Der Dreißigjährige Krieg. Ricarda Huch
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Dreißigjährige Krieg - Ricarda Huch страница 48

Название: Der Dreißigjährige Krieg

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Sachbücher bei Null Papier

isbn: 9783962818555

isbn:

СКАЧАТЬ Lust zu ge­brau­chen, und dass ein gut­her­zi­ger Fass­bin­der­meis­ter, der da­zu­kam und sie hin­dern woll­te, schwer ver­wun­det wur­de. Der Rat hät­te die Mis­se­tä­ter gern nach Ver­dienst be­straft ge­se­hen, scheu­te sich aber doch, den fei­nen und groß­ar­ti­gen Kur­fürs­ten von Tri­er mit ei­ner so häss­li­chen Sa­che zu be­hel­li­gen, und über­re­de­te des­halb den Ver­wun­de­ten und sei­ne Frau, sich mit ei­nem reich­li­chen Schmer­zens­geld zu­frie­den­zu­ge­ben.

      Fer­ner hat­te man dem Her­zog von Zwei­brücken ge­stat­tet, sei­nen Hof­pre­di­ger Pe­tis­cus öf­fent­lich pre­di­gen zu las­sen, trotz ge­rech­ter Be­sorg­nis, er möch­te die kal­vi­ni­sche Re­li­gi­on ein­zu­schmug­geln ver­su­chen; aber man hät­te den Un­rat lie­ber mit Schwei­gen zu­ge­deckt als die Auf­merk­sam­keit dar­auf hin­ge­lenkt, wie es nun der kur­säch­si­sche Hof­pre­di­ger Ha­nisch tat, in­dem er in sei­nen Pre­dig­ten an­züg­lich dar­über sti­chel­te. Auch die ei­ge­ne Geist­lich­keit gab man­ches zu schaf­fen, be­son­ders der Pas­tor Man­nich, der sich lei­der des Sams­tags zu be­trin­ken pfleg­te und in­fol­ge­des­sen am Sonn­tag auf der Kan­zel, die er un­vor­be­rei­tet und noch nicht ganz er­nüch­tert be­trat, al­ler­hand Selt­sam­kei­ten vor­brach­te, be­son­ders dem Rat dies und je­nes auf­mutz­te, was dem nie­de­ren Vol­ke ein be­lieb­ter Ohren­schmaus war. So klag­te er jetzt, dass ei­nem ehr­lie­hen nürn­ber­gi­schen Un­ter­tan, der sich wäh­rend des Kur­fürs­ten­ta­ges auf dem Seil hat­te se­hen las­sen wol­len, dies als eine un­nüt­ze und gott­lo­se Gau­ke­lei ver­bo­ten sei, wäh­rend her­nach ein an­geb­li­cher Meis­ter aus Frank­reich, der doch nur ein ge­mei­ner Bor­ten­wir­ker aus Schwa­ben sei, die Er­laub­nis er­hal­ten habe, in­dem die Aus­län­der stets be­güns­tigt und die Ein­hei­mi­schen an ih­rem Brot ver­kürzt wür­den. Mit die­sem Man­nich war es schwer, et­was aus­zu­rich­ten; denn zu­wei­len pre­dig­te er so herr­lich, dass es al­len Zu­hö­rern durch Mark und Bein ging und man mein­te, der se­li­ge Luther selbst sei zum Tros­te der Ge­mein­de wie­der auf­er­stan­den.

      Ge­gen Ende No­vem­ber nahm der Kol­le­gi­al­tag sein Ende, nach­dem die Kur­fürs­ten den Be­schluss ge­fasst hat­ten, sich im Mai des nächs­ten Jah­res zur Wahl ei­nes rö­mi­schen Kö­nigs von Neu­em zu ver­sam­meln. Noch vor die­sem Zeit­punkt in­des­sen klär­te sich die Lage, in­dem Kai­ser Ru­dolf an der Was­ser­sucht er­krank­te und aus dem Le­ben schied.

      Seit Matt­hi­as Kö­nig von Böh­men ge­wor­den war, ent­warf der Kai­ser Plä­ne, um sich wie­der in Be­sitz der ver­lo­re­nen Macht zu set­zen, wo­bei sein Ver­trau­ter der Mark­graf von Ans­bach war, der sich in Prag auf­hielt, um die Um­stän­de für sei­ne Glau­ben­s­par­tei aus­zunüt­zen. Ru­dolf zeich­ne­te ihn sicht­bar aus, führ­te ihn in sei­ne Kunst­kam­mer, zeig­te ihm sei­ne Bil­der und Ra­ri­tä­ten, schenk­te und ver­sprach ihm auch man­ches und ge­währ­te ihm lan­ge Un­ter­re­dun­gen. Die Auf­for­de­rung des Mark­gra­fen, er sol­le die Pra­ger Burg, wo er wie ein Ge­fan­ge­ner leb­te, heim­lich ver­las­sen und ihm ins Reich fol­gen, wo er mit Ju­bel und Ehr­furcht emp­fan­gen wer­den wür­de, ver­sprach er zu er­wä­gen. Viel lie­ber aber mal­te er sich aus, dass er nach Ti­rol ge­hen wol­le, und ver­tief­te sich in ein Buch, das der bel­gi­sche Ma­ler Roelant Sa­ve­ry in sei­nem Auf­tra­ge an­ge­fer­tigt hat­te und das die Ge­bir­ge die­ses von ihm über al­les ge­lieb­ten Lan­des dar­stell­te. Wenn er es durch­blät­ter­te, träum­te er von dem Glück, in die­ser Ein­sam­keit zu le­ben und die wil­den Um­ris­se, an de­nen die za­cki­gen Wäl­der hin­auf­kro­chen und die die Wol­ken­geis­ter um­tanz­ten, als ein ver­schol­le­ner Be­schau­er in sich auf­zu­neh­men. Ein Rei­se­wa­gen stand be­reit, um ihn je­den Au­gen­blick da­hin oder dort­hin füh­ren zu kön­nen; aber je­den Plan durch­kreuz­te ein an­de­rer, wie er denn auch da­mit um­ging, der Wit­we Hein­richs IV., Ma­ria von Me­di­ci, sei­ne Hand an­zu­tra­gen und durch die­se vor­neh­me Hei­rat sei­nen Bru­der Matt­hi­as gründ­lich zu be­schä­men.

      In ei­ner stür­mi­schen Win­ter­nacht stand der Kai­ser vom Bett auf und ver­barg sich jam­mernd in den dunklen Gän­gen der Burg; denn der Teu­fel, dem er sich ver­schrie­ben habe, sag­te er, klop­fe ans Fens­ter und wol­le ihn ho­len. Wie er bald da­nach er­krank­te und schwä­cher wur­de, hör­ten die­se ängst­li­chen An­fäl­le auf. Mit dem Be­ginn des Jah­res 1612 be­merk­te Rhuts­ky, dem die kör­per­li­che Pfle­ge des Kai­sers haupt­säch­lich ob­lag, al­ler­lei An­zei­chen, dass das Ende nicht mehr fern sein kön­ne. Der arme Mann wuss­te wohl, dass er vie­le Fein­de und Nei­der hat­te, die nach dem Tode Ru­dolfs ihre Wut an ihm aus­zu­las­sen ver­su­chen wür­den, und mach­te Plä­ne, um mit dem Ver­mö­gen, das er zu­sam­men­ge­bracht hat­te, aus Böh­men zu ent­wei­chen; aber wenn er den al­ten, ins Grab sin­ken­den Mann an­sah, wur­de sein Herz weich, und er be­schloss, noch einen und noch einen Tag aus­zu­har­ren. Hat­te der Kai­ser auch in sei­nen schlim­men Ta­gen zu­wei­len ge­gen ihn ge­tobt, auch mit Mes­sern und Tel­lern nach ihm ge­wor­fen, so hat­te er das doch her­nach mit freund­li­chen Wor­ten und Ge­schen­ken gutz­u­ma­chen ge­sucht, ja so­gar Trä­nen dar­über ver­gos­sen. Be­son­ders seit er das Bett hü­ten muss­te, war er sanft und füg­sam und sag­te wohl, er habe sich als Kna­be in Spa­ni­en nach Deutsch­land als nach sei­ner Hei­mat ge­sehnt; aber es sei die rech­te Hei­mat nicht ge­we­sen, und er sei froh, es zu ver­las­sen.

      An ei­nem Mor­gen im Fe­bru­ar er­wach­te Ru­dolf mit der Fra­ge, ob sein Löwe noch am Le­ben sei; es gab näm­lich eine Pro­phe­zei­ung, nach wel­cher er zu­gleich mit dem Lö­wen, den er im Zwin­ger hielt, ster­ben soll­te, und die Nach­richt, dass der­sel­be krank sei, hat­te ihn des­we­gen be­un­ru­higt. An Rhuts­kys Ver­le­gen­heit er­kann­te der Kai­ser, dass der Löwe wirk­lich in der Nacht ge­stor­ben war; er wur­de aber nicht da­durch nie­der­ge­drückt, son­dern sag­te, er wol­le die Pro­phe­zei­ung zu­schan­den ma­chen, füh­le sich wohl und wol­le auf­ste­hen. Auch sol­le so­gleich ein Brief an die Wit­we des Kur­fürs­ten von der Pfalz, Ju­lia­ne von Nassau-Ora­ni­en, auf­ge­setzt wer­den mit Hei­rats­vor­schlä­gen, weil er sich der kal­vi­ni­schen Par­tei, als der tat­kräf­tigs­ten un­ter den Evan­ge­li­schen, ver­bün­den wol­le. Die­se Wen­dung sei­ner Po­li­tik setz­te sei­ne Um­ge­bung wohl in Ver­wun­de­rung, fand aber we­nig Glau­ben; auch kam nichts da­von zur Aus­füh­rung, da der Kai­ser noch am sel­ben Vor­mit­tage verstarb, noch nicht sech­zig Jah­re alt, nach­dem er sechs­und­drei­ßig Jah­re lang re­giert hat­te.

      So­gleich nach sei­nem Tode wur­de die Burg be­setzt und die Mehr­zahl der kai­ser­li­chen Die­ner ins Ge­fäng­nis ge­wor­fen, dar­un­ter Rhuts­ky, in­dem zu­gleich sein Ver­mö­gen ein­ge­zo­gen wur­de. Da Khlesl dem vie­ler Ver­bre­chen Be­schul­dig­ten in bö­sen und höh­ni­schen Wor­ten die Fol­ter an­droh­te und er ein­se­hen muss­te, dass er von kei­ner Sei­te Hil­fe zu er­war­ten hat­te, er­häng­te er sich, so­dass nur noch sein Leich­nam ge­vier­teilt wer­den konn­te.

      Das über­aus präch­ti­ge Trau­er­ge­rüst, das zu Ru­dolfs Lei­chen­fei­er im Dome auf­ge­rich­tet war, kauf­te der noch im­mer in Prag an­we­sen­de Her­zog Hein­rich Ju­li­us als An­den­ken für eine große Sum­me und führ­te es auf ei­nem Wa­gen mit nach Wol­fen­büt­tel, konn­te sich aber nicht lan­ge mehr dar­an er­freu­en, da er schon СКАЧАТЬ