Fluch der verlorenen Seelen. Darina D.S.
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Название: Fluch der verlorenen Seelen

Автор: Darina D.S.

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Der Fluch der verlorenen Seelen

isbn: 9783969536155

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СКАЧАТЬ Alltagsgefüge gebeugt, doch wirklichen Anschluss konnte sie, trotz mehrerer Gruppensitzungen, nicht finden. Amalia wusste, dass sie Probleme hatte, aber wer hätte ihr hier helfen können? Zumindest war sie die Nähte los, die ihr Nancy an diesem Abend gezogen hatte. Jetzt blickte sie nur noch auf zwei lange, dünne Narben, die sie nie vergessen lassen würden, weshalb sie hier sein musste.

      Die Hoffnung schon fast aufgegeben, sollte sich jedoch am darauffolgenden Tag alles für sie ändern. Zunächst schien der Tagesablauf wie immer. Amalia wurde um acht Uhr morgens geweckt, schlurfte verschlafen und mit völlig zerzausten Haaren zur Dusche und begab sich anschließend zum gemeinsamen Frühstück in die Kantine. Mittlerweile ignorierte sie geflissentlich den Wahnsinn, der hier herrschte, oder versuchte es zumindest, so gut es eben ging. Aber es gab Dinge im Leben, die waren wie der Autounfall, bei dem kaum einer wegschauen konnte, und der kleine blonde Junge mit den kalten eisblauen Augen war Amalias ganz persönlicher Autounfall. Wie eine Gafferin starrte sie ihn an und schaffte es nicht, ihren Blick von ihm abzuwenden, denn irgendwie hatte er es geschafft, eine neue Puppe zu bekommen. Gezwungenermaßen und mit nach unten gezogenen Mundwinkeln sah sie zu, wie der kleine Junge anfing, den Fuß der Barbie genüsslich abzukauen.

      Das Aufschlagen der Kantinentür ließ sie kurz aufschrecken.

      »Amalia Ried, bitte melden Sie sich umgehend bei Doktor Jones«, rief ein Pfleger, den sie zuvor noch nie gesehen hatte. Ungläubig stierte sie den korpulenten Mann an, dessen Glatze im künstlichen Neonlicht wie die von Meister Proper glänzte. Kurz driftete sie mit ihren Gedanken ab und fragte sich, ob sie ihr Spiegelbild darin erkennen würde. Offensichtlich färbte der Aufenthalt in der Psychiatrie allmählich auf ihre Überlegungen ab. Kopfschüttelnd blickte sie zwischen dem Pfleger und der Uhr an der Wand über der Tür hin und her. Es war noch viel zu früh für ihre tägliche Therapiesitzung mit Doktor Jones. Ein flaues Gefühl breitete sich in ihrem Magen aus und ihre Gedanken brausten wie über eine Wildwasserrutsche durch ihren Kopf. Unentwegt fragte sie sich, warum er die Sitzung vorverlegt hatte. Noch einmal ging sie geistig sämtliche vorherigen Gespräche penibel durch, doch sie fand keine Unstimmigkeiten. Nervös folgte sie dem Pfleger zum Büro und tippte während des ganzen Weges ihre Fingerkuppen kontinuierlich, beinahe zwanghaft, gegeneinander. Der Pfleger klopfte an die Tür und hielt sie auf Zuruf von Doktor Jones für Amalia auf.

      »Ah, Amalia. Danke, dass du so schnell gekommen bist. Wir haben etwas Wichtiges zu besprechen. Bitte setz dich«, sagte der Arzt und deutete auf den Stuhl. Amalia nickte und nahm Platz, dabei begutachtete sie ihr Gegenüber genau. Irgendetwas stimmte nicht.

      »Wie du selbst schon festgestellt hast, kommen wir hier leider nicht weiter. Deshalb habe ich, mit dem Einverständnis deiner Pflegeeltern, beschlossen, dich an eine andere Einrichtung zu verweisen.«

      Amalia fiel die Kinnlade nach unten.

      »Professor Adams, stellvertretender Leiter besagter Institution, wird gleich hier eintreffen und sich persönlich mit dir unterhalten.«

      Das Mädchen rührte sich nicht, die Worte raubten ihr die Luft zum Atmen.

      Wie Seifenblasen zerplatzte ihr Traum von einer baldigen Entlassung. Eine spezielle Einrichtung? Sollte es nun etwa noch schlimmer für sie kommen? Das war ein Albtraum, aus dem sie dieses Mal nicht erwachen würde! Bevor Amalia ihren Gedanken weiterspinnen oder auch nur ein Wort sagen konnte, klopfte es an der Tür. Ganz langsam drehte sie den Kopf und sah, wie ein älterer Mann, der verblüffende Ähnlichkeit mit Albert Einstein hatte, den Raum betrat. Hinter ihm standen zwei weitere Personen. Amalia war nicht in der Lage, ihre Gesichter zu sehen, denn sie trugen schwarze Umhänge mit groß geschnittenen Kapuzen, die das Gesicht komplett verdeckten. Ein Wappen auf der linken Seite, in Höhe des Herzens, zierte die mönchsähnliche Kluft. Ein silbernes D und ein S. Von solchen Initialen hatte Amalia noch nie zuvor gehört oder gar gelesen. Beide Gestalten trugen einen langen Rosenkranz aus schwarzen Perlen um den Hals, an dessen Ende ein silbernes Kreuz befestigt war. Der ältere Herr mit den grauen, lockigen Haaren dirigierte Doktor Jones mit einem kurzen Blick zur Tür nach draußen. Nachdem der Psychiater den Raum wortlos verlassen hatte, setzte sich der Unbekannte Amalia gegenüber. Seine Begleiter blieben stumm rechts und links neben dem Türrahmen stehen. Der stellvertretende Leiter musterte Amalia aufmerksam.

      »Ich bin Professor Adams, stellvertretender Leiter der Nightingale Akademie. Du musst keine Angst haben. Wir wissen über dich Bescheid und können dir helfen«, sagte der Professor mit einer ruhigen und sanften Stimme.

      Amalia runzelte die Stirn. Sie hatte keine Ahnung, was die glaubten über sie zu wissen.

      »Ach … Und worüber wissen Sie Bescheid?« Sie schluckte schwer und versuchte, den Kloß in ihrem Hals damit zu bezwingen. Aber nein, ihre Kehle war trockener denn je. »Und was ist die Nightingale Akademie?«, merkte sie hellhörig an.

      Professor Adams beugte sich zu ihr vor und lächelte freundlich. Langsam streckte er seine Hand nach ihrer aus. Amalia zuckte, als er sie am Handrücken berührte, doch seine sehr herzlich wirkenden blauen Augen beruhigten sie.

      »Ich weiß, du hast viele Fragen und du wirst auf jede eine Antwort bekommen, doch alles zu seiner Zeit. Was du jetzt wissen musst, ist, dass du nicht allein bist. Es gibt noch mehr Menschen mit solch einer Wahrnehmungsgabe«, erklärte er und strich dabei über ihre Hand.

      Amalia presste die Lippen zusammen. Sie war misstrauisch, denn das alles klang viel zu schön, um wahr zu sein. Fast wie ein Märchen, doch sie wollte nicht wieder enttäuscht werden. Also fragte sie skeptisch: »Sie halten mich nicht für verrückt?«

      Der ältere Mann schüttelte den Kopf. »Nein, überhaupt nicht! In unserer Einrichtung wirst du lernen, wie du mit deiner Begabung umzugehen hast und diese dann sogar für dich nutzen kannst. Ja, du bist anders, denn du bist etwas Besonderes.«

      Amalia hörte die Worte des Professors nur noch wie ein Echo aus weiter Ferne. Ihre Aufmerksamkeit richtete sich auf die Gestalt, die plötzlich über seinem Kopf an der Decke hing. Schon wieder … Diese Kreaturen würden sie wohl nie in Ruhe lassen. Es war nicht die Gleiche wie in der Krankenstation, was Amalia nicht weiter überraschte, da sie meist unterschiedliche Wesen sah. Dieses Exemplar hatte eine ähnliche optische Erscheinung. Die leeren Augenhöhlen, lange, dunkle, knochige Klauen und schwarze Fetzen, die von seinem menschenähnlichen Körper hingen, roch aber viel schlimmer.

      Der Geruch von Eiter, Blut und Fäulnis stieg ihr in die Nase. Sie würgte mehrfach, ihre Hände zitterten, die Atmung wurde heftiger. Panik breitete sich wie die Dunkelheit in der Nacht in ihr aus. Schweißperlen traten auf ihre Stirn und dem Gesicht entwich sämtliche Farbe. Ihre Pupillen weiteten sich so stark, dass von der bernsteinfarbenen Iris nur noch ein schmaler Ring, wie bei einer Mondfinsternis, blieb. Amalia wusste, dass sie jeden Augenblick eine Panikattacke bekommen würde.

      Plötzlich bemerkte sie aus dem Augenwinkel, dass eine der Personen in der seltsamen Kluft den Zeigefinger in Richtung der unheimlichen Gestalt hob und daraufhin die andere ein mächtiges Schwert unter ihrem Umhang hervorzog. Amalia zuckte vor Schreck zusammen. Wie gebannt starrte sie auf die Waffe, deren lange, geschwungene Klinge der Unbekannte direkt auf das Wesen richtete. Was war das für ein seltsames Schwert? Der Rücken der Klinge war schwarz, die Schneide glänzte silbern und dann war da noch dieser eigenartige hellblaue Schimmer, der die Waffe umgab. So etwas hatte sie noch nie zuvor gesehen; es wirkte wie aus einem Fantasyspiel. Die ruckartige Bewegung der Klinge riss Amalia aus ihrer Trance. Entsetzt sah sie mit an, wie das Schwert die Gestalt durchbohrte. Das Reißen von Fleisch dröhnte in ihren Ohren, lautes, schrilles Geschrei erfüllte den Raum. Amalia japste panisch nach Luft, Angst schnürte ihre Kehle zu. Bildete sie sich das ein? Sie ballte die Hände zu Fäusten und presste ihre Nägel in die Handflächen. Sie fühlte den Schmerz, doch ihre Wahrnehmung veränderte sich nicht – es war real. Intuitiv wich sie nach hinten, als die Monstrosität direkt vor ihr auf dem СКАЧАТЬ