Der Dreißigjährige Krieg. Ricarda Huch
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Название: Der Dreißigjährige Krieg

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Sachbücher bei Null Papier

isbn: 9783962818555

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СКАЧАТЬ wis­sen kön­nen, sag­te Ramée höh­nisch. Ob er ge­dacht hät­te, sie soll­ten be­schei­den wie Bett­ler an­klop­fen und de­mü­tig um den Sieg fle­hen als um ein Al­mo­sen? Wo Sulz bis­her Krieg ge­führt hät­te, und ob die Söld­ner da einen Bet­tel­sack trü­gen an­statt Schwer­ter und Lan­zen?

      In­zwi­schen war der Kai­ser ge­ho­be­ner Stim­mung und ließ nie­man­den von de­nen vor, die ihn an­fle­hen woll­ten, durch einen ent­schie­de­nen Be­fehl den Gräu­eln und Lei­den Un­schul­di­ger Ein­halt zu tun. An­statt des­sen un­ter­hielt er sich mit dem Ma­ler Bloe­mart, der aus Rom zu­rück­ge­kehrt war und ihm ein Bild des deut­schen Ma­lers Adam Els­hei­mer be­schrieb, das er ge­se­hen hat­te und das die Zer­stö­rung Tro­jas dar­stell­te. Kei­ner habe zu­vor ver­mocht, er­zähl­te er, auf ein Bild zu ma­len, was ohne Um­riss mit dem Raum selbst zu­sam­men­flös­se: stür­mi­sche Fins­ter­nis, glü­hen­de Nacht. Auf die­ser Ta­fel habe der wun­der­ba­re, in ge­dan­ken­vol­le Schwer­mut ver­sun­ke­ne Mann gleich­sam sich selbst zur Er­schei­nung ge­bracht: sei­nen er­lö­schen­den Geist be­wun­de­re man in der Flam­men­pracht der zu­sam­men­stür­zen­den Burg und dem Un­ter­gang des herr­li­chen Vol­kes. Be­gie­rig hör­te der Kai­ser zu und wünsch­te das Bild zu be­sit­zen, es kos­te, was es wol­le; wenn Els­hei­mer nach Prag kom­men und in sei­nen Dienst tre­ten möch­te, so sol­le es ihm an nichts feh­len, kürz­lich sei der alte Spran­ger ge­stor­ben, er kön­ne des­sen Wit­we hei­ra­ten und sich gleich in ein ge­pols­ter­tes Nest set­zen.

      Am zwei­ten Abend nach dem Ein­fall der Pas­sau­er ge­lang es doch Han­ne­wald und dem Gra­fen Sulz, zum Kai­ser vor­zu­drin­gen, der mit Rhuts­ky beim Brett­spiel saß und die Her­ren zum Mit­spie­len ein­lud. Ach Gott, sag­te Graf Sulz, hät­te der Kai­ser den Jam­mer ge­se­hen, der un­ten in der Stadt herr­sche, möch­te es ihm das Spiel ver­lei­den. Er wäre eben auf dem Wege zur Burg ei­ner Frau be­geg­net, die hät­te den blut­über­ström­ten Leich­nam ei­nes klei­nen Kin­des auf dem Arm ge­tra­gen und sin­gend hin und her ge­wiegt; un­ter den Fens­tern der Burg stän­den Verzwei­fel­te und heul­ten zum Kai­ser hin­auf um Hil­fe; ob er es nicht höre? Es sei, als hät­te die Höl­le einen Spalt auf­ge­tan und ihre Gräu­el her­aus­ge­las­sen.

      Die Leu­te hät­ten es nicht an­ders ha­ben wol­len, sag­te der Kai­ser gleich­gül­tig, die Stadt hät­te es mit den Re­bel­len ge­hal­ten, nun dür­fe man die Sol­da­ten in ih­rem Ge­schäft nicht stö­ren. Sie soll­ten sich kei­ne Mühe ge­ben, ihn zu er­wei­chen, er wol­le fest blei­ben.

      Was denn aber wer­den sol­le? frag­te Sulz, die Hän­de rin­gend. Es sei dem Erz­her­zo­ge nicht ge­lun­gen, die Alt­stadt zu er­obern, auch auf der Klei­nen Sei­te fas­se sich die Bür­ger­schaft jetzt zum Wi­der­stand zu­sam­men. Matt­hi­as sei im An­rücken, die Stadt wer­de sich mit ihm ver­bün­den, dann sei der Kai­ser ver­lo­ren. Ramée den­ke nur an Raub und wie er sei­ne Beu­te vor der An­kunft des Matt­hi­as in Si­cher­heit brin­gen kön­ne. Hät­te man sich doch nie mit dem Wü­te­rich ein­ge­las­sen! Jetzt kam aber auch Leo­pold und fleh­te den Kai­ser an, sich nicht ab­wen­dig ma­chen zu las­sen. Wür­de der Kai­ser nur fest zu ihm hal­ten, so sei noch nichts ver­lo­ren. Er hät­te Ver­bin­dun­gen in der Alt­stadt und kön­ne Feu­er an­le­gen las­sen, wenn der Kai­ser ihn dazu er­mäch­ti­ge; es sei bes­ser, dass Prag in Flam­men auf­ge­he, als dass es dem Feind in die Hän­de fal­le und der Kai­ser zu­gleich. Wäh­rend die üb­ri­gen Leo­pold we­gen ei­nes sol­chen Vor­schlags ta­del­ten, trat der Kai­ser an das Fens­ter und stell­te sich vor, wie wohl es ihm täte, wenn er die treu­lo­se Stadt in Feu­ers­not zu sei­nen Fü­ßen sich win­den, den Rauch über die Ver­nich­tung sich hin­wäl­zen sähe. Er är­ger­te sich über sei­nen Nef­fen, der auf sei­nen Be­fehl zu der Brand­stif­tung war­te­te; auch er hat­te nicht Mut zu han­deln, son­dern woll­te die Verant­wor­tung für die Tat auf ihn wäl­zen, sol­cher Die­ner be­durf­te er nicht, son­dern klu­ger und ent­schlos­se­ner, die sei­nen Wil­len er­kann­ten und aus­führ­ten, be­vor er noch selbst es wuss­te. Da­zwi­schen kam die Furcht vor Matt­hi­as, der mit je­dem Au­gen­blick an der Spit­ze ei­nes Hee­res nä­her­kam. War es nicht bes­ser, wie Han­ne­wald riet, Leo­pold und sei­ne Ge­nos­sen zu ver­leug­nen und Frie­den mit den Stän­den und der Stadt zu ma­chen, so­dass Matt­hi­as vor ver­schlos­se­ne Tü­ren käme und wie­der ab­zie­hen müss­te?

      Noch be­vor er sich für ir­gen­det­was ent­schie­den hat­te, war Ramée, in der Ein­sicht, dass er sich zwi­schen zwei Fein­den nicht wür­de hal­ten kön­nen, mit den Söld­nern ab­ge­zo­gen. Meh­re­re mit Sä­cken voll ge­raub­ter Schät­ze be­la­de­ne Wa­gen hat­te er un­ter Be­de­ckung vor­an­ge­schickt. Über die Kran­ken und Ver­wun­de­ten, die zu schwach wa­ren, um mit­zu­ge­hen, fie­len die er­bit­ter­ten Bür­ger her, bei de­nen sie im Quar­tier la­gen, und schlu­gen, würg­ten oder mar­ter­ten sie zu Tode.

      Bald nach dem Ab­zu­ge der Pas­sau­er er­schi­en Matt­hi­as vor Prag, von der Be­völ­ke­rung, die sich von Ru­dolf ver­ra­ten fühl­te, freu­dig als Ret­ter be­grüßt. Ru­dolf blieb nichts üb­rig, als auf die böh­mi­sche Kro­ne zu ver­zich­ten; denn alle hul­dig­ten dem neu­en Herrn und schie­nen sich kaum sei­ner An­we­sen­heit zu er­in­nern. Er zog sich in das­je­ni­ge sei­ner Ge­mä­cher zu­rück, wo­hin am we­nigs­ten Geräusch von au­ßen drang, und ver­such­te sich an­zu­stel­len, als gin­gen die Er­eig­nis­se in der Stadt ihn nichts an. Doch er­fuhr er, dass zwei Deut­sche, die in sei­nem Auf­tra­ge Zau­be­rei ge­gen Matt­hi­as ge­trie­ben ha­ben soll­ten, ge­fan­gen und ge­fol­tert wur­den, und muss­te dies und an­de­res ohn­mäch­tig ge­sche­hen las­sen. Was ihn trös­te­te, war, sich aus­zu­den­ken, durch was für Ma­chi­na­tio­nen er Matt­hi­as den Tri­umph wie­der ent­rei­ßen kön­ne, und dazu konn­ten ihm jetzt nur noch die Pro­tes­tan­ten im Rei­che ver­hel­fen. Dass An­halt ihm nicht mehr trau­te, fühl­te er und hät­te auch den Ver­we­ge­nen nicht mehr se­hen mö­gen; aber es fehl­te nicht an an­de­ren Fürs­ten und Un­ter­händ­lern, die je­den Au­gen­blick be­reit wa­ren, mit dem Kai­ser an­zu­knüp­fen.

      Von Leo­pold war nichts mehr zu er­war­ten, denn er war nach dem kläg­li­chen Mis­ser­folg sei­nes Un­ter­neh­mens so nie­der­ge­drückt und be­schämt, wur­de von je­der­mann mit so sicht­ba­rer Käl­te und Ver­ach­tung be­han­delt, dass er einst­wei­len nur dar­auf be­dacht war, sich zu­rück­zu­zie­hen und den Men­schen aus­zu­wei­chen. Auch sei­nen Hoff­nun­gen auf die Hei­rat mit der bay­ri­schen Prin­zes­sin muss­te er ent­sa­gen und sich mit dem so leicht­fer­tig ab­ge­wor­fe­nen Bi­schofs­klei­de wie­der be­gnü­gen.

      Mag­da­le­na hat­te lan­ge an ih­rer Lie­be zu Leo­pold fest­ge­hal­ten, bis es dem weit­be­rühm­ten Pa­ter Lo­renz von Brin­di­si, den der alte Her­zog ei­gens dazu kom­men ließ, ge­lang, sie zum Ver­zicht zu be­we­gen, in­dem er ihr Leo­polds Pries­ter­stand, ihre Pf­licht ge­gen Gott, Va­ter und Bru­der und die Stra­fen im Jen­seits vor­stell­te, die er­trotz­ten ir­di­schen Freu­den fol­gen könn­ten. Es war umso bit­te­rer für sie, als Matt­hi­as sich in­zwi­schen mit sei­ner Nich­te Anna, der Toch­ter sei­nes Bru­ders Fer­di­nand von Ti­rol, ver­hei­ra­tet hat­te, und dass noch ein an­de­rer Be­wer­ber sieb ein­stel­len könn­te, wie ihr Va­ter trös­te­te, woll­te sie nicht glau­ben. Ei­nes Ta­ges be­gab es sich je­doch, dass Ma­xi­mi­li­an einen Ver­wand­ten als Gast zur Ta­fel lud, näm­lich den jun­gen Her­zog СКАЧАТЬ