Der Dreißigjährige Krieg. Ricarda Huch
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Dreißigjährige Krieg - Ricarda Huch страница 53

Название: Der Dreißigjährige Krieg

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Sachbücher bei Null Papier

isbn: 9783962818555

isbn:

СКАЧАТЬ schel­te er ihn, weil er Wolfs­blut habe und Kö­nig sei.

      Skyt­te sah den er­zürn­ten Jüng­ling er­staunt an und be­dach­te sich eine lan­ge Wei­le. »Je­ner war ein Bau­ern­kö­nig«, sag­te er, »dar­um lieb­te ich ihn.«

      Ob er das etwa nicht sei, sag­te Gu­stav Adolf eif­rig. Ob ihm die Bau­ern nicht zu­ju­bel­ten und an­hin­gen? Aus sei­nen Bau­ern wol­le er ein un­be­sieg­ba­res Heer ma­chen und un­s­terb­li­che Ta­ten mit ih­nen tun. Er ver­ach­te die Tu­gen­den der Bau­ern nicht, ihre Ge­nüg­sam­keit und Rau­heit sei ihm mehr wert als weich­li­che Bil­dung. Was er zu tun vor­ha­be, wer­de er zum Woh­le des schwe­di­schen Vol­kes tun und zum Heil und Ruhm des rei­nen Chris­ten­glau­bens, des­sen Be­ken­ner er sei.

      Als Skyt­te ihn ver­las­sen hat­te, hing Gu­stav Adolf noch lan­ge den mäch­tig durch­ein­an­der­flu­ten­den Ge­dan­ken nach, die das Ge­spräch in ihm er­regt hat­te. Das leicht aus Holz ge­bau­te Schloss, in dem er sich be­fand, beb­te zu­wei­len von den Stö­ßen des von ei­nem star­ken Wind an die Küs­te ge­schleu­der­ten Mee­res, ohne dass es dem Träu­men­den zum Be­wusst­sein kam. Er dach­te an das, was er dem dä­ni­schen Kö­nig ge­gen­über be­reits durch­ge­setzt hat­te, dass er näm­lich wie je­ner Wap­pen und Ti­tel der drei skan­di­na­vi­schen Kö­nig­rei­che füh­ren durf­te und dass er ihm die große Sum­me, die er ihm zu zah­len sich ver­pflich­te­te, nicht als Schul­dig­keit oder Tri­but, son­dern als frei­wil­li­ges Ge­schenk leis­te­te. Vie­le Ge­sandt­schaf­ten wa­ren dar­über hin und her ge­gan­gen und vie­le Ver­hand­lun­gen ge­pflo­gen, und auf kei­ne der an­züg­li­chen Prah­le­rei­en Kö­nig Chris­tians war er ihm die Ant­wort schul­dig ge­blie­ben. Das moch­te der Welt we­nig schei­nen, und es kos­te­te ihn vie­le Mühe, sich mit so ver­steck­ten, ei­ner Nie­der­la­ge ab­ge­run­ge­nen Er­fol­gen zu be­gnü­gen; aber einst wür­den sie sei­ne Mä­ßig­keit und Weis­heit be­wun­dern und be­grei­fen, um welch he­ro­i­scher Zie­le wil­len er sei­ne An­sprü­che und sei­nen Mut ge­zü­gelt hat­te. Die Zeit wür­de kom­men, wo Chris­ti­an IV., der ver­meint­li­che Rie­se des Nor­dens, klein­ge­beugt vor ihm wei­chen wür­de, wo sei­ne An­ge­le­gen­hei­ten die des gan­zen Erd­krei­ses sein wür­den. Er fürch­te­te we­der ihn noch die an­ma­ßen­den Han­se­städ­te, noch die rei­chen hol­län­di­schen Staa­ten, die Grie­chen der neu­en Zeit, noch Eng­land, noch sei­nen Vet­ter, den pol­ni­schen Kö­nig Si­gis­mund, der ihm die Kro­ne strei­tig mach­te, und am we­nigs­ten den gicht­brü­chi­gen Je­sui­ten­kai­ser mit­samt sei­ner spa­ni­schen Ver­wandt­schaft, die je­nen of­fen und heim­lich un­ter­stütz­ten; es war eine un­aus­sprech­li­che Ge­wiss­heit in ihm, dass er, wenn er ein­mal sei­ne gan­ze Kraft aus­strö­men lie­ße, über sie alle hin­aus­gin­ge. Er war nur der arme Schwe­den­kö­nig; aber sein war das sal­zi­ge Meer, das einen Ring um die Erde schloss. Wäh­rend in grau­er Vor­zeit die Völ­ker des Fest­lan­des mit­ein­an­der um die Erde strit­ten, hat­ten die Nord­män­ner das Meer un­ter­jocht, das Ur­ele­ment, das Län­der ge­biert und ver­schlingt. Über das Meer hin rausch­ten sie auf ge­flü­gel­ten Dra­chen und grün­de­ten stol­ze Staa­ten mit­ten in der Won­ne des Sü­dens. Auch er woll­te nun rei­sen und die Welt se­hen. So­wohl Skyt­te wie Oxens­tier­na hat­ten Deutsch­land be­reist und ihm von sei­nen Wun­dern viel er­zählt; seit­dem lieb­te er es, sich das ur­al­te Reich vor­zu­stel­len, schwer von Ruhm und Weis­heit, ge­heim­nis­voll star­rend und glü­hend von den Ju­we­len sei­ner Städ­te, die wie köst­li­che Schrei­ne den hei­li­gen Staub von Jahr­hun­der­ten ver­wahr­ten. Da wa­ren die han­dels­mäch­ti­gen Han­se­städ­te Bre­men, Lü­beck, Stral­sund, Braun­schweig, Mag­de­burg, mit dem stren­gen Prunk und der kampf­ge­krön­ten Ehre ih­rer Rat­häu­ser, mit ih­ren Do­men, die Bur­gen Got­tes gli­chen, mit der ge­bie­te­ri­schen Wucht ih­rer Mau­ern und Tür­me. Dann öff­ne­ten sich die rei­zen­den Ge­fil­de des Sü­dens, durch wel­che Rhein, Main und Neckar, Do­nau und vie­le an­de­re Strö­me, trau­be­num­rankt und se­gen­trie­fend, sich er­gos­sen, wi­der­spie­gelnd die him­mel­ho­hen Tür­me des gol­de­nen Mainz, die rei­chen Märk­te Frank­furts, die strot­zen­den Kauf­häu­ser Ulms, das bil­der­pran­gen­de Augs­burg und das kö­nig­li­che Prag. Es schi­en ihm un­be­greif­lich, dass die Kai­ser, in de­ren Hän­de noch dazu die neu­en Reich­tü­mer Spa­ni­ens flos­sen, dass die vie­len, von ge­lehr­ten Rä­ten um­ge­be­nen Fürs­ten, die Her­ren al­ler die­ser Macht und Pracht, so rat­los und hilf­los nach aus­län­di­schem Bei­stand such­ten, un­fä­hig, sich aus der Ver­wir­rung, in die sie sich selbst ge­bracht hat­ten, zu lö­sen oder ge­walt­sam zu rei­ßen. Wa­ren sie ent­ar­tet oder ver­weich­licht, oder war es viel­leicht Got­tes Rat­schluss, der sie ver­blen­de­te, um eine neue Herr­lich­keit zu sei­ner Ehre über den Trüm­mern zu er­rich­ten? Woll­te er sich aus den ge­stürz­ten Säu­len der al­ten ver­rot­te­ten Kaiser­herr­lich­keit ein Je­ru­sa­lem bau­en, an des­sen Al­tä­ren dem wah­ren Glau­ben ge­dient wur­de? Und wies sein all­mäch­ti­ger Fin­ger auf ihn als den Bau­meis­ter, der das himm­li­sche Werk grün­den soll­te? Er hat­te Au­gen­bli­cke, wo er sich fühl­te, als sei er aus­er­wählt, et­was Gro­ßes zu voll­brin­gen, und wo er sei­ne Brust von dem Got­tes­wil­len ge­schwellt glaub­te, der in ihm wirk­te.

      Er nahm sei­ne Lau­te von der Wand und griff träu­mend ein paar Ak­kor­de; es ging ihm plötz­lich durch den Sinn, dass er alle die­se Herr­lich­keit, ja die Welt hin­ge­ben wür­de um den Be­sitz ei­nes Mäd­chens, das er lieb­te und auf die er, so sag­ten Oxens­tier­na so­wohl wie sei­ne Mut­ter, ver­zich­ten müs­se, weil sie zwar ad­li­gen, aber nicht fürst­li­chen Stan­des war. Wenn die Leu­te erst ein­mal merk­ten, sag­te Oxens­tier­na, dass die Grä­ben zwi­schen den Stän­den sich über­sprin­gen lie­ßen, wür­de kei­ner mehr Un­ter­tan sein wol­len. Das Hei­ra­ten sei ein Ge­schäft, und je­der wol­le doch ein gu­tes Ge­schäft ma­chen, bei dem er sich ver­bes­se­re. Hei­ra­te er eine vom Adel, das wür­de Ein­mi­schun­gen, Ein­re­den und Über­grif­fe der Ver­wandt­schaft, Ei­fer­sucht der an­de­ren ge­ben; an­statt des­sen kön­ne ein fürst­li­cher Schwie­ger­va­ter ihm im Not­fall Ver­stär­kung ge­ben und sein An­se­hen er­hö­hen. Zu sei­ner Mut­ter sag­te er, dass die Ge­lieb­te klü­ger und fei­ner sei als alle Kö­nigs­töch­ter der Welt und dass er, in­dem er sie hei­ra­te, sie zur Kö­ni­gin ma­che; wor­auf sei­ne Mut­ter ent­geg­ne­te: was Herz und Geist ei­nes Men­schen tau­ge, gehe Gott an, die Men­schen müss­ten nun ein­mal nach Ti­tel und Stand un­ter­schei­den. Wer in der Welt fort­kom­men wol­le, müs­se das Welt­li­che und Gött­li­che aus­ein­an­der­hal­ten, denn das bei­des ver­mi­sche sich nicht. Wol­le man sich das Ge­bäu­de ir­di­schen Wohl­er­ge­hens er­rich­ten, müss­te man Stein und Mör­tel, Holz und Bal­ken dazu neh­men. Lie­be, Groß­mut, Mit­leid und Fröm­mig­keit, das sei al­les gut an sei­nem Ort, nur dür­fe es kei­ne Fol­gen im Welt­li­chen ha­ben. Es ste­he des­halb auch ge­schrie­ben, der Mensch kön­ne nicht Gott die­nen und dem Mam­mon. Ach und die Lie­be! Er wer­de doch ein paar war­me Näch­te nicht mit sei­nem Le­ben be­zah­len? Sei­ner Mut­ter kön­ne er ver­trau­en: an die Lie­be glau­be nur, wer nie ein Ge­lieb­tes be­ses­sen habe.

      Dies al­les leuch­te­te Gu­stav Adolf nicht ein; denn gab es über­haupt Vor­schrif­ten für einen Wil­len? Mach­te ein Wil­le nicht alle Er­fah­run­gen und Ge­set­ze schmel­zen wie die Son­ne den Schnee? Er, er soll­te nicht zu­gleich in der Welt herr­schen und Gott die­nen kön­nen? Den­noch brach­te er die Vor­stel­lung СКАЧАТЬ