Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac
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Название: Honoré de Balzac – Gesammelte Werke

Автор: Honore de Balzac

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962815226

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СКАЧАТЬ Saal be­trat, wa­ren schon ei­ni­ge Spie­ler ver­sam­melt. Drei alte Kahl­köp­fe sa­ßen in un­ge­zwun­ge­ner Hal­tung am grü­nen Tisch; ihre blei­chen, mas­ken­haft star­ren Ge­sich­ter, teil­nahms­lo­se Di­plo­ma­ten­mie­nen, lie­ßen er­ken­nen, daß ihre See­len ab­ge­stumpft wa­ren und ihre Her­zen seit lan­gem ver­lernt hat­ten, schnel­ler zu schla­gen, selbst wenn der letz­te Not­pfen­nig der Frau auf dem Spiel stand. Ein jun­ger schwarz­haa­ri­ger Ita­lie­ner mit oliv­far­be­nem Teint saß reg­los am Ende des Ti­sches, hat­te die Ell­bo­gen auf­ge­stützt und schi­en je­nen in­ne­ren Stim­men zu lau­schen, die ei­nem Spie­ler ver­häng­nis­voll zu­rau­nen: ›Ja! – Nein!‹ Der süd­län­di­sche Kopf at­me­te Gold und Feu­er. Sie­ben oder acht Zuschau­er stan­den im Krei­se her­um und harr­ten der Sze­nen, die ih­nen die Fü­gun­gen des Schick­sals, die Mi­mik der Spie­ler, die Be­we­gung des Gel­des und der Re­chen be­rei­ten soll­ten. Die­se Mü­ßig­gän­ger stan­den schweig­sam, starr und ge­spannt da, wie das Volk auf der Place de Grè­ve,7 wenn der Hen­ker einen Kopf ab­schlägt. Ein großer, ha­ge­rer Mann in fa­den­schei­ni­gem Rock hielt in der Hand ein Re­gis­ter und in der an­dern eine Na­del, mit der er den Wech­sel von Rot und Schwarz re­gis­trier­te. Das war ei­ner von je­nen, die am Ran­de al­ler Genüs­se ih­rer Zeit le­ben, ein mo­der­ner Tan­ta­lus,8 ei­ner je­ner Geiz­hälse, die kei­nen ro­ten Hel­ler ihr ei­gen nen­nen und um einen ima­gi­nären Ein­satz spie­len; eine Art ver­nünf­ti­ger Narr, der ei­ner Schi­mä­re nach­hängt, um über sein Elend hin­weg­zu­trös­ten, der mit dem Las­ter und der Ge­fahr um­geht wie jun­ge Pries­ter mit dem Abend­mahl, wenn sie wei­ße Mes­sen le­sen. Ein oder zwei je­ner ge­rie­be­nen Spe­ku­lan­ten, die die Chan­cen des Spiels ge­nau ein­schät­zen und al­ten Sträf­lin­gen glei­chen, wel­che die Ga­lee­re nicht mehr schreckt, hat­ten ih­ren Platz ge­gen­über der Bank ge­wählt, um drei Ein­sät­ze zu wa­gen und mit dem er­hoff­ten Ge­winn, von dem sie ihr Le­ben be­strit­ten, so­fort zu ver­schwin­den. Zwei alte Saal­die­ner schlen­der­ten mit ver­schränk­ten Ar­men auf und ab und blick­ten von Zeit zu Zeit durch die Fens­ter in den Park, wie um den Vor­über­ge­hen­den ihre nichts­sa­gen­den Ge­sich­ter als Aus­hän­ge­schild zu zei­gen. Der Crou­pier und der Bank­hal­ter hat­ten eben je­nen un­be­weg­ten Blick über die Spie­ler glei­ten las­sen, der ih­nen den Atem nimmt, und grell ihr: »Fai­tes le jeu!« ge­ru­fen, als der jun­ge Mann die Tür öff­ne­te. Ir­gend­wie wur­de die Stil­le noch tiefer, und alle Köp­fe wand­ten sich neu­gie­rig dem Neu­an­kömm­ling zu. Et­was Un­er­hör­tes ging vor: Die stump­fen Grei­se, die ver­stei­ner­ten An­ge­stell­ten, die Schau­lus­ti­gen, so­gar der fa­na­ti­sche Ita­lie­ner, alle emp­fan­den beim An­blick des Un­be­kann­ten ein Ge­fühl des Ent­set­zens. Muß man nicht sehr un­glück­lich sein, sehr hin­fäl­lig und un­heim­lich aus­se­hen, um in die­sem Saa­le, wo der Schmerz stumm sein muß, das Elend Fröh­lich­keit heu­chelt und die Verzweif­lung den An­stand wahrt, Mit­leid zu er­re­gen, Teil­nah­me zu er­we­cken, einen Schau­der her­vor­zu­ru­fen? Nun denn, in dem un­ge­wohn­ten Ge­fühl, das jene ei­si­gen Her­zen be­weg­te, als der jun­ge Mann ein­trat, war von al­le­dem et­was ent­hal­ten. Aber ha­ben nicht auch Hen­ker manch­mal über die Jung­frau­en ge­weint, de­ren blon­de Köp­fe auf einen Wink der Re­vo­lu­ti­on fal­len muß­ten?