Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac
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Название: Honoré de Balzac – Gesammelte Werke

Автор: Honore de Balzac

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962815226

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СКАЧАТЬ bei­zu­brin­gen, was Sie nicht zu wis­sen schei­nen: Ihr Ge­sicht und Ihre Per­son miß­fal­len hier je­der­mann und mir im be­son­de­ren. Sie sind zu gut er­zo­gen, um sich nicht dem all­ge­mei­nen Wohl zu op­fern; ich er­su­che Sie da­her, sich nicht mehr im Kur­haus zu zei­gen.«

      »Die­ser Scherz, Mon­sieur«, er­wi­der­te Ra­pha­el kalt, »mach­te schon zur Zeit des Kai­sers in meh­re­ren Gar­ni­so­n­en die Run­de. Heut­zu­ta­ge zeugt er von ei­nem äu­ßerst schlech­ten Be­neh­men.«

      »Ich scher­ze nicht«, er­wi­der­te der jun­ge Mann; »ich wie­der­ho­le Ih­nen: wenn Sie hier­her­kom­men, lei­det Ihre Ge­sund­heit; die Hit­ze, die Lich­ter, die schlech­te Luft im Saal, die Ge­sell­schaft, all das muß bei Ihrem Lei­den schäd­lich sein.«

      »Wo ha­ben Sie Me­di­zin stu­diert?«

      »Ich habe den Bak­ka­lau­reus im Schie­ßen bei Le­pa­ge in Pa­ris ge­macht und den Dok­tor bei Gri­sier, dem Kö­nig des Flo­retts.«

      »Der letz­te Grad fehlt Ih­nen noch, stu­die­ren Sie das Ge­setz­buch des gu­ten Tons, und Sie wer­den ein voll­kom­me­ner Edel­mann.«

      Jetzt ver­lie­ßen die jun­gen Leu­te, teils la­chend, teils schwei­gend, das Bil­lard. Die an­de­ren Spie­ler wur­den auf­merk­sam und lie­ßen ihre Kar­ten im Stich, um Zeu­gen ei­nes Streits zu sein, der sie an­ge­nehm kit­zel­te. Ra­pha­el stand in­mit­ten die­ser Ver­samm­lung von Fein­den al­lein da; er gab sich Mühe, kal­tes Blut zu be­wah­ren und nicht die ge­rings­te Un­be­son­nen­heit zu be­ge­hen; aber als sein Geg­ner sich eine sar­kas­ti­sche Be­mer­kung er­laub­te, die in ei­ner äu­ßerst schnei­den­den und wit­zi­gen Form eine gro­be Be­lei­di­gung ver­barg, ant­wor­te­te er ihm ernst: »Mon­sieur, es ist heut­zu­ta­ge nicht mehr ge­stat­tet, je­man­dem eine Ohr­fei­ge zu ge­ben, aber ich fin­de kein Wort, um ein so er­bärm­li­ches Be­neh­men wie das Ihre zu brand­mar­ken.«

      »Ge­nug! ge­nug! Sie kön­nen sich mor­gen er­klä­ren!« rie­fen ei­ni­ge jun­ge Leu­te und trenn­ten die Strei­ten­den.

      Ra­pha­el galt als Be­lei­di­ger. Als er den Sa­lon ver­ließ, war ver­ein­bart, daß man sich in der Nähe des Schlos­ses Bor­deau, auf ei­ner klei­nen Berg­wie­se, tref­fen woll­te, die un­weit ei­ner neu­en Stra­ße ge­le­gen war, auf wel­cher der Sie­ger Lyon er­rei­chen konn­te. Es blieb Ra­pha­el nichts üb­rig, als ent­we­der das Bett zu hü­ten oder die Bä­der von Aix zu ver­las­sen. Die Ge­sell­schaft tri­um­phier­te. Am nächs­ten Mor­gen ge­gen acht Uhr traf Ra­phaels Geg­ner in Beglei­tung von zwei Zeu­gen und ei­nem Wund­arzt zu­erst an Ort und Stel­le ein.

      »Der Platz ist gut; das Wet­ter ist fa­mos, um sich zu schla­gen!« rief er fröh­lich. Er blick­te auf das blaue Him­mels­ge­wöl­be, das Was­ser des Sees und die Fel­sen, ohne einen Hauch von Zwei­fel oder Be­sorg­nis. »Wenn ich ihn an der Schul­ter tref­fe«, fuhr er fort, »schi­cke ich ihn dann wohl für einen Mo­nat ins Bett, nicht wahr, Dok­tor?«

      »Min­des­tens«, er­wi­der­te der Wund­arzt. »Aber las­sen Sie die klei­ne Wei­de da in Ruhe; sonst er­mü­den Sie Ihre Hand und ha­ben Ihren Schuß nicht in der Ge­walt. Sie könn­ten Ihren Geg­ner tö­ten, statt ihn zu ver­wun­den.«

      Man hör­te das Ras­selns ei­nes Wa­gens.

      »Da ist er!« sag­ten die Zeu­gen. Bald sah man auf der Stra­ße einen vier­spän­ni­gen Rei­se­wa­gen, der von zwei Po­stil­lio­nen ge­lenkt wur­de.

      »Son­der­ba­re Art!« rief Va­len­tins Geg­ner. »Er will sich auf der Rei­se tö­ten las­sen.«

      Bei ei­nem Duell wie beim Spiel ha­ben auch die ge­rings­ten Ne­ben­säch­lich­kei­ten auf die Phan­ta­sie der Teil­neh­mer, die am Er­folg ih­rer Sa­che stark in­ter­es­siert sind, großen Ein­fluß; der jun­ge Mann er­war­te­te da­her mit ei­ner ge­wis­sen Un­ge­duld die An­kunft die­ses Wa­gens, der auf der Stra­ße hielt. Zu­erst stieg der alte Jo­na­thas schwer­fäl­lig aus, um Ra­pha­el beim Aus­s­tei­gen zu hel­fen; er stütz­te ihn mit sei­nen schwa­chen Ar­men und ent­fal­te­te da­bei die pein­li­che Sorg­falt ei­nes Lie­ben­den für sei­ne Liebs­te. Die bei­den ver­lo­ren sich dann auf den Fuß­we­gen, die die Land­stra­ße von dem Kampf­platz trenn­ten, und ka­men erst lan­ge nach­her wie­der zum Vor­schein: sie gin­gen lang­sam. Die vier Zuschau­er die­ser selt­sa­men Sze­ne wa­ren tief­be­wegt, als sie Va­len­tin, auf den Arm sei­nes Die­ners ge­stützt, her­auf­kom­men sa­hen; bleich und er­schöpft kam er müh­sam nä­her, hielt den Kopf ge­senkt und sprach kein Wort. Man konn­te die bei­den für zwei Grei­se hal­ten, die in glei­chem Maße zer­rüt­tet wa­ren: der eine durch die Zeit, der an­de­re durch den Geist; dem einen stand sein Al­ter auf sei­ne wei­ßen Haa­re ge­schrie­ben, der jün­ge­re hat­te kein Al­ter mehr.

      »Mon­sieur, ich habe nicht ge­schla­fen!« sag­te Ra­pha­el zu sei­nem Geg­ner.

      Die­se ei­si­gen Wor­te und der fürch­ter­li­che Blick, der sie be­glei­te­te, lie­ßen den wirk­li­chen Her­aus­for­de­rer er­zit­tern; sein Un­recht wur­de ihm be­wußt, und er schäm­te sich ins­ge­heim sei­nes Be­neh­mens. Es lag in der Hal­tung, dem Klang der Stim­me und den Be­we­gun­gen Ra­phaels et­was Selt­sa­mes. Der Mar­quis schwieg eine Wei­le, und je­der folg­te sei­nem Schwei­gen. Un­ru­he und Span­nung hat­ten ih­ren Hö­he­punkt er­reicht.

      »Es ist Zeit«, fuhr Ra­pha­el dann fort, »mir eine leich­te Sa­tis­fak­ti­on zu ge­ben; ge­wäh­ren Sie sie mir; sonst wer­den Sie ster­ben. Sie zäh­len in die­sem Au­gen­blick noch auf Ihre Ge­schick­lich­keit und schre­cken nicht vor ei­nem Kampf zu­rück, der Ih­nen je­den Vor­teil zu bie­ten scheint. Nun, Mon­sieur, ich bin groß­zü­gig, ich war­ne Sie vor mei­ner Über­le­gen­heit. Ich be­sit­ze eine schreck­li­che Macht. Um Ihre Ge­schick­lich­keit zu­nich­te zu ma­chen, Ihre Bli­cke zu ver­schlei­ern, Ihre Hand zum Zit­tern zu brin­gen und Ihr Herz ver­zagt zu ma­chen, ja selbst um Sie zu tö­ten, brau­che ich es nur zu wün­schen. Ich will nicht ge­nö­tigt sein, mei­ne Macht zu ge­brau­chen, es kos­tet mich zu­viel, sie aus­zuü­ben. Sie wer­den nicht der ein­zi­ge sein, der ster­ben muß. Wenn Sie es also ab­leh­nen, sich bei mir zu ent­schul­di­gen, wird Ihre Ku­gel trotz all Ih­rer Übung im Mor­den in die­sen Was­ser­fall flie­gen, mei­ne in­des­sen, ohne daß ich zie­le, mit­ten in Ihr Herz.«

      Bei die­sen Wor­ten wur­de Ra­pha­el von Stim­men­ge­wirr un­ter­bro­chen. Der Mar­quis hat­te, wäh­rend er die­se Wor­te sprach, auf sei­nen Geg­ner be­stän­dig die un­er­träg­li­che Klar­heit sei­nes star­ren Blickes ge­rich­tet, er stand auf­ge­r­eckt mit un­durch­dring­li­chem Ge­sicht und sah aus wie ein zu al­lem ent­schlos­se­ner Wahn­sin­ni­ger.

      »Bring ihn zum Schwei­gen«, hat­te der jun­ge Mann zu ei­nem sei­ner Se­kun­dan­ten ge­sagt, »sei­ne Stim­me geht mir durch Mark und Bein!«

      »Hö­ren Sie auf, Mon­sieur. Ihre Re­den sind un­nütz!« rie­fen die Zeu­gen und der Wund­arzt Ra­pha­el zu.

      »Mes­sieurs, ich er­fül­le eine Pf­licht. Hat der jun­ge Mann noch Ver­fü­gun­gen zu tref­fen?«

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