Название: Der Dreißigjährige Krieg
Автор: Ricarda Huch
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Sachbücher bei Null Papier
isbn: 9783962818555
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Nachdem die Hochzeit in München mit großer Pracht begangen war, richtete Philipp Ludwig eine Nachfeier in Neuburg zu, die Kosten nicht scheuend, um dem bayrischen Gepränge nicht nachzustehen, wie denn weder ein Turnier noch ein Feuerwerk, noch auch eine Sauhatz fehlte. In der ersten Nacht brach aber nicht weit vom Schlosse eine große Feuersbrunst aus, die sich so gefährlich anließ, dass der alte Herzog seinen Sohn, der sich eben mit seiner jungen Frau zu Bette begeben wollte, herausklopfte, damit er sich auch wie die anderen Herren am Lösch- und Rettungswerk beteilige. Hier tat sich namentlich Prinz August, Wolfgang Wilhelms jüngerer Bruder, rühmlich hervor, und man sah mit großer Bewunderung seinen hochgewachsenen Körper und sein blondes Haupt unerschrocken zwischen Rauch und Flammen auf- und untertauchen. Philipp Ludwig und seine zur Schwermut neigende Frau standen unterdessen im Schlosse am Fenster, wo sie durch die kahlen Gebüsche, denn es war November, die schwarzen Donauwellen im düsteren Glutschein aufblinken sehen konnten, und beteten nicht ohne trübe Vorahnungen.
Von Neuburg führte Wolfgang Wilhelm seine Frau nach Düsseldorf und hätte sich der neuen Würde uneingeschränkt freuen können, wenn sein Beichtvater ihn nicht gedrängt hätte, nunmehr seine Zugehörigkeit zur katholischen Kirche offen zu bekennen, weil dies zum Heil seiner Untertanen, die sich ihm anschließen würden und müssten, notwendig sei. Wolfgang Wilhelm wagte keinen Gegengrund zu äußern und ordnete, da es einmal sein musste, die Zeremonie festlich an, damit das vorauszusehende Murren des Volkes durch einen bedeutenden Eindruck überwältigt werde.
An den Hof von Neuburg waren zuweilen Gerüchte von einer großen Veränderung gedrungen, die in Düsseldorf im Schwange sei; aber Philipp Ludwig hatte es nicht laut werden lassen und sich einzureden gesucht, dass ein solcher Verrat seines Sohnes unmöglich sei. Endlich ließ er den Heilbrunner zu sich rufen und fragte ihn, indem er ihn scharf ansah, ob er glaube, dass Wolfgang Wilhelm seinen Gott und seinen Vater zugleich verraten habe? Heilbrunner schwieg eine Weile mit niedergeschlagenen Augen; dann sagte er: »Weil Euer Gnaden es mir befehlen, so will ich antworten. Ich habe mich lange gesträubt, es zu glauben, und mit Gott deswegen gestritten. Abraham hat Isaak unschuldig geopfert und David Absalom schuldig, und beide waren treue Knechte Gottes. Wir müssen kämpfen und ausharren bis ans Ende: das von Euer Gnaden und meines sind nicht mehr fern.« Hierauf setzte sich Philipp Ludwig an seinen Schreibtisch und forderte von seinem Sohne eine runde, offene Erklärung, die denn auch erfolgte. Wolfgang Wilhelm und Magdalena schrieben zusammen in höflichen, entschiedenen Worten, dass es so sei und nicht anders sein könne und dass sie hofften, der Vater werde es ihm, Wolfgang Wilhelm, nicht verargen, dass er nach seiner Überzeugung gehandelt habe.
Das Blatt zitterte in den Händen des alten Mannes, während er las, und die Tränen begannen ihm langsam über das Gesicht zu laufen. Sein Herz war so hart geschlagen, dass er nicht einmal in der Bibel Trost finden konnte. Nicht nur der Abfall seines Sohnes war es, der ihn bekümmerte, sondern der Gedanke an die bitteren Folgen, die für seine armen Untertanen daraus erwachsen mussten, wenn der Abtrünnige ihnen seinen Irrglauben aufzwingen würde. Viele Stunden verbrachte er in leisem Gespräch mit seiner Frau, lange saß er aber auch allein, von einem drohenden Schwall teuflischer Zweifel geängstigt. Warum ließ Gott es zu, dass die Arbeit seines Lebens zunichte gemacht werde, sein Gärtlein, in dem er das Unkraut des Unglaubens und des Lasters ausgejätet, wo er Frömmigkeit, Ordnung und Tugend gesät und aufgehen gesehen hatte, von seinem eigenen Sohne verwüstet wurde? Er hatte geglaubt, der Segen Gottes ruhe auf seinem Tagewerk, und nun sollte sein brechendes Auge es scheitern sehen. War es eine ihm auferlegte Prüfung, wie konnte Gott den Verlust so vieler Seelen damit verbinden?
Den ernstlichen Vorstellungen Heilbrunners, man müsse sich dem Verhängnis Gottes auch dann unterwerfen, wenn man es nach seinem schwachen menschlichen Verstande nicht begreife, fügte er sich, insofern er nicht laut klagte; anstatt dessen beschäftigte er sich in großer Unruhe damit, das Unheil, so viel an ihm war, von seinem Lande abzuwenden. Nachdem er dem Sohne in ernsten Worten sein Unrecht vorgehalten hatte, forderte er von ihm ein bündiges Versprechen, in seinem väterlichen Erblande die Augsburgische Konfession nicht antasten noch ausländische Beamte dort einführen zu wollen, welches Wolfgang Wilhelm nach langem Zögern auch gab, dabei die Unverbrüchlichkeit eines Fürstenwortes betonend. Dann band er seinem zweiten und seinem dritten Sohne, August und Johann Friedrich, aufs Herz, dem reinen Glauben, in dem sie auferzogen wären, unerschütterlich anzuhangen, sich durch keinen irdischen Vorteil, Bedrohung oder Verlockung abwendig machen zu lassen, auch stets für ihre Untertanen, wenn diese etwa trotz aller Verträge von Wolfgang Wilhelm bedrängt werden sollten, väterlich zu sorgen und einzuspringen, da Gott die Seelen der Untertanen von den Fürsten fordern werde. Augusts aufrichtiger Blick und treues Wort beruhigten ihn über dessen Zukunft, für den schwachen und etwas vergnügungssüchtigen Johann Friedrich dagegen musste der ältere Bruder die Verantwortung mit übernehmen. Heilbrunner und die übrigen Geistlichen erhielten den Auftrag, an jedem Sonntag die Gemeinde auf die bevorstehende Gefahr aufmerksam zu machen und sie zur Glaubenstreue zu vermahnen. Es herrschte im ganzen Ländchen Betrübnis und Sorge, und aus freien Stücken beteten alle täglich, Gott möge ihren frommen Fürsten erhalten СКАЧАТЬ