Der Dreißigjährige Krieg. Ricarda Huch
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Название: Der Dreißigjährige Krieg

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Sachbücher bei Null Papier

isbn: 9783962818555

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СКАЧАТЬ Man­ne woll­te fast der Mut sin­ken, als er sich in dem Wust um­sah, wo er Ord­nung schaf­fen soll­te: da war die nun ent­las­se­ne Die­ner­schaft des ver­stor­be­nen Kai­sers, die, seit Jah­ren nicht be­zahlt, aus bit­te­rem Elend her­aus um ihr Recht klag­te, da wa­ren die vie­len Per­so­nen, die sich wäh­rend der ver­gan­ge­nen Kämp­fe um Matt­hi­as ver­dient ge­macht hat­ten und ih­ren Lohn for­der­ten, und statt Gel­des wa­ren da die un­ter Ru­dolf zu Mil­lio­nen an­ge­schwol­le­nen Schul­den. Dazu lief der Waf­fen­still­stand mit der Tür­kei ab, und ein neu­er, fürch­ter­li­cher Krieg konn­te ent­ste­hen, wäh­rend im Rei­che die Uni­on und die Liga trotz­ten und nir­gend­wo auf red­li­chen Bei­stand zu rech­nen war. Der Reichs­tag lief kläg­lich aus­ein­an­der, denn die evan­ge­li­schen Stän­de woll­ten sich zu kei­ner Steu­er ver­ste­hen, be­vor nicht die Stadt Do­nau­wörth dem Her­zog von Bay­ern ab­ge­nom­men und wie­der­her­ge­stellt wür­de, die­ser aber woll­te den Raub nicht her­aus­ge­ben und konn­te von dem Kai­ser nicht dazu ge­zwun­gen wer­den.

      Bald be­merk­ten die Ei­fe­rer un­ter den Ka­tho­li­schen voll Miss­ver­gnü­gen, dass der ehe­ma­li­ge Ver­til­ger der Ket­zer eine ver­söhn­li­che Hal­tung ge­gen die­sel­ben an­nahm, ja sie zu­wei­len ge­ra­de­zu zu be­güns­ti­gen schi­en. Auf dies­be­züg­li­che Vor­wür­fe ver­ant­wor­te­te sich Khlesl mit sol­chen Wor­ten: Wer et­was aus­rich­ten wol­le, müs­se die fac­ta gel­ten las­sen, und er ler­ne nun als ein fac­tum ken­nen, dass die Evan­ge­li­schen im Rei­che zu mäch­tig wä­ren, als dass sie gänz­lich könn­ten aus­ge­rot­tet oder un­ter­drückt wer­den. Also müs­se man sich mit ih­nen ein­zu­rich­ten su­chen. Die­je­ni­gen, die in Kir­chen und Klös­tern steck­ten und nur Hei­li­gen­bil­der um sich her­um sä­hen, könn­ten sich wohl ein­bil­den, der gan­ze Teig lie­ße sich in einen himm­li­schen Mo­del kne­ten; wer aber in der Welt zu tun hät­te, müs­se sich al­ler Art Pas­te­ten ge­fal­len las­sen, sonst käme zu­letzt gar nichts auf den Tisch. Man müs­se die Glau­bens­sa­chen von den po­li­ti­cis tren­nen, es herrsch­ten in der Welt nun ein­mal nicht die glei­chen Grund­sät­ze wie im Rei­che Got­tes. Der rech­te Glau­ben er­öff­ne dem Men­schen den Him­mel, auf Er­den kom­me es dar­auf an, dass ei­ner ein fes­ter und ge­hor­sa­mer Un­ter­tan sei, und es kom­me vor, dass die Ket­zer ihre Pf­licht gründ­li­cher tä­ten als recht­gläu­bi­ge Ka­tho­li­ken.

      Die­ser Um­schwung in Khlesls Po­li­tik er­zürn­te vor al­lem den Erz­her­zog Fer­di­nand, den der Bi­schof frü­her in sei­nem re­for­ma­to­ri­schen Trei­ben un­ter­stützt hat­te und den er jetzt warn­te, er sol­le die Un­ter­ta­nen nicht zur Verzweif­lung und von Haus und Hof trei­ben, sonst ma­che er sein Land zur Ein­öde an­statt zu ei­nem Got­tes­staa­te. Das ei­gen­mäch­ti­ge Wal­ten des hoch­fah­ren­den Bi­schofs kam Fer­di­nand über­haupt wie ein Ein­griff in sei­ne Rech­te vor, da er sich schon als künf­ti­ger Herr­scher fühl­te; denn die oft aus­ge­spreng­ten Gerüch­te von der Schwan­ger­schaft der Kai­se­rin er­wie­sen sich stets als Täu­schung, und eben­so blieb Erz­her­zog Al­brechts Ehe kin­der­los. Erz­her­zog Ma­xi­mi­li­an, der Ti­rol re­gier­te und dem die Evan­ge­li­schen den Vor­zug ge­ge­ben hät­ten, leb­te in ei­nem an­ge­neh­men Ver­hält­nis mit ei­ner Frau von Ro­sen­berg und woll­te sei­ne ge­si­cher­te Be­hag­lich­keit nicht um un­ab­seh­ba­re Kämp­fe und Wi­der­wär­tig­kei­ten auf­ge­ben, son­dern ver­bün­de­te sich mit Fer­di­nand, um die­sem die Nach­fol­ge sei­nes Bru­ders zu ver­schaf­fen. Wäh­rend Ma­xi­mi­li­an sei­ne Ab­nei­gung ge­gen Khlesl we­der ver­ber­gen konn­te noch woll­te, be­hielt Fer­di­nand einen freund­li­chen Ver­kehr mit ihm bei, um sich bei sei­nem Oheim als ein lie­be­vol­ler und ge­treu­er Sohn ein­zu­nis­ten. Zu­nächst kam es ihm dar­auf an, sich in Be­sitz der ver­schie­de­nen habs­bur­gi­schen Kron­län­der zu brin­gen, und Matt­hi­as, der den Tag mit Brett- und Kar­ten­spiel bei sei­ner Frau ver­brach­te und sich un­gern durch Ge­schäf­te dar­in stö­ren ließ, ver­sprach denn auch, was er ha­ben woll­te. Auf Khlesls Vor­wür­fe ver­tei­dig­te sich Matt­hi­as, Khlesl hät­te lie­ber den Fer­di­nand nicht zu ihm las­sen sol­len, an­statt ihn jetzt zu schel­ten. Was er denn hät­te ma­chen sol­len?

      Ob er denn nicht ein­mal nein sa­gen könn­te, sag­te Khlesl un­ge­dul­dig; das hät­te doch selbst der ver­stor­be­ne Kai­ser Ru­dolf ge­tan, als Matt­hi­as ihn um die Nach­fol­ge an­ge­spro­chen hät­te, ob­wohl er sonst faul und gleich­gül­tig ge­nug in den Ge­schäf­ten ge­we­sen sei.

      »Eben das ist es«, sag­te Matt­hi­as. »Fer­di­nand macht es mit mir, wie ich es mit mei­nem Bru­der Ru­dolf ge­macht habe; das muss nun sei­nen Lauf neh­men.«

      »O hei­li­ge Me­lan­cho­lie im Lehn­stuhl!« rief Khlesl, die Hän­de zu­sam­menschla­gend, aus, »das muss es frei­lich, wenn Sie eben­so wer­den, wie Ihr Bru­der Ru­dolf war. Kön­nen Sie sich denn nicht weh­ren? Kön­nen Sie nicht ver­gnügt und tä­tig sein, wie Ihr ver­stor­be­ner Herr Va­ter war?«

      »Wenn du mir sagst, was ich tun soll, will ich es tun«, seufz­te Matt­hi­as. Fer­di­nand habe ihm ver­spro­chen, sich bei sei­nen Leb­zei­ten in nichts ein­zu­mi­schen, es sei nur eine Form­sa­che, wenn er ihm die Kro­nen von Ös­ter­reich und Böh­men ab­trä­te, man brau­che es nicht so wich­tig auf­zu­fas­sen.

      Ja, sag­te Khlesl, mit dem Leim pfle­ge man stets die Ru­ten zu be­strei­chen, mit de­nen man Vö­gel fan­gen wol­le.

      Der Fer­di­nand habe sich doch bis­her als ein from­mer, of­fen­her­zi­ger jun­ger Mann ge­zeigt, mein­te Matt­hi­as.

      Ach Gott frei­lich, sag­te Khlesl, dem Fer­di­nand sit­ze die Mas­ke treff­lich, er habe sie mit auf die Welt ge­bracht.

      Ein un­er­war­te­tes Hin­der­nis trat den bei­den Erz­her­zö­gen von be­freun­de­ter Sei­te ent­ge­gen, in­dem der Kö­nig von Spa­ni­en als ein Nach­kom­me Kö­nig Fer­di­n­ands I. An­sprü­che auf die Er­b­lan­de er­hob. Ver­ge­bens stell­ten sie dem spa­ni­schen Ge­sand­ten vor, wie un­vor­sich­tig es zur­zeit von der Fa­mi­lie sei, sich in of­fe­ner und heim­li­cher Feind­schaft viel­fach zu zer­spal­ten; er blieb un­er­schüt­ter­lich, wohl wis­send, die ar­men deut­schen Habs­bur­ger wür­den die geld­mäch­ti­ge spa­ni­sche Ver­wandt­schaft nicht aufs Spiel zu set­zen wa­gen. In der Tat be­quem­ten sich Ma­xi­mi­li­an und Fer­di­nand dazu, mit Spa­ni­en um den Preis sei­nes Ver­zichts zu han­deln, was sich, da auf der einen Sei­te mög­lichst viel ver­langt wur­de, auf der an­de­ren so we­nig wie mög­lich ge­zahlt wer­den woll­te, durch vie­le Mo­na­te hin­zog. In­zwi­schen be­gan­nen die Ver­hand­lun­gen mit Khlesl, der sich grund­sätz­lich zwar mit der Nach­fol­ge Fer­di­n­ands ein­ver­stan­den er­klär­te, aber be­haup­te­te, erst müs­se das Reich un­ter einen Hut ge­bracht wer­den, be­vor man einen neu­en Kai­ser dazu su­che. Be­ste­he denn über­haupt noch eine Reichs­ver­fas­sung, wenn kein Tri­bu­nal mehr da sei, des­sen Ent­scheid dün­gen sich alle un­ter­wür­fen, und also kein Recht mehr zu er­lan­gen sei? Wenn je­der Stand nach Be­lie­ben Bünd­nis­se schlös­se und ei­ner wi­der den an­de­ren prak­ti­zie­re und rüs­te? Auch wür­den nur we­nig Fürs­ten mit Fer­di­n­ands Wahl ein­ver­stan­den sein, be­vor ein Ver­gleich ge­schaf­fen sei, und einen sol­chen her­zu­stel­len, müs­se also der kai­ser­li­chen Re­gie­rung ers­tes Be­mü­hen sein.

      Da­ge­gen СКАЧАТЬ