Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Honoré de Balzac – Gesammelte Werke - Honore de Balzac страница 117

Название: Honoré de Balzac – Gesammelte Werke

Автор: Honore de Balzac

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962815226

isbn:

СКАЧАТЬ fünf­zig schon ein­mal li­qui­diert. Gi­gon­net und Gob­seck, die sich in ei­ner Ecke un­ter­hiel­ten, be­trach­te­ten den tu­gend­haf­ten Par­füm­händ­ler mit Au­gen, wie Phy­si­ker den ers­ten elek­tri­schen Zit­ter­aal, der ih­nen ge­bracht wur­de, be­trach­tet ha­ben müs­sen. Die­ser Fisch, der mit Elek­tri­zi­tät wie eine Ley­de­ner Fla­sche ge­la­den ist, wird als die merk­wür­digs­te Er­schei­nung des Tier­reichs an­ge­se­hen. Nach­dem er den Weih­rauch sei­nes Tri­um­phes ge­nü­gend aus­ge­kos­tet hat­te, stieg Cäsar wie­der in den Wa­gen, um in sein Haus zu­rück­zu­keh­ren, wo der Ehe­ver­trag sei­ner ge­lieb­ten Cäsa­ri­ne und des ge­treu­en Po­pi­not un­ter­zeich­net wer­den soll­te. Ein ner­vö­ses La­chen, das ihn be­fal­len hat­te, be­un­ru­hig­te sei­ne drei al­ten Freun­de. Es ist ein Feh­ler der Ju­gend, zu glau­ben, je­der­mann er­freue sich der­sel­ben Kraft wie sie, ein Feh­ler, der aber aus ih­ren Vor­zü­gen ent­springt; statt Men­schen und Din­ge durch eine schar­fe Bril­le zu se­hen, sieht sie sie, un­ter dem Re­flex ih­rer ei­ge­nen Glut, ro­sig ge­färbt, und möch­te ihre über­schäu­men­de Le­bens­lust auch den al­ten Leu­ten mit­tei­len. Wie Cäsar und Kon­stan­ze, so hat­te auch Po­pi­not das präch­ti­ge Bild des von Bi­rot­teau ge­ge­be­nen Bal­les in sei­nem Ge­dächt­nis be­wahrt. Wäh­rend ih­rer drei Prü­fungs­jah­re hat­ten Kon­stan­ze und Cäsar, ohne es sich zu ge­ste­hen, Col­li­nets Or­che­s­ter­mu­sik oft in den Ohren ge­habt, sie hat­ten die glän­zen­de Ge­sell­schaft wie­der vor sich ge­se­hen und das so grau­sam be­straf­te freu­di­ge Ge­fühl emp­fun­den, eben­so wie Adam und Eva zu­wei­len an die ver­bo­te­ne Frucht zu­rück­den­ken muß­ten, die ih­rer gan­zen Nach­kom­men­schaft den Tod und das Le­ben ge­bracht hat, denn die Neu­er­schaf­fung von En­geln scheint ein gött­li­ches Ge­heim­nis zu sein. Aber Po­pi­not konn­te an die­ses Fest ohne Ge­wis­sens­bis­se und mit Ent­zücken zu­rück­den­ken; Cäsa­ri­ne hat­te sich da­mals in all ih­rem Glan­ze ihm, dem ar­men Jun­gen, zu­ge­sagt. An die­sem Abend hat­te er die Ge­wiß­heit er­langt, um sei­ner selbst wil­len ge­liebt zu wer­den! Als er da­her die von Grin­dot ein­ge­rich­te­te Woh­nung für Cöles­tin er­wor­ben hat­te mit der Be­din­gung, daß al­les dar­in un­be­rührt blei­ben müs­se, als er auch die ge­rings­te Klei­nig­keit, die Cäsar und Kon­stan­ze ge­hört hat­te, wie ein Hei­lig­tum auf­be­wahr­te, hat­te er im­mer da­von ge­träumt, auch sei­nen Ball zu ge­ben, ein Hoch­zeits­ball­fest. Er hat­te die­ses Fest mit Lie­be vor­be­rei­tet, aber da­bei sei­nen Prin­zi­pal nur in den not­wen­di­gen, nicht in sei­nen un­sin­ni­gen Aus­ga­ben nach­ge­ahmt; die un­sin­ni­gen wa­ren ja be­reits ge­macht wor­den. So soll­te das Di­ner von Che­vet ge­lie­fert wer­den und die Gäs­te un­ge­fähr die­sel­ben sein. Der Abbé Loraux trat an die Stel­le des Groß­kanz­lers der Ehren­le­gi­on, auch der Prä­si­dent des Han­dels­ge­richts, Le­bas, fehl­te nicht. Po­pi­not hat­te auch Herrn Ca­mu­sot ein­ge­la­den, um sich für die Rück­sicht, die er Bi­rot­teau er­wie­sen hat­te, er­kennt­lich zu zei­gen. Die Her­ren von Van­den­es­se und von Fon­taine ka­men an Stel­le Ro­gu­ins und sei­ner Frau. Cäsa­ri­ne und Po­pi­not hat­ten in be­zug auf die Bal­lein­la­dun­gen eine sorg­fäl­ti­ge Aus­wahl ge­trof­fen. Bei­de scheu­ten sich in glei­cher Wei­se vor der Öf­fent­lich­keit bei der Hoch­zeits­fei­er selbst; sie hat­ten sich des­halb die­ses für zart­füh­len­de, rei­ne Her­zen pein­li­che Ge­fühl er­spart und den Ball für den Tag der Un­ter­zeich­nung des Ehe­ver­tra­ges an­ge­setzt. Kon­stan­ze hat­te ihr kirsch­ro­tes Kleid vor­ge­fun­den, in dem sie ein ein­zi­ges Mal in, ach so flüch­ti­gem Glan­ze er­schie­nen war! Cäsa­ri­ne hat­te Po­pi­not die Über­ra­schung be­rei­tet, sich wie­der in der Ball­toi­let­te zu zei­gen, von der er im­mer und im­mer wie­der mit ihr ge­spro­chen hat­te. So soll­te Bi­rot­teau in sei­ner Woh­nung das be­zau­bern­de Schau­spiel wie­der vor sich se­hen, das er nur an ei­nem ein­zi­gen Abend ge­nos­sen hat­te. We­der Kon­stan­ze, noch Cäsa­ri­ne, noch An­selm hat­ten eine Ah­nung da­von, daß die­se Rie­sen­über­ra­schung Cäsar ge­fähr­lich wer­den könn­te, und sie er­war­te­ten ihn um vier Uhr mit ei­ner Freu­de, die sie Kin­de­rei­en trei­ben ließ.

      Nach der un­aus­sprech­li­chen Er­re­gung, die ihm die Rück­kehr zur Bör­se ver­ur­sacht hat­te, soll­te die­ser Held der kauf­män­ni­schen Red­lich­keit noch die Über­ra­schung er­tra­gen, die ihn in der Rue Saint-Ho­noré er­war­te­te. Als er sein al­tes Haus be­trat und am Fuße der Trep­pe, die un­be­rührt ge­blie­ben war, sei­ne Frau in ih­rem kirsch­ro­ten Sam­met­klei­de, Cäsa­ri­ne, den Gra­fen von Fon­taine, den Vi­com­te von Van­den­es­se, den Baron von La Bil­lar­diè­re, den be­rühm­ten Vau­que­lin er­blick­te, da brei­te­te sich ein leich­ter Schlei­er über sei­ne Au­gen, und der On­kel Pil­ler­ault, der ihm den Arm reich­te, fühl­te, wie er er­zit­ter­te.

      »Das ist zu viel,« sag­te der Phi­lo­soph zu dem ver­lieb­ten An­selm, »er wird so­viel Wein, wie du ihm ein­schenkst, nicht ver­tra­gen kön­nen.«

      Die Freu­de war eine so all­ge­mei­ne, daß alle die Er­re­gung Cäsars und sein Schwei­gen der na­tür­li­chen Freu­de­trun­ken­heit zu­schrie­ben, die aber nicht sel­ten töd­lich wer­den kann. Als er sich in sei­nem al­ten Heim wie­der­fand, als er den Sa­lon, die Gäs­te, die fest­lich in Ball­toi­let­te er­schie­ne­nen Da­men wie­der­sah, da rausch­te plötz­lich das he­ro­i­sche Schluß­mo­tiv der großen Beetho­ven­schen Sym­pho­nie ihm durch Kopf und Herz. Die himm­li­sche Mu­sik er­tön­te mit ih­rem strah­len­den Glan­ze, ju­bel­te in al­len Über­gän­gen und ließ ihre Trom­pe­ten­klän­ge in al­len Win­dun­gen die­ses über­mü­de­ten Ge­hirns wi­der­hal­len, für das sie das große Fina­le be­deu­ten soll­te.

      Über­wäl­tigt von die­sem in­ne­ren Mu­si­krau­schen, faß­te er den Arm sei­ner Frau und sag­te lei­se mit von ei­nem zu­rück­ge­hal­te­nen Blutstrom er­stick­ter Stim­me: »Mir ist nicht wohl!«

      Die er­schreck­te Kon­stan­ze führ­te ih­ren Mann in ihr Zim­mer, bis zu dem er müh­sam ge­lang­te; hier sank er in einen Ses­sel und sag­te:

      »Herrn Hau­dry, Herrn Loraux!«

      Der Abbé Loraux er­schi­en, ge­folgt von den Gäs­ten und den Da­men in Ball­toi­let­te, die alle ste­hen blie­ben und eine ent­setz­te Grup­pe bil­de­ten. An­ge­sichts die­ser Fest­ge­sell­schaft drück­te Cäsar sei­nem Beicht­va­ter die Hand und neig­te das Haupt auf die Brust sei­ner vor ihm kni­en­den Frau. Ein Ge­fäß war ihm in der Brust ge­sprun­gen und eine Aor­ta­geschwulst er­stick­te sein letz­tes At­men.

      »Hier stirbt ein Ge­rech­ter«, sag­te der Abbé Loraux in erns­tem Tone und wies auf Cäsar mit je­ner gött­li­chen Ge­bär­de hin, wie sie Rem­brandt auf sei­nem Ge­mäl­de »Die Au­fer­we­ckung des La­za­rus durch Chris­tus« wie­der­zu­ge­ben ver­mocht hat. Je­sus heißt hier die Erde, ihre Beu­te zu­rück­ge­ben, der from­me Pries­ter zeig­te dem Him­mel einen Mär­ty­rer der kauf­män­ni­schen Red­lich­keit, da­mit er ihn mit der ewi­gen Pal­me krö­ne.

Das Chagrinleder