und diese sahen nun kommen, dass ihres Bleibens auch hier nicht wäre, sondern dass sie weiterwandern müssten, ärmer und hoffnungsloser als zuvor.
Im Februar des folgenden Jahres, nämlich 1615, hielt Wolfgang Wilhelm seinen Einzug in Neuburg und erklärte rundweg, von seinem Erbrecht nichts aufgeben zu wollen, worauf sich August und Johann Friedrich, um nur etwas zu bekommen, zu einem Vertrage bequemten, der jeden von ihnen mit einem kleinen Gebiet abfand, August mit Sulzbach und Johann Friedrich mit Hilpoltsheim, so aber, dass dem Ältesten, Wolfgang Wilhelm, auch über diese Landesteile die Oberhoheit zustand. Traurig verließen die verwitwete Herzogin und ihre Söhne das Neuburger Schloss, denen bald auch Jakob Heilbrunner, von der neuen Regierung verabschiedet, folgte.
17.
War die neuburgische Vermählung unheilvoll für die evangelische Sache gewesen, so wurde in dem älteren Zweige der pfälzischen Familie im selben Jahre eine gefeiert, die den Verlust reicher einbringen zu sollen schien: der junge, eben mündig gewordene Kurfürst Friedrich V. nämlich führte die englische Prinzessin Elisabeth, Tochter Jakobs I., heim, deren Name an die große Beschützerin der protestantischen Freiheit erinnerte. Die pfälzischen Räte rühmten und freuten sich dieses Erfolges ihrer Diplomatie nicht wenig, denn sie glaubten damit die Unterstützung derjenigen Macht gewonnen zu haben, deren herrlicher Triumph über die spanische Tyrannei noch frisch in aller Gedächtnis war. Der junge Friedrich ließ sich gern sagen, wie gut er nunmehr versorgt und für seine hohe Rolle ausgerüstet sei, wie weit er durch die königliche Verwandtschaft andere Fürsten überrage; doch waren ihm die schöne Braut, die vielfachen Annehmlichkeiten des Ehelebens, die Hochzeit und der Empfang zu Hause, der das Übliche an Pracht übertreffen sollte, zunächst wichtiger. Der verwöhnten Engländerin sollte das neue Reich am Rheine nicht armselig erscheinen, vielmehr sollte sie womöglich durch Überfluss überrascht werden. Ein mit farbigen Tüchern ausstaffiertes, von bunten Fahnen umflattertes, wie ein schwimmendes Schlösslein mit Gold- und Silberzeug eingerichtetes Schiff führte sie bis Mainz, wo ihr Gemahl, der ihr vorausgereist war, sie erwartete. Von allen pfälzischen Städten hatte ihr die Festung Frankenthal, welche als eine Kolonie aus Frankreich auswandernder Hugenotten von dem Kurfürsten Friedrich III. war gegründet worden, den schönsten Empfang bereitet. Aus einem rosigen Gewölk blühender Aprikosen- und Apfelbäume stiegen die grauen Mauern kantig hervor, hinter denen das heitere Städtchen voll zierlich gegiebelter Häuser in gepflegten Gärten sich barg. Wie wenn ein in Eisen gerüsteter Ritter das Visier öffnet und ein freundliches Jünglingsgesicht zwischen den dunklen Platten sichtbar wird, so überraschte das Bild der geschmückten Stadt die durch das Tor Einziehenden. Festliche Jugend überreichte der Königstochter ein von Frankenthals berühmten Goldschmieden angefertigtes Kleinod: eine große, von einem aus Saphiren und Smaragden bestehenden Stirnband, welches das Meer versinnbildlichte, herabhängende Perle, mit Anspielung auf Elisabeths Beinamen ›die Perle von England‹. Die Ehrenbogen, die über die Hauptstraße ausgespannt waren, trugen Bilder mit Inschriften, unter denen das wichtigste eine Darstellung des Seesieges der englischen Flotte über die von Philipp II. ausgesandte furchtbare Armada darstellte. Darüber waren die Worte geschrieben: ›Elisabeth rex‹, das heißt: Elisabeth König, und darüber: ›Deus flavit‹, das heißt: Gott blies. An dieser Pforte wurde der nunmehrigen Kurfürstin eine Anrede in deutscher Sprache gehalten, von welcher sie, des Deutschen unkundig, nichts verstand; auch hätte sie ohnehin, von herrlichen Gefühlen allzu ungestüm bewegt, den umständlichen Worten nicht folgen können. Auch ihr Name, das fühlte sie, konnte ein Zauberwort für die evangelischen Völker werden, hatte sie doch Kraft und Begeisterung genug; es sollte nur Feindeswut sich heranwälzen, ihr Herz würde wie ein Fels stehen und wie die Sonne Segen verbreiten, ohne je verdunkelt zu werden. Sie lächelte СКАЧАТЬ