Fluch der verlorenen Seelen. Darina D.S.
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Название: Fluch der verlorenen Seelen

Автор: Darina D.S.

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Der Fluch der verlorenen Seelen

isbn: 9783969536155

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СКАЧАТЬ den Rücken hinab und ließ sie frösteln.

      Wie war sie hierhergekommen? Schlafwandelte sie? Träumte sie immer noch? Warum leuchteten die Wandlampen nicht? Trotz der Angst, die Amalia beschlichen hatte, spürte sie das Verlangen, die Bibliothek zu betreten. Ehe sie sich versah, stand sie inmitten der Bücher, die sie am Tag ihrer Ankunft bewundert hatte. Wie eine Motte zog es sie zu dem einzigen Licht, das hier brannte. Vollkommene Stille beherrschte den Raum – lediglich ihre eigenen Schritte und ihr hämmerndes Herz waren für sie zu hören. In einem Regal stand auf Augenhöhe eine einzelne leuchtende Tischlampe in Öllampenoptik.

      Unbehagen breitete sich in ihr aus. Langsam ließ sie ihren Blick über die Bücher, die das Licht erfasste, streifen. Ein matter dunkelgrüner Buchrücken, auf dem in goldenen Buchstaben ›Alices Abenteuer im Wunderland‹ geschrieben stand, sprang ihr ins Auge. Vorsichtig strich sie über die eingeprägten Lettern des ihr wohlbekannten Buches und nahm es aus dem Regal. Wie in Trance griff sie nach der Lampe, setzte sich an einen Tisch in ihrer Nähe und stellte das Licht dort ab. Zögerlich drehte sie das alte Buch in der Hand. Auf der einen Seite sah sie ein Mädchen – das vermutlich Alice darstellte – mit einem Schwein, das sie in ihren Armen wiegte. Auf der anderen Seite grinste sie die Grinsekatze an. Beide Abbildungen waren ebenfalls in Gold geprägt. Der grüne Stoff des Einbandes hinterließ ein seltsames Prickeln auf ihrer Haut. Es war fast so, als ob das Buch ein eigenes Leben gehabt hätte. Amalia schlug es an einer beliebigen Stelle auf. Die alte schwarze Schrift war für sie erstaunlich leicht zu lesen.

      »Aber ich möchte nicht unter Verrückte kommen, bemerkte Alice. Oh, das kannst du wohl kaum verhindern, sagte die Katze. Wir sind hier nämlich alle verrückt. Ich bin verrückt. Du bist verrückt. Woher willst du wissen, dass ich verrückt bin, sagte Alice. Wenn du es nicht wärest, stellte die Grinsekatze fest, dann wärest du nicht hier«, murmelte Amalia vor sich hin. Sie musste unweigerlich schmunzeln, da sie sich selbst in diesem Gespräch wiederfand. Als sie weiterlesen wollte, erregte ein Tropfen roter Flüssigkeit, der auf der Seite landete, ihre Aufmerksamkeit. Verwundert berührte sie den kleinen Fleck, der langsam ins Papier einzog. Es sah aus wie Blut. Ein weiterer Tropfen fiel auf ihren Handrücken. Erschrocken starrte sie nach oben, sah aber nichts. Als sie den Kopf wieder senkte, nahm sie einen metallischen Geruch wahr. Irgendetwas stimmte hier nicht. Amalia fühlte, wie ihre Finger, die das Buch hielten, feucht wurden. Sie hob den Roman mit beiden Händen vor ihr Gesicht und beobachtete, wie Blut aus den Seiten floss und an den Wunden ihrer Handgelenke entlanglief. Ihre Pupillen weiteten sich und füllten ihre Augen zur Gänze aus. Im Licht der Lampe erkannte sie, wie regelrechte Blutmassen plötzlich aus den Büchern in den Regalen herausbrachen. Amalia legte den Roman auf dem Tisch ab, doch ihre Finger hielten den Einband krampfhaft fest. Leises Wimmern ließ sie zusammenzucken. Es war ihr nicht möglich, zu orten, aus welcher Richtung das Geräusch kam. Das Blut aus den Büchern floss über den Boden; wie ein Teppich breitete es sich um ihre Füße aus. Amalia saß wie versteinert da und war nicht in der Lage, mit der Wimper zu zucken. Indessen spürte sie, wie das Blut langsam bis zu ihren Knöcheln stieg. Bald schon würde es ihr bis zum Hals stehen.

      Überraschend fühlte sie den Druck zweier Hände, die sich auf die ihren legten, während sie das Buch immer noch festhielten. Mit einem dumpfen Knall schlug der Roman zu und das Blut war verschwunden. Amalia registrierte, wie eine fremde Haarsträhne über ihr Gesicht bis zu ihrer Brust glitt.

      »Vorsicht! Bücher sind in der Lage große Macht auf Menschen auszuüben«, wisperte eine unbekannte, sanfte Frauenstimme in ihr Ohr. Ruckartig sprang Amalia auf, dabei kippte der Stuhl krachend zu Boden. Als sie sich umdrehte, fiel sie über das umgekippte Möbelstück und landete hart auf dem Parkett. Eine schlanke Frau mit schwarzem hüftlangem Haar, deren Gesicht sie nicht richtig erkennen konnte, starrte sie aus leuchtend gelben Augen mit ovalen Pupillen – wie die einer Katze bei Dämmerung – an. Amalia hatte nie etwas Vergleichbares gesehen. Plötzlich erkannte Amalia eine langschnauzige Bestie im Schatten der Frau und mit einem Mal wurde alles schwarz …

      Lautes Klopfen riss Amalia aus dem Schlaf. Die Sonne blendete und augenblicklich stiegen ihr Tränen in die Augen, die sie zu unterdrücken versuchte. Verwirrt blickte sie sich um. Wie war sie in ihr Zimmer gekommen? Erneut hämmerte es an der Tür.

      »Ich komm gleich!«, schrie sie genervt und raffte sich auf.

      Doch Freya schien ungeduldig zu sein, denn noch bevor Amalia aus dem Bett schlüpfen konnte, stand sie bereits neben ihr.

      »Guten Morgen. Der nächtliche Ausflug hat deinen Haaren überhaupt nicht gutgetan. Du siehst aus wie eine Vogelscheuche«, sagte sie fast mitleidig.

      Freya hatte leicht reden, sie sah schon am frühen Morgen wie ein Topmodel aus. Sie trug enge Jeans, ein schwarzes Top mit V-Ausschnitt, eine Lederjacke und dazu passende dunkle, filigrane Handschuhe. Amalia hatte diese bereits an ihr gesehen. Vermutlich der letzte neumodische Schrei. Freyas Haare waren zu einem Fischgrätenzopf geflochten. Während Amalia noch damit beschäftigt war, Freya zu bewundern, drangen deren Worte in ihren Geist.

      »Bitte was? Was meinst du?«, fragte sie und zog eine Augenbraue nach oben. Woher wusste Freya von der Bibliothek?

      »Ja, deine Haare sehen aus, als hätten Vögel ihr Nest darin gebaut.« Freya nahm dabei eine von Amalias zerzausten Strähnen in die Hand.

      »Nein, das meinte ich nicht. Woher weißt du davon? Ich meine, von dem nächtlichen Ausflug?«, fragte Amalia und dachte: Es ist wohl doch kein Traum gewesen. Wie in Trance strich sie, dabei ihre Haare glatt.

      »Tja, wir wissen alle, dass du mitten in der Nacht in der Bibliothek warst und ein Kinderbuch gelesen hast.«

      Amalia war fassungslos, ihr Mund stand weiter offen als die Pforten der Hölle bei Luzifers Empfang.

      »Du musst mich nicht gleich anschauen wie ein U-Boot. Julien ist eben manchmal eine Tratschtante.« Freyas hämisches Grinsen ließ darauf schließen, dass er nicht freiwillig getratscht hatte.

      »Julien? Was hat er damit zu tun?«, murmelte Amalia.

      »Nachdem unsere liebe Kyuu dich anscheinend so erschreckt hat, dass du ohnmächtig auf den Boden geklatscht bist, war er so nett, dich ins Bett zu tragen.« Freya kicherte.

      Um schnell aus dieser peinlichen Situation zu entkommen, sprang Amalia auf. »Ich geh jetzt duschen«, rief sie und entschwand in das kleine Badezimmer.

      Amalia schlug die Tür hinter sich zu und Freya musste schmunzeln; die Neue weckte immer mehr ihre Neugierde. Allein die Geschehnisse vom letzten Tag waren Grund genug, genauer hinter ihre Fassade zu sehen. Vom Interesse des Akademieleiters an ihr mal abgesehen. Zwar war es nichts Besonderes, dass junge Menschen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten an die Akademie geholt wurden – dafür war sie schließlich da –, aber diese Dringlichkeit, jemanden herzuholen, hatte es so noch nie gegeben. Freya war erpicht darauf, mehr darüber zu erfahren. Tief in ihren Gedanken versunken, lief sie wie ein Tiger im Käfig auf und ab und ließ die Ereignisse der vorherigen Nacht Revue passieren:

      Wie so oft in letzter Zeit war sie auch in dieser Nacht von Albträumen geplagt aufgewacht. Während sie noch halb schlafend aus dem Fenster blickte, schreckten sie seltsame Laute, zuerst ein Rumpeln und dann ein Poltern, auf. So etwas kam immer mal wieder vor, dennoch packte sie die Neugierde und sie wollte den Geräuschen auf den Grund gehen. Als Freya auf den Flur trat, vernahm sie schwerfällige Schritte und Stöhnen von den Treppen her. Vorsichtig beugte sie sich über das Geländer. Dort erkannte sie Julien, wie er mit jemandem auf den Armen mühselig die Stufen hochstieg. Erst als er näherkam, entdeckte sie, dass es Amalia war. Bevor Julien Freya sehen konnte, versteckte sie sich in einer Nische auf dem Gang. Gespannt und besorgt zugleich beobachtete sie, wie er Amalia in ihr Zimmer trug. Kaum hatte er den Raum verlassen, sprang Freya ihm in den Weg und trällerte:

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