Название: H. G. Wells – Gesammelte Werke
Автор: Herbert George Wells
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962813628
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Nun fiel mir ein, dass die eigentümlichen Strahlenwerfer, welche ich besaß, wenn sie in die Hände eines scharfsinnigen Fachmannes fielen, zu viel von meinem Geheimnis verraten könnten. Ich nahm daher eine Gelegenheit wahr, stieg durch das Fenster wieder ins Zimmer, warf eine der beiden Dynamomaschinen von ihrem Aufsatz herab und zerbrach beide Apparate. Wie sie zusammenfuhren! … Dann schlüpfte ich, während sie sich dieses neue Ereignis zu erklären suchten, aus dem Zimmer und stieg sachte hinunter.
Ich ging in eines der Wohnzimmer und wartete bis sie herunterkamen. Sie waren alle nachdenklich gestimmt und etwas enttäuscht, in meinem Zimmer nichts ›Schreckliches‹ gefunden zu haben. Auch waren sie in Sorge, ob sie sich nicht eine ungesetzliche Handlung gegen mich hatten zuschulden kommen lassen. Sobald sie ins Erdgeschoss hinuntergegangen waren, schlüpfte ich mit einer Schachtel Streichhölzer wieder hinauf, zündete meinen Papierhaufen an, legte die Stühle und das Bettzeug darauf, leitete mittels eines Gummischlauches das Gas hin …«
»Sie setzten das Haus in Brand?«, rief Kemp aus.
»Ich setzte das Haus in Brand! Es war der einzige Weg, meine Spur zu vernichten, und es war zweifellos versichert. Leise schob ich die Riegel des Haustores zurück und ging auf die Straße hinaus. Ich war unsichtbar und fing eben an, mir der außerordentlichen Vorteile meiner Unsichtbarkeit bewusst zu werden. In meinem Kopfe kreuzten sich schon die Pläne zu den wilden und wunderbaren Taten, die ich jetzt ungestraft ausführen konnte.
21. Kapitel – In Oxford Street
Als ich zum ersten Mal hinunterstieg, traf ich auf unvermutete Schwierigkeiten, weil ich meine Füße nicht sah. Ich stolperte zweimal und fand das Treppengeländer nur mit Mühe. Auf ebenem Boden kam ich jedoch, wenn ich nicht zu Boden sah, ganz gut vorwärts. Ich befand mich in einem Zustand höchster Erregung. Ich hatte das Gefühl, welches ein Sehender haben mag, der mit Kleidern, die kein Geräusch verursachen, und mit Lappen an den Füßen eine nur von Blinden bewohnte Stadt betritt. Ich empfand ein wildes Verlangen, Unfug zu treiben, Leute zu erschrecken, sie auf den Rücken zu klopfen, ihnen die Hüte vom Kopfe zu schlagen und überhaupt aus meiner besonders vorteilhaften Lage allen möglichen Nutzen zu ziehen.
Aber kaum war ich in die Great Portland Street gelangt, als ich lautes Zusammenklirren hörte und von rückwärts einen heftigen Stoß erhielt. Als ich mich umwendete, sah ich einen Mann, der einen Korb mit Sodawasserflaschen trug und verblüfft auf seine Last blickte. Obgleich mich der Stoß wirklich verletzt hatte, fand ich sein Erstaunen so unwiderstehlich komisch, dass ich laut auflachte. ›Der Teufel steckt in dem Korbe‹, sagte ich und entwand den Korb seinen Händen. Er ließ ihn widerstandslos fahren und ich hob ihn hoch in die Luft.
Aber ein Narr von einem Kutscher, der vor einem Wirtshaus stand, stürzte plötzlich auf uns zu, und seine ausgestreckte Hand traf mich beim Ohr. Ich ließ das Ganze mit voller Wucht auf ihn niederfallen, und erst, als sich viele Schritte näherten, die Leute aus den Kaufläden traten und Wagen anhielten, wurde es mir klar, was ich angestellt hatte. Meine Torheit verwünschend, lehnte ich mich an ein Auslagefenster und traf Anstalten, dem beginnenden Auflauf auszuweichen. Einen Augenblick später hätte mich die Menge eingeschlossen und ich wäre unfehlbar entdeckt worden. Ich stieß einen Fleischerburschen, der sich glücklicherweise nicht umdrehte, um das Nichts, welches ihn so unsanft berührt hatte, zu suchen, beiseite und flüchtete hinter den Wagen des Kutschers. Ich weiß nicht, wie die Sache verlief. Eilig kreuzte ich die Straße, und in der Angst vor Entdeckung des Weges kaum achtend, gelangte ich in die belebte Oxford Street.
Ich suchte mit dem Menschenstrom vorwärts zu kommen, aber das Gedränge war zu dicht für mich, und binnen kurzem waren die Fersen meiner Füße von den Leuten wund gestoßen. Ich trat also auf die Fahrstraße hinaus, deren unebenes Pflaster für meine Füße sehr schmerzhaft war. Da traf mich die Deichsel eines vorüberfahrenden Mietwagens heftig am Schulterblatt und erinnerte mich daran, dass ich schon früher nicht unerheblich verwundet worden war. Ein glücklicher Gedanke rettete mich vor weiteren Unfällen. Ich wich dem Wagen schnell aus, entging durch eine rasche Bewegung einem Zusammenstoß mit einem Manne, der eben die Straße überschritt und befand mich nun hinter dem Wagen, dessen Spuren ich unmittelbar folgte, sehr verblüfft über die Wendung, die mein Abenteuer genommen hatte. Ich zitterte nicht nur vor Aufregung, sondern auch vor Kälte. Es war ein heller Januartag; die dünne Kotschicht, die den Boden bedeckte, war nahezu gefroren. So töricht es jetzt auch erscheinen mag, ich hatte nicht bedacht, dass ich sichtbar oder unsichtbar, doch dem Wetter und allen seinen Folgen ausgesetzt blieb.
Da kam mir eine glänzende Idee. Ich lief vor und stieg in den Wagen. Und so fuhr ich, vor Kälte zitternd, mit den ersten Anfängen einer starken Erkältung und den immer schmerzhafter werdenden Verletzungen auf dem Rücken langsam die Oxford Street entlang. Meine Stimmung war von der, in welcher ich vor zehn Minuten meine Wanderung begonnen hatte, himmelweit verschieden. Wenn Unsichtbarkeit dies bedeutete! Nur eines einzigen Gedankens war ich jetzt fähig, wie ich mich aus der Klemme, in der ich mich befand, herausarbeiten könnte?
Wir fuhren langsam weiter, als plötzlich eine Frau, die sechs oder sieben gelbgebundene Bücher trug, den Wagen anrief. Ich sprang gerade zu rechter Zeit heraus, um nicht von ihr entdeckt zu werden. Im Sprunge streifte ich einen Karren, der eben vorüberfuhr. Ich ging die Straße nach Bloomsbury entlang, in der Absicht, mich hinter dem Museum nach Norden zu wenden, umso in ein ruhigeres Viertel zu gelangen. Mir war jetzt grausam kalt, und die Seltsamkeit meiner Lage machte mich so niedergeschlagen, dass ich während des Laufens leise wimmerte. An der Westecke des Platzes rannte ein kleiner, weißer Hund aus dem Gebäude der Pharmazeutischen Gesellschaft heraus und begann mit gesenkter Schnauze mir nachzuspüren.
Ich war mir früher niemals klar darüber geworden, aber der Geruchsinn ist für den Hund das, was das Auge für einen sehenden Menschen СКАЧАТЬ