Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac
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Название: Honoré de Balzac – Gesammelte Werke

Автор: Honore de Balzac

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962815226

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СКАЧАТЬ Pfle­ge sein wohl­schme­cken­des Man­na spen­det. Doch dann plötz­lich wur­de er Kor­sar und hüll­te sich in die schreck­li­che Poe­sie des Lara,32 die ihm aus dem perl­mutt­far­be­nen Glanz tau­sen­der­lei Mu­scheln und Stern­ko­ral­len ent­ge­gen­ström­te, die ihm den Duft von Tang, Al­gen und at­lan­ti­schen Stür­men zu­tru­gen. Doch gleich ver­gaß er die to­sen­den Flu­ten, da ein kost­ba­res hand­ge­schrie­be­nes Meß­buch mit zar­ten Mi­nia­tu­ren, azur­nen und gol­de­nen Ara­bes­ken sei­ne Be­wun­de­rung er­reg­te. Von fried­li­chen Ge­dan­ken sanft ge­wiegt, gab er sich aufs neue dem Stu­di­um und den Wis­sen­schaf­ten hin, wünsch­te sich das fet­te Le­ben der Mön­che, frei von Leid und frei von Lust, leg­te sich in ei­ner Zel­le schla­fen und blick­te von sei­nem Spitz­bo­gen­fens­ter aus über die Wie­sen, Wäl­der und Wein­ber­ge sei­nes Klos­ters hin. Vor ei­ni­gen Te­niers33 zog er den Sol­da­ten­rock an oder teil­te das har­te Le­ben des Hand­werks­man­nes; wünsch­te die schmie­ri­ge, rauch­ge­schwärz­te Müt­ze der Fla­men auf­zu­set­zen, spiel­te Kar­ten mit ih­nen, soff Bier und schä­ker­te mit ei­ner dral­len Bäue­rin. Er zit­ter­te vor Käl­te beim An­blick ei­nes Schnee­falls von Mie­ris34 und kämpf­te in ei­ner Schlacht von Sal­va­tor Rosa.35 Er strich mit der Hand über einen To­ma­hawk aus Il­li­nois und fühl­te das Skal­pier­mes­ser ei­nes Che­ro­kee auf sei­nem Schä­del. Eine Ru­be­be,36 die ihn ent­zück­te, leg­te er in die Hand ei­nes Burg­fräu­leins, lausch­te der me­lo­di­schen Ro­man­ze und abends am go­ti­schen Ka­min, im Halb­dun­kel, das ihm ihre ge­wäh­ren­den Bli­cke ent­zog, ge­stand er ihr sei­ne Lie­be. In vol­len Zü­gen leer­te er den Kelch der Freu­den und der Schmer­zen, ver­such­te sich in al­len Da­seins­for­men und ver­aus­gab­te sein Le­ben und sei­ne Ge­füh­le so ver­schwen­de­risch in den Trug­bil­dern die­ser plas­ti­schen und doch öden Welt, daß er den Hall sei­ner Schrit­te in sich wahr­nahm wie den fer­nen Klang aus ei­ner an­de­ren Welt, wie das Brau­sen von Pa­ris auf den Tür­men von Notre-Dame.

      »Sie ha­ben hier Mil­lio­nen!« rief der jun­ge Mann, als er im letz­ten Raum ei­ner un­ge­heu­ren Zim­mer­flucht an­ge­langt war, die von Künst­lern des vo­ri­gen Jahr­hun­derts ver­gol­det und mit rei­cher Schnitz­ar­beit ver­se­hen wa­ren.

      »Sa­gen Sie lie­ber Mil­li­ar­den«, er­wi­der­te der paus­bä­cki­ge jun­ge Mann. »Aber dies hier ist noch gar nichts; kom­men Sie erst in das drit­te Stock­werk, dann wer­den Sie se­hen.«

      Braut die See­le, die in ih­rer Verän­der­lich­keit der mo­der­nen Che­mie gleicht, wel­che die Schöp­fung von ei­nem Gas ab­lei­tet, durch die ra­sche Kon­zen­tra­ti­on ih­rer Genüs­se, ih­rer Kräf­te oder ih­rer Ide­en nicht schreck­li­che Gif­te? Ster­ben vie­le Men­schen nicht an ei­ner mo­ra­li­schen Säu­re, die sich plötz­lich über ihr In­ne­res er­gießt?

      »Was ist denn in die­sem Kas­ten?« frag­te er, als er in ein großes Ka­bi­nett trat, eine letz­te Schatz­kam­mer, die Herr­lich­keit, Meis­ter­wer­ke aus Men­schen­hand, Ku­rio­si­tä­ten und Reich­tü­mer, in Fül­le ent­hielt, und deu­te­te auf einen großen vier­e­cki­gen Ma­ha­go­nisch­rein, der mit ei­ner sil­ber­nen Ket­te an ei­nem Na­gel hing.

      »Oh, Mon­sieur al­lein hat den Schlüs­sel dazu«, sag­te der di­cke Bur­sche ge­heim­nis­voll. »Wenn Sie das Por­trät zu se­hen wün­schen, wer­de ich es wa­gen, Mon­sieur da­von in Kennt­nis zu set­zen.«

      »Es wa­gen!« sag­te der jun­ge Mann. »Ist Ihr Herr ein Fürst?«

      »Schon mög­lich«, ant­wor­te­te der Bur­sche.

      Sie sa­hen sich einen Au­gen­blick an, der eine so er­staunt wie der an­de­re. Der Lehr­ling deu­te­te das Schwei­gen des Un­be­kann­ten als un­aus­ge­spro­che­nen Wunsch und ließ ihn in dem Ka­bi­nett al­lein.