Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac
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Название: Honoré de Balzac – Gesammelte Werke

Автор: Honore de Balzac

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962815226

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СКАЧАТЬ Ton. Der Un­be­kann­te schloß sacht die Au­gen; sei­ne Lip­pen wur­den bleich; aber bald hob er die Li­der, sein Mund ge­wann ko­ral­le­ne Röte, er nahm die Mie­ne ei­nes Eng­län­ders an, für den das Le­ben kei­ne Ge­heim­nis­se mehr birgt, und ent­fern­te sich, ohne mit ei­nem je­ner herz­zer­rei­ßen­den Bli­cke um Trost zu fle­hen, die ver­zwei­fel­te Spie­ler häu­fig ge­nug den An­we­sen­den zu­wer­fen. Wie­viel pas­siert im Zeit­raum ei­ner Se­kun­de und wie­viel hängt von ei­nem Wurf des Wür­fels ab!

      »Das war ge­wiß sei­ne letz­te Pa­tro­ne«, sag­te lä­chelnd der Crou­pier nach ei­nem Au­gen­blick des Schwei­gens, in wel­chem er die­ses Gold­stück zwi­schen Dau­men und Zei­ge­fin­ger hoch­ge­hal­ten hat­te, um es den An­we­sen­den zu zei­gen. »Der ist so über­spannt, daß er sich ins Was­ser stür­zen wird«, sag­te ein Ge­wohn­heits­s­pie­ler mit ei­nem Blick auf die an­dern, die ein­an­der alle kann­ten.

      »Ach was!« rief der Saal­die­ner und nahm eine Pri­se Ta­bak.

      »Hät­ten wir es nur ge­macht wie der Mon­sieur dort!« sag­te ei­ner von den Grei­sen zu sei­nen Kol­le­gen und deu­te­te auf den Ita­lie­ner.

      Alle sa­hen auf den glück­li­chen Ge­win­ner, des­sen Hän­de beim Zäh­len der Bank­no­ten zit­ter­ten.

      »Ich habe eine Stim­me ge­hört, die mir ins Ohr rief, das Spiel wer­de ge­gen die Verzweif­lung die­ses jun­gen Man­nes recht be­hal­ten«, sag­te er.

      »Das war kein Spie­ler«, mein­te der Bank­hal­ter, »sonst hät­te er sein Geld in drei Tei­le ge­teilt, um bes­se­re Ge­winn­chan­cen zu ha­ben.«

      Et­was Gro­ßes und Ent­setz­li­ches liegt im Selbst­mord. Bei den meis­ten Men­schen ist ein Sturz so un­ge­fähr­lich wie bei Kin­dern, die zu nied­rig fal­len, um sich ernst­lich zu ver­let­zen; aber wenn ein großer Mann zer­schmet­tert, muß er aus großer Höhe ge­fal­len sein, muß er sich bis zu den Him­meln er­ho­ben und ein un­er­reich­ba­res Pa­ra­dies er­schaut ha­ben. Uner­bitt­lich müs­sen die Ge­wal­ten sein, die ihn trei­ben, von der Mün­dung ei­ner Pis­to­le Frie­den für sei­ne See­le zu er­lan­gen. Wie­viel jun­ge Ta­len­te ver­zeh­ren sich und ge­hen, in ei­ner Man­sar­de ein­ge­sperrt, zu­grun­de, weil ih­nen ein Freund fehlt, eine Frau, die sie trös­tet, und das in­mit­ten von Mil­lio­nen von We­sen, an­ge­sichts ei­ner am Gold über­sät­tig­ten, von Lan­ge­wei­le ge­pei­nig­ten Men­ge! Wenn man dies be­denkt, er­scheint der Selbst­mord un­ge­heu­er­lich. Gott al­lein weiß, wie­viel Ent­wür­fe, un­voll­en­de­te Dich­tun­gen, wie­viel Verzweif­lung und er­stick­te Schmer­zens­schreie, wie­viel miß­lun­ge­ne Ver­su­che und ver­wor­fe­ne Meis­ter­wer­ke zwi­schen dem frei­wil­li­gen Tode und der kei­men­den Hoff­nung lie­gen, de­ren Stim­me den jun­gen Mann einst nach Pa­ris ge­lockt hat. Je­der Selbst­mord ist ein Poem von er­ha­be­ner Me­lan­cho­lie. Wo fän­de man im Ozean der Li­te­ra­tu­ren ein die Zei­ten über­dau­ern­des Buch, das sich an Poe­sie mit die­ser Zei­tungs­no­tiz mes­sen könn­te: ›Ges­tern um vier Uhr stürz­te sich eine jun­ge Frau vom Pont-des-Arts in die Sei­ne.‹

      Vor die­sem Pa­ri­ser La­ko­nis­mus ver­blas­sen alle Dra­men und Ro­ma­ne, selbst je­nes alte Ti­tel­blatt: ›Die Kla­gen des ruhm­rei­chen Kö­nigs von Kaër­na­van, den sei­ne Kin­der in den Ker­ker war­fen‹; der ein­zi­ge Über­rest ei­nes ver­lo­ren­ge­gan­ge­nen Bu­ches, das den har­ten Ster­ne, der doch selbst Frau und Kin­der ver­las­sen hat­te, zum Wei­nen brach­te.

      »Schlech­tes Wet­ter, sich zu er­trän­ken!« rief ihm ein al­tes, zer­lump­tes Weib la­chend zu. »Die Sei­ne ist kalt und schmut­zig!«